Die leichtathletik.de-Top Ten der WM in Paris
Neun spannende Wettkampftage bei der Weltmeisterschaft in Paris sind Geschichte. Auch diesmal haben wir uns wieder den Kopf zerbrochen, unsere Eindrücke beim Jahreshöhepunkt der Leichtathletik Revue passieren lassen und unsere ganz persönlichen Top Ten der WM zusammengestellt...
Carolina Klüft (Foto: Kiefner)
Carolina Klüft7.001 Punkte lang eroberte die schwedische Siebenkämpferin auch nach und nach die Sympathien und den Respekt des französischen Publikums, dessen Ovationen aber natürlich auch am Ende noch immer mehr "ihrer" Eunice Barber galten. Dennoch hinterließ die unbeirrte Carolina Klüft bei der WM in Paris einmal mehr ihren unbekümmerten und frischen Eindruck, zeigte Nervenstärke und setzte ihren Aufstieg zur neuen "Mehrkampf-Königin" ungehindert fort. Sie war die erste Athletin elf Jahre nach Jackie Joyner-Kersee, die wieder über 7.000 Punkte schaffte.
Andreas Erm
Der deutsche Geher stieß in seinem erst dritten Wettkampf über 50 Kilometer mit einer deutschen Bestleistung in neue Sphären vor und trat das Erbe seines Trainers Ron Weigel an. Dabei lief für den Potsdamer die Vorbereitung in diesem Jahr alles andere als optimal, zehn Wochen Trainingsausfall hatte er zu verkraften. Offensichtlich machte ihm das auch mental nichts aus, denn wie er sich trotz Oberschenkelproblemen, die auf den letzten Kilometern nicht mehr zu übersehen waren, auf dem Bronzerang ins Ziel kämpfte, hat uns beeindruckt und dem DLV die zweite Medaille nach Annika Becker beschert.
Kim Collins
Als das "schwarze Pferd" ging er in die Geschichte dieser Weltmeisterschaft ein. In einem 100-Meter-Finale, in dem die US-Sprinter gänzlich leer ausgingen, hatte der in schwarz gekleidete Sprinter von der Insel St. Kitts & Nevis, der sich seit den Olympischen Spielen in Sydney immer näher an die Weltspitze heranpirschte und sie jetzt bildet, die Nase vorne. Unvergessen auch sein Kommentar zum Theater um Jon Drummond: "Wir haben zuhause nur 45.000 Einwohner, deshalb ist es mir ein Rätsel, wie man 70.000 Zuschauer unter Kontrolle bringen soll."
Lima Azimi
Die Nummer eins auf der Brust, ein graues T-Shirt, eine lange schwarze Trainingshose. In diesem untypischen Outfit lief Lima Azimi aus Afghanistan im 100-Meter-Vorlauf um Längen hinterher. Trotzdem gab sie die längste Pressekonferenz der WM, die kurzfristig aufgrund des riesigen Medieninteresses nur für sie einberufen wurde. Die ohne Bestzeit und Geburtsdatum gemeldete Sportlerin repräsentierte ihr sportpolitisch lange im Abseits platziertes Land vorbildlich und war damit weit mehr als nur eine Exotin der Titelkämpfe. Ihr gilt unser ganzer Respekt!
Claudia Gesell
Die 800-Meter-Meisterin hielt im Laufbereich des DLV, der etwa Aufgaben von Dieter Baumann und Sabrina Mockenhaupt sowie das Vorlauf-Aus von Irina Mikitenko zu verkraften hatte, die Fahnen hoch. Mit ihrem fünften Platz und vor allem dem kontrollierten Einzug in das Finale konnte sie zurecht zufrieden sein. In einem bis auf den Sieg von Maria Mutola offenen 800-Meter-Endlauf wäre mit etwas Glück auch mehr möglich gewesen. Angenehm und zuverlässig war auch unsere Zusammenarbeit mit der Oberpfälzerin, die auf leichtathletik.de ihre WM-Impressionen schilderte. Merci, Claudia!
Marc Raquil
Der blondgefärbte Viertelmeiler, der im "Stade de France" auf Geldautomatenhäuschen prangt, fing auch bei der heimischen WM erst auf der Zielgerade an zu laufen. Und wie. Mit seinen "Siebenmeilenspikes" kam er von ganz hinten und hatte am Ende Bronze in der Hand, was allerdings für Diskussionen sorgte, denn nicht wenige sahen den Jamaikaner Michael Blackwood vor ihm. Trotzdem! Die emotionsreichen Auftritte von "Womanizer" Marc Raquil, dem im Stadion vor allem, aber nicht nur die Frauenherzen entgegenschlugen, waren ein Sahnehäubchen der Weltmeisterschaft.
Katja Wakan
Die 22-jährige Sprinterin aus Halle fügte sich nahtlos in die deutsche 4x100-Meter-Staffel, die einen guten fünften Platz erkämpfte, ein. Als Schlussläuferin trug sie nicht nur Verantwortung, sondern hatte auch ihre Nervosität im Griff. Sympathisch machte sie auch ihre spontane Danksagung an die Kolleginnen für die tolle Aufnahme im Team.
Dmitry Karpov
Von uns als Geheimtipp auf eine Medaille gehandelt, erfüllte der kasachische Zehnkämpfer unsere Erwartungen, die nach seiner Aussage (sonst) keiner hatte. Nach dem ersten Tag sogar in Führung, verteidigte er in der zweiten Halbzeit hinter Tom Pappas und Roman Sebrle seinen Platz auf dem Treppchen mit einem neuen Landesrekord. Wir sind uns sicher: da geht noch was! Immerhin ist er erst 22 Jahre alt.
Susanne Keil
Die Frankfurter Hammerwerferin untermauerte in Paris als Fünfte ihren Platz in der Weltelite. Beeindruckend war, wie sie ihre mäßige Leistung in der Qualifikation, mit der sie sich ins Finale zitterte, wegsteckte und dann dort ordentlich auf der Höhe des Geschehens war. Vermisst hat man im "Stade de France" allerdings ihr Kleid, mit dem sie in diesem Sommer auch optisch Aufsehen erregte. Susanne Keil hofft aber, dass ihr Wunsch mit der neuen Kollektion im nächsten Jahr Berücksichtigung findet. Da drücken wir die Daumen...
Yelena Isinbayeva
Die russische Weltrekordhalterin im Stabhochsprung musste mit Bronze Vorlieb nehmen und vergoss zunächst auf der Anlage ein paar Tränen. Aber nur wenige Augenblicke später beeindruckte uns in der Mixed Zone für Journalisten und Athleten ihre lebhafte Ausstrahlung, ihr einnehmendes Lachen, ihre Gestik und Mimik im Gespräch mit den russischen Kollegen immens. Der Unterschied zwischen der Wolgograderin und ihrer Kollegin Svetlana Feofanova, der nur zwei Meter weiter mit einer Nike-Mütze ins Gesicht gezogen als neue Weltmeisterin kaum ein Lächeln über die Lippen kam, war grabentief. Deshalb: Danke, Yelena, für diese lebhaften Sekunden (auch wenn wir kein Wort verstanden haben)!