Die Show - Fabel-Weltrekord von Usain Bolt
Mit einem neuen Fabel-Weltrekord von 9,69 Sekunden ist Usain Bolt bei den Olympischen Spielen in Peking (China) zur Goldmedaille über 100 Meter gesprintet. Der 21 Jahre alte Jamaikaner verbesserte seine eigene Bestmarke von 9,72 Sekunden, die er am 31. Mai in New York (USA) aufgestellt hatte.
Die Silbermedaille gewann Richard Thompson aus Trinidad & Tobago in 9,89 Sekunden. Bronze gewann Walter Dix aus den USA in 9,91 Sekunden. Der weitere Jamaikaner Asafa Powell wurde in 9,95 nur Fünfter.Der Eindruck der Auftritte von Usain Bolt im Vorlauf, Viertel- und Halbfinale hatte also nicht getrogen, denn dort hatte er 1,96-Meter-Athlet sich jeweils angesichts seiner Überlegenheit auf den letzten Metern austrudeln lassen.
Doch wie war es im Finale? Ähnlich wie bei den Fußballern vor einem entscheidenden Spiel hatte sich die Jamaika-Fraktion, das heißt Usain Bolt, Asafa Powell und Michael Frater, in der Aufwärmhalle zu einem Kreis gefunden, um letzte mentale Kraft zu schöpfen. Sie wollten die erste Goldmedaille für Jamaika holen.
Willkommen in der Sprintoper
Bei der Vorstellung der acht Finalisten gab sich Usain Bolt am coolsten, markierte einen Bogenschützen. Der Bogen war gespannt. Wohin würde er fliegen? Tragende Musik im Stadion, zwischendurch Jubelschreie der 91.000 Zuschauer, es war wie in der Sprintoper.
Schon bald nach dem Start lag Usain Bolt vorn, nach 60 Metern waren es sicher schon zwei Meter Vorsprung. Einfach eine Zweiklassengesellschaft im Sprint. Und dann, als sich der Jamaikaner 20 Meter vor der Ziellinie seines Sieges schon sicher war, spielte er mit seinen Konkurrenten, hob die Arme weit zur Seite, als wolle er sagen: „Was wollt ihr, ich bin unschlagbar!“
Damit verschenkte er sicher noch einige Zeit, doch das war ihm wohl in diesem Augenblick egal. Jedenfalls verbesserte er mit 9,69 Sekunden seinen eigenen Weltrekord von 9,72 Sekunden, doch das dürfte nicht sein letzter Rekord gewesen sein.
Der Blitz!
„Ich wusste, dass es so passieren würde“, behauptete der „Lightning Bolt“ (Blitz), der bezeichnenderweise schon in goldenen Schuhen zum ersten Sprint-Olympiasieg für sein Land lief, nach seinem krachenden Einschlag in die Geschichtsbücher.
„Es waren gute Leute dabei, ich musste schon einiges bringen, um zu siegen“, zeigte er sich im Interview weniger arrogant als auf der Laufbahn. Doch das konnte nicht verwischen, dass vielen im Stadion der Mund offen blieb ob solch einer Sprint-Show.
Da blieben alle anderen eher Statisten, obwohl Richard Thompson (Trindad & Tobago) und Walter Dix (USA) mit 9,89 bzw. 9,91 Sekunden persönliche Bestzeiten liefen und natürlich froh darüber und über ihre Medaillen waren.
Asafa Powell enttäuschte
Am meisten enttäuscht aber war Asafa Powell (Jamaika), der vor Usain Bolt Weltrekordhalter war und sich am Ende nach 9,95 Sekunden auf dem fünften Platz wiederfand. Vorher hatte er gesagt: „Ich denke im Moment nicht an den Weltrekord. Usain Bolt hat vielmehr eine große Last von meinen Schultern genommen.“
Nicht eben selbstbewusst, aber sein Nervenkostüm war schon immer ein limitierender Faktor gewesen. Und das war es auch diesmal im „Vogelnest“ von Peking. Sicher waren nicht die vielen Dopingkontrollen am Ort der Grund für seine Leistung. „Ich bin viermal zur Ader gelassen worden, habe viel Blut gelassen und fühle mich deshalb schon richtig schwach.“ Das war eher nicht ernst gemeint, aber das Ergebnis war jedenfalls für Asafa Powell frustrierend.
Usain Bolt, ein 100-Meter-Mann wider Willen?
Usain Bolt hatte am 31. Maiin New York (USA) mit 9,72 Sekunden den bislang gültigen Weltrekord aufgestellt, und sich damit an die Spitze der Jahresbestenliste gesetzt. Aber lange zögerte er, sich für Peking überhaupt für die 100 Meter anzumelden. Bis zu diesem Finale in Peking war er gerade mal sieben Mal über die kurze Strecke gelaufen.
Seine Lieblingsstrecke waren bisher immer die 200 Meter, und dort machte der hochgewachsene Athlet auch eine brillante Figur. In Osaka (Japan) hatte sich auf dieser Strecke den Vize-Weltmeistertitel geholt. Doch Weltrekord über 100 Meter laufen und dann nicht auf der Königsdisziplin der Sprinter antreten, das wäre schwer zu vermitteln gewesen.
Vielleicht war das auch nur Show, wie es eben dann auch seine große Schau im Stadion wurde. Bereits vorher hatte er getönt: „Ich will Gold gewinnen. Bisher haben immer andere die Nase vorn gehabt, nun sind wir Jamaikaner an der Reihe.“
Wort gehalten
Er hielt Wort und wurde am Ende seiner Favoritenrolle gerecht. Und er kostete seinen Triumph aus, war auch nach dem Zieldurchlauf nicht zu bremsen. Usain Bolt lief gleich durch bis zum 200-Meter-Start, um seine dort versammelte Familie zu herzen. Mit den goldenen Schuhen in der linken und einer Flagge seines Heimatlandes in der rechten Hand tanzte er anschließend in der Kurve vor der Zielgeraden.
Die Art und Weise, wie er dieses 100- Meter-Finale zelebrierte, wird noch lange Gesprächsstoff liefern. Dass dabei weiter das Wort Doping fallen wird, ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Dazu wurde schon im Vorfeld sehr viel geschrieben und gesprochen. Es ist auch nicht von der Hand zu weisen, dass in der Vergangenheit die weltbesten Kurzsprinter oft entweder verdächtigt oder überführt wurden. Denken wir nur an Ben Johnson (Kanada) oder Justin Gatlin (USA).
Aber, eine Show, die mitriss, war es am Samstagabend im Nationalstadion trotzdem.
mit Material von Sport-Informations-Dienst
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