Die Suche nach dem Leben eines Siegers
Der Kenianer Paul Lekuraa hat am letzten Sonntag den Athen Marathon (Griechenland) gewonnen und dabei mit 2:12:42 Stunden einen neuen Streckenrekord aufgestellt. Allerdings sorgte der 35-Jährige nach seinem Triumph zunächst für einige Verwirrung unter den Organisatoren. Diese stellten sich die Frage: Welcher „Paul Lekuraa“ hatte den Marathon gewonnen?
Ein leichter Sieg war es für Paul Lekuraa nicht. „Ich hatte lange Zeit Kopfschmerzen. Am Ende ging es aber besser, und so konnte ich mich im Sprint durchsetzen“, sagte der Marathonsieger, der sich in neuem Streckenrekord von 2:12:42 Stunden im Sprint auf der Zielgeraden gegen seinen Landsmann Julius Kiprotich durchsetzte. Gleichzeitig sorgte Paul Lekuraa auch bei den Organisatoren des Athen-Marathons für Kopfschmerzen, oder besser: Kopfzerbrechen. Die hatten nämlich leichte Probleme, die genaue Herkunft des Siegers zu bestimmen, wie es ein Bericht auf der Webseite des Weltverbandes IAAF beschreibt.Auf den verschiedenen Rekordlisten tauchten drei kenianische Läufer unter dem Namen „Paul Lekuraa“ auf - doch der Athen-Sieger Paul Lekuraa wehrte sich gegen falsche Tatsachen. Er sei 35 Jahre alt, nicht 25 Jahre. Und er wäre nicht 2:11:00 Stunden beim Wien-Marathon 2006 gelaufen, er sei auch nie in Italien gewesen, er sei zuvor nur bei einem Marathon in Frankreich an den Start gegangen.
In zwielichtige Geschäfte mit dubiosen Managern geraten
Nach 24 Stunden hatte das Chaos um die Identitäten der „Paul Lekuraas“ dieser Welt ein Ende. Der Marathonsieger selbst sorgte für Aufklärung. „Ich habe eine Zeit lang im Nordwesten Frankreichs, in Caen, gelebt“, sagte er. Eine zielgerichtete Rekordsuche enthüllte dann, dass ein gewisser „Paul Lekuraa“ in Quimper (Bretagne, Frankreich) im Jahr 1997 eine Zeit von 13:49,60 Minuten über 5.000 Meter lief. In den Ergebnisprotokollen zweier Halbmarathons in dieser Gegend tauchten Zeiten von 62:42 und 63:09 Minuten auf.
Den endgültigen Beweis lieferte das Resultat des Reims-Marathons (Champagne-Ardenne, im Nordosten Frankreichs) des Jahres 2004. Ein „Paul Lekuraa“ kam dabei als Achter nach 2:18:59 Stunden ins Ziel. „Das war ich“, bestätigte der Athen-Sieger im Anschluss. Er habe Probleme mit zwei Managern in Frankreich und Deutschland gehabt, berichtete Paul Lekuraa daraufhin. „Sie haben Geld von mir genommen“, sagte er. Tatsächlich wurden in der Vergangenheit in Europa mehrere dubiose Manager zu Geld- und Gefängnisstrafen verurteilt, weil sie afrikanische Leichtathleten unter unzumutbaren Bedingungen beherbergten und gleichzeitig deren Gewinne und Laufprämien einstrichen.
Ein Neubeginn mit der Hilfe von Paul Tergat
Paul Lekuraa berichtete, dass seine Bedingungen nicht so schlecht gewesen seien. Aber sein Leben war schlecht genug, dass er entmutigt in seine kenianische Heimat zurückkehrte. Heute sagt Paul Lekuraa: „Ich will laufen, um meine Familie zu versorgen.“ Mit seiner Ehefrau Rose hat er vier Kinder zwischen vier und zwölf Jahren.
Paul Lekuraa, der zum Volk der Samburu gehört, zog in die kenianische Hauptstadt Nairobi um. Vor vier Monaten wurde der frühere Weltrekordhalter Paul Tergat (Kenia) auf ihn aufmerksam. Der fünfmalige Crosslauf-Weltmeister lud Paul Lekuraa in sein Trainingslager in der Nähe von Nairobi ein. „Paul Tergat ist ein sehr netter und geduldiger Mensch, der sich um seine Athleten kümmert“, sagte Paul Lekuraa über seinen Trainer.
Paul Lekuraa: „Ich will mir einen Namen machen“
Kürzlich nahm der 39-jährige Paul Tergat Kontakt mit dem Manager Zane Branson auf, der ein geeignetes Rennen für Paul Lekuraa ausfindig machen sollte - der Athen-Marathon war ein geeignetes. Marko Vasic, ein Assistent des Managers Zane Branson, betreute Paul Lekuraa in der griechischen Hauptstadt. Er war es auch, der dem kenianischen Läufer mit der bewegten Vergangenheit vor dem Rennen noch neue Schuhe für 140 Euro kaufte. Paul Lekuraa hatte nur ein fünf Jahre altes, arg mitgenommenes Paar im Gepäck.
Mit neuem Schuhwerk und seinem ersten Marathonsieg hat Paul Lekuraa nun Großes vor. „Meine Karriere ist fast vorüber. Ich will aber die noch bleibende Zeit nutzen, um mir einen Namen zu machen”, sagte er. Und zwar seinen eigenen Namen. Das scheint auch nötig zu sein: Auf der IAAF-Webseite wird der Sieg in Athen immer noch seinem zehn Jahre jüngeren Namensvetter angerechnet.