LG Nordheide – Kleiner Verein ganz groß
Ein Verein hat in diesem Jahr auf sich aufmerksam gemacht, und dass liegt nicht nur an seinem Aushängeschild, der Sprinterin Jala Gangnus. Immer wieder liest man in den Ergebnislisten der diesjährigen deutschen Jugendmeisterschaften den Namen LG Nordheide. Doch was steckt genau hinter diesem Verein im Norden Deutschlands, der in Braunschweig dreimal Gold und einmal Silber absahnen konnte? leichtathletik.de hat für Sie hinter die Kulissen geschaut.

Jala Gangnus ist das Aushängeschild der LG Nordheide (Foto: Gantenberg)
"2005 war ein absolutes Highlight", zieht der Pressewart der LG Nordheide, Markus Steinbrück, ein kurzes und durchaus treffsicheres Resümee und muss auf die Frage, ob er sich an ähnlich erfolgreiche Zeiten erinnern könne, scharf nachdenken: "Ich glaube nicht, dass wir so etwas schon einmal erlebt haben." Die diesjährige Erfolgssträhne der Winsener Leichtathletik-Gemeinschaft, die zwölf Stammvereine umfasst, die sich vor 36 Jahren zur LG Nordheide zusammenschlossen, begann im Februar unterm Sindelfinger Hallendach. In 24,00 Sekunden über 200 Meter stürmte Jala Gangnus vor der als Favoritin ins Rennen gegangenen Jugend-WM Teilnehmerin, Maike Dix (ASV Köln), über die Ziellinie und versetzte ihre LG in Jubelstürme.
Von Winsen in die Welt
Derartige Szenen häuften sich in den kommenden Monaten, denn Jala Gangnus ließ den Namen LG Nordheide nicht nur national mit dem Double über 100 und 200 Meter bei den Deutschen Jugendmeisterschaften und Silber bei der Deutschen Meisterschaft der Aktiven in Wattenscheid über 200 Meter in strahlendem Glanze leuchten. "Jala hat den Verein international bei der Jugend-Europameisterschaft in Kaunas (Litauen) vertreten. Das muss man sich mal vorstellen", schwärmt ihr ehemaliger Trainer Markus Steinbrück und der Stolz in seiner Stimme ist nicht zu überhören.
Doch ist es durchaus nicht nur Jala Gangnus, die zu den Leistungsträgern im Verein zählt. Mit Klaudia Neubauer und Sören Ludolph haben die Winsener zwei 800-Meter-Läufer in ihren Reihen, die zu den Nachwuchshoffnungen in Deutschland zählen. Sören Ludolph spielte im 800 Meter-Finale der männlichen Jugend B in Braunschweig, nachdem er im Vorlauf fast zu Unrecht disqualifiziert worden wäre, seine gesamte Sprintfähigkeit auf den letzten 100 Metern aus und gewann das dritte Gold für den knapp 500 Teilnehmer umfassenden Verein.
Kein Grund sich zu verstecken
"Klaudia hat insgeheim auch mit dem Titel geliebäugelt", verrät Markus Steinbrück, aber Annett Horna (TSV Bayer 04 Leverkusen) war dann im Finale der weiblichen Jugend B über die zwei Stadionrunden doch nicht zu schlagen. "Und mit Silber bei deutschen Meisterschaften braucht sie sich nun wirklich nicht zu verstecken", ergänzt der Pressewart schnell.
Verstecken braucht sich auch die restliche Mannschaft der LG Nordheide nicht. Eine JDM-Bilanz von acht Teilnehmern und eine Ausbeute von vier Medaillen kann sich durchaus sehen lassen. Ein Beweis dafür, dass in Winsen das Thema Jugendarbeit groß geschrieben wird. "Der Erfolg beruht auf langjährlicher Aufbauarbeit", erklärt Markus Steinbrück und beschreibt die 40 Läufer starke Trainingsgruppe von Gerd und André Prüsmann als das Herzstück des Vereins. "Hier tummeln sich Langsprinter und Mittelstreckler im Alter von 12 bis 27 Jahren", beschreibt er die Besonderheit des Kleinvereins und macht deutlich, dass hier Alt und Jung voneinander profitieren. "Es finden sich immer gleichstarke Trainingspartner". Dies war auch die Gruppe, in der Jala Gangnus nach ihrem Aufenthalt in Kanada wieder für schnelle Zeiten fit gemacht wurde.
Bei Wind und Wetter auf Asche
Und noch in einem weiteren Punkt unterscheidet sich das Training in der LG Nordheide von dem der Großvereine. "Wir trainieren das ganze Jahr draußen", sagt Markus Steinbrück und macht auch gleich deutlich "bei Wind und Wetter." Natürlich seien das keine optimalen Bedingungen, da die Bahn, die wohlbemerkt eine Aschebahn ist, keine Flutlichtanlage besitzt und man so auf die Laternenbeleuchtung des angrenzenden Fußballplatzes angewiesen sei. "Aber es geht alles", betont der Pressesprecher eilig. Und der Erfolg gibt ihm Recht.
Jedoch ist man bei der LG Nordheide auch ehrlich genug, um zuzugeben, dass die Medaillen nicht alleiniges Produkt der Vereinsarbeit sind. "Klaudia und Sören trainieren und leben nun schon seit einiger Zeit im Sportinternat in Hannover und werden dort von hauptamtlichen Trainern tagtäglich betreut", berichtet Markus Steinbrück. Ein Service, den die LG Nordheide nicht bieten kann.
Sponsoren sind Mangelware
Es fehlt an Sponsoren. "Wir haben einen Vater bei uns im Verein, der uns in der Finanzierung des Oster-Trainingslagers unter die Arme greift, aber ansonsten bewegen wir uns in einem engen finanzieller Rahmen", beschreibt Markus Steinbrück die Geldsituation der LG. "Wir erstatten den Athleten soweit wie möglich die Start- und Reisegelder und sie bekommen Prozente in einem Sportgeschäft, aber mehr Unterstützung können wir leider nicht bieten", sagt der Vereinsvertreter und das Bedauern in seiner Stimme nimmt man ihm ab.
Daher sei es auch zu erwarten, dass Athleten wie Jala Gangnus auf kurz oder lang nicht zu halten sein werden. "Ich bin mir sicher, dass Jala, jetzt wo sie auch in Hannover wohnt und trainiert, den Verein wechseln wird. Ein Argument wird auch die Möglichkeit einer konkurrenzfähigen Staffel sein, um sich auch auf diesem Weg für internationale Großereignisse zu bewerben", schätzt ihr Ex-Trainer die Situation realistisch ein. "Aber wenn sie noch ein bisschen bleiben würde, würde ich mich tierisch freuen."