Die leichtathletik.de-Analyse – Hürden
Der Leichtathletik-Sommer 2005 ist Geschichte. Die deutsche Szene war in den letzten Monaten nach dem Tief bei den Olympischen Spielen in Athen wieder von einem Aufwind ergriffen. leichtathletik.de nimmt die einzelnen DLV-Disziplinbereiche unter die Lupe, macht eine Momentaufnahme, bilanziert das Jahr 2005, blickt auf 2006 voraus und stellt die neuen Hoffnungsträger vor.
Thomas Blaschek überzeugte in der vergangenen Saison (Foto: Kiefner)
110 Meter Hürden MännerSo stehen die DLV-Asse international:
Der Deutsche Meister Thomas Blaschek (LAZ Leipzig) lieferte eine blitzsaubere Saison, in der er nur knapp am WM-Finale vorbeischrammte. Der 24-Jährige steigerte seine Bestleistung auf 13,31 Sekunden und wird damit auf Platz drei der europäischen Jahresbestenliste, sowie Rang 16 der IAAF-Weltjahresbestenliste geführt. Mit 1.282 Punkten konnte er sich in der IAAF-Weltrangliste auf Position zehn einsortieren.
Die Bilanz 2005:
"Thomas Blaschek zolle ich höchsten Respekt. Er hat sich super verkauft dieses Jahr", sagt Disziplintrainer Ewald Kaufmann. "Man konnte einen deutlichen Aufwärtstrend erkennen, was natürlich kein Zufall, sondern Ergebnis guten Trainings war." Thomas Blaschek überzeugte mit stabil schnellen Zeiten und kämpfte bei widrigen Bedingungen bei den Weltmeisterschaften um den Einzug ins Finale, den er nur um einen Hauch verfehlte. Auch mit dem U23-EM-Starter Kai Doskoczynski (LAC Quelle Fürth/München/Würzburg) und Willi Mathiszik (LAZ Leipzig), dem Zweiten der U23-EM und Deutschen Juniorenmeister, ist Ewald Kaufmann überaus zufrieden.
Die Chancen 2006:
Die Medaillen-Chancen bei der EM in Göteborg sehen für Thomas Blaschek durchaus positiv aus. In diesem Jahr war er mit 13,31 Sekunden der drittschnellste Europäer und Ewald Kaufmann rechnet bei dem Leipziger im nächsten Jahr mit Zeiten im 20er-Bereich. "Eine Medaille ist das Ziel bei der EM", blickt der Disziplintrainer voraus. Ob Thomas Blaschek auch einen Start bei der Hallen-WM plant ist ungewiss. Doch auch einer ganzen Reihe anderer Sprinter, angefangen bei Mike Fenner (TV Wattenscheid 01) und den jungen Kai Doskoczynski und Willi Mathiszik bis hin zu Jan Schindzielorz (LG Erlangen) und dem Deutschen Vizemeister Florian Seibold (TV Heppenheim) traut Ewald Kaufmann einen Start bei einem Großereignis zu.
Das sind die Hoffnungsträger:
Die schnellsten deutschen Nachwuchssprinter über die Hürden waren in der vergangenen Saison Willi Mathiszik und Kai Doskoczynski, der auch dem Top-Team-Kader Peking 2008 angehört, bei der U23-EM aber unter seinen Möglichkeiten blieb. "Die beiden haben einen großen Sprung nach vorne gemacht und können die Lücke zu Thomas Blaschek schließen", ist sich Ewald Kaufmann sicher. Auch Jens Werrmann (1. FC Kaiserslautern) habe großes Potential. Ein ganz großes Talent rückt mit dem Jenaer Alexander John nach. Der Dritte der U20-EM wuchs bei seinem Titelgewinn bei den Deutschen Jugendmeisterschaften über sich hinaus und verfehlte in 13,47 Sekunden über die niedrigeren Hürden den Deutschen A-Jugend-Rekord von Thomas Blaschek nur um elf Hundertstel.
100 Meter Hürden Frauen
So stehen die DLV-Asse international:
Kirsten Bolm (MTG Mannheim), Vierte der Weltmeisterschaften und Dritte der Hallen-EM, beweist mit einem vierten Platz der IAAF-Weltrangliste (1.321 Punkte), sowie einem siebten Rang in der IAAF-Weltjahresbestenliste (12,59 sec), dass sie in der Weltspitze mitmischt. Der Platz ganz oben in der europäischen Jahresbestenliste und die Tatsache, dass die 30-Jährige die beste Europäerin im WM-Finale war, lassen auf die kontinentalen Titelkämpfe im nächsten Jahr hoffen.
Die Bilanz 2005:
Licht und Schatten lagen in der letzten Saison nah beieinander. "Kirsten Bolm hat eine überaus erfolgreiche Saison hinter sich", betont Disziplintrainer Rüdiger Harksen. "Neben einer absolut starken Bestzeit und einem vierten Platz bei der WM überzeugte sie vor allem durch ihre Konstanz." In allen 17 Saisonrennen blieb sie unter 13 Sekunden. Und auch in der Halle, wo sie trotz zwei Infekten Bronze bei der Hallen-EM gewann, zeigte sie sich bereits in bestechender Form.
Pech hatten hingegen die beiden anderen Top-Hürdensprinterinnen Nadine Hentschke (MTG Mannheim) und Juliane Sprenger-Afflerbach (LG Kindelsberg Kreuztal). Nadine Hentschke absolvierte eine bravouröse Hallensaison, in der sie bis in das Finale der Hallen-EM lief und sich auch auf der Flachstrecke enorm verbesserte, musste aber wegen Knieproblemen die Saison im Mai abbrechen. Juliane Sprenger-Afflerbach startete stark mit 13,04 Sekunden in den Sommer, Achillessehnen-Beschwerden verhinderten aber auch bei ihr weitere Wettkämpfe.
Die Chancen 2006:
"Der Hürdensprint der Frauen ist in Europa auf einem enormen Niveau. Vielleicht ist es die stärkste Sprintdisziplin", sagt Rüdiger Harksen. Die deutschen Hürdensprinterinnen werden zwar auch die Hallen-WM in Moskau ins Visier nehmen, Schwerpunkt ist aber die EM in Göteborg. Dort möchte der Disziplintrainer die Erwartungen nicht zu hoch schrauben, will aber auch nicht tiefstapeln. "Wir möchten drei leistungsstarke Hürdensprinterinnen an den Start bringen und für Kirsten Bolm ist eine Medaille anvisiert."
Das sind die Hoffnungsträger:
Im Nachwuchsbereich schob sich in dieser Saison besonders Tina Klein in den Vordergrund. Die 22-Jährige erlief sich bei den Deutschen Meisterschaften der Aktiven, sowie der U23-EM in Erfurt einen zweiten Platz. Mit 12,97 Sekunden schrammte sie nur um eine Hundertstel an der WM-Norm vorbei. In der europäischen Jahresbestenliste wird die Sindelfingerin auf Rang 17 geführt. Aber auch sonst drängen viele junge Sprinterinnen nach vorne.
Hallen-EM-Starterin Judith Ritz (LAZ Leipzig) und die Deutsche Juniorenmeisterin Carolin Nytra (Bremer LT) liefen in das Finale der U23-EM, genauso wie Nadine Hildebrand (LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg) und Anne-Kathrin Elbe (TSV Bayer 04 Leverkusen) bei der U20-EM. "Das zeigt, dass wir in allen Altersbereichen gut aufgestellt sind", sagt Rüdiger Harksen, der auch nach wie vor auf Stephanie Lichtl (TG Nürtingen) baut. Die 20-Jährige, die dem Top-Team Kader Peking angehört, machte in diesem Jahr ihr Abitur und hatte auch mit kleineren gesundheitlichen Problemen zu kämpfen.
400 Meter Hürden Männer
So stehen die DLV-Asse international:
Der Frankfurter Christian Duma drückte bei seinem vierten Platz beim Europacup in Florenz seine Bestleistung auf 49,17 Sekunden und wird damit auf Rang sechs der Europa-Jahresbestenliste und Platz 34 im internationalen Vergleich der IAAF geführt. Mit 1.166 Punkten rangiert der 23-Jährige auf Position 35 der IAAF-Weltrangliste. Der zweitbeste Deutsche, Thomas Goller (TuS Jena) sortierte sich mit 49,61 Sekunden auf Rang 13. der europäischen Bestenliste ein.
Die Bilanz 2005:
"Christian Duma hat eine sehr gute Entwicklung gezeigt", sagt Disziplintrainer Volker Beck, "Die Darstellung beim Europacup und den Deutschen Meisterschaften war sehr positiv. Leider konnte er bei der WM aus verschiedenen Gründen sein Leistungspotential nicht voll abrufen. Objektiv gesehen war mehr als das Erreichen des Halbfinales auch nicht drin." Auch mit Thomas Goller, der nach einem guten Saisoneinstieg mit 49,61 Sekunden diese Zeit nicht mehr bestätigen konnte, ist Volker Beck nicht unzufrieden. "Für Thomas Goller war es nach den Problemen im letzten Jahr eine gute Anschlusssaison."
Die Chancen 2006:
Für die 400 Meter Hürden-Läufer geht es größtenteils um einen langfristigen Saisonaufbau, da ihre Spezialdisziplin in der Halle nicht auf dem Programm steht. Als Kandidaten für die Europameisterschaften in Göteborg kommen wahrscheinlich nur Christian Duma und Thomas Goller in Frage. "Christian Duma steht derzeit auf Rang sechs der europäischen Bestenliste. Und auch wenn nächstes Jahr das Niveau wahrscheinlich etwas höher sein wird, ist es unser Ziel, dass er bei der EM den Endlauf erreicht." Auch für Thomas Goller ist eine Teilnahme bei den kontinentalen Titelkämpfen durchaus realistisch, wenn er verletzungsfrei durch den Winter kommt.
Das sind die Hoffnungsträger:
Im Nachwuchsbereich konnte sich Mark Wiebe (TV Nussdorf) nach einer Achillessehnenoperation im vergangenen Jahr wieder zurückmelden. Bei der U20-EM in Kaunas (Litauen) lief er bis ins Halbfinale. Gleiches gelang Christoph Kaesmacher (FC Germania Dürwiss) bei der U18-WM in Marrakesch (Marokko). Zudem sicherte er sich den B-Jugend-Titel bei den Deutschen Jugendmeisterschaften. Mit David Busch (LC asics Rehlingen) war bei der U23-EM ein weiterer Läufer auf kontinentaler Ebene unterwegs. Um international ganz vorne mitmischen zu können, müssen aber auch sie sich noch steigern.
400 Meter Hürden Frauen
So stehen die DLV-Asse international:
Claudia Marx (Team Erfurt) lief gleich in ihrem ersten 400 Meter Hürden-Rennen ihre jetzige Bestzeit. Mit 55,59 Sekunden liegt die ehemalige 400 Meter-Läuferin in der europäischen Jahresbestenliste auf Rang elf und in der IAAF-Weltjahresbestenliste auf dem 30. Rang. In der IAAF-Weltrangliste ist die 27-Jährige gar auf der 14. Position zu finden.
Die Bilanz 2005:
"Claudia Marx kann nach ihrem Wechsel auf die Hürden, der längst überfällig war, eine durchaus positive Jahresbilanz ziehen", bewertet Eberhard König, der zuständige Trainer im DLV für die 400 Meter Hürden, die Saison. Das Halbfinale bei den Weltmeisterschaften und eine Bestzeit von 55,59 Sekunden sind aller Ehren wert für die erste Saison in der neuen Disziplin. "Insgesamt hat sich unsere Leistungssituation im Jahr nach Olympia aber nicht verbessert. Ulrike Urbansky (Team Erfurt) und Anja Neupert (LG Nike Berlin) haben ihre Jahreszielstellung aus diversen Gründen verfehlt." Auch der Totalausfall der Sindelfingerin Stephanie Kampf nach einer Operation konnte nicht kompensiert werden. Die Saarbrückerin Tina Kron sorgte mit ihrem siebten Platz in 56,10 Sekunden bei der Universiade in Izmir (Türkei) noch für einen versöhnlichen Ausklang.
Die Chancen 2006:
"Insgesamt fehlen unseren Athletinnen, mit Ausnahme von Claudia Marx, einfach die Flachlaufvoraussetzungen", sagt Eberhard König. Der Erfurterin traut er indes im nächsten Jahr durchaus zu, im Finale der EM ein Wörtchen mitzureden. Für die anderen Läuferinnen wird es schwer.
Das sind die Hoffnungsträger:
Auch im Nachwuchsbereich sind große Talente nicht in Sicht. Keine Athletin vertrat bei der U20- und U23-EM die deutschen Farben. Die größten Chancen bescheinigt Eberhard König Tina Kron: "Sie kann es durchaus schaffen, bis zu den Olympischen Spielen 2008 an die internationale Spitze anzuknüpfen." Doch sonst sieht es mau aus. "Wir haben den Anschluss an die europäische und internationale Spitze verloren, viele Athletinnen zeigen nicht nur keine positive, sondern gar rückläufige Entwicklung", sagt Eberhard König. Ein Lichtblick ist die erst 15-jährige Fabienne Kohlmann (LG Karlstadt), die beim Europäischen Olympischen Jugendfestival in Lignano (Italien) mit 58,88 Sekunden auf sich aufmerksam machte.
Hier finden Sie weitere Analysen:
Die leichtathletik.de-Analyse - Sprint Männer
Die leichtathletik.de-Analyse - Sprint Frauen
Die leichtathletik.de-Analyse - 400 Meter
Die leichtathletik.de-Analyse – Mittelstrecken
Die leichtathletik.de-Analyse – Langstrecken