Dieter Baumanns Goldener Herbst im Big Apple
Nur eine Stunde nachdem Dieter Baumann seinen 39. Nationalen Titel im Dantestadion geholt hatte, waren die Medienvertreter ins Münchner Botanikum geladen, wo sie News erfahren sollten, die eigentlich gar nicht mehr so neu waren. Aus Frankfurt – die dortigen Marathonorganisatoren hatten im Buhlen um den Tübinger den Kürzeren gezogen - war die Nachricht vom Start des Langstrecklers beim New York City Marathon am 2. November bereits durchgesickert.
Dieter Baumann stellte in München seine neuen Marathonpläne vor (Foto: Kiefner)
Also musste der Ausrüster PR-technisch nachlegen: Nach der offiziellen Vertragsunterzeichnung, die mit dem obligatorischen Handshake besiegelt wurde, verriet Renndirektor Allan Steinfeld vorab schon mal, dass sein deutscher Star mit der Startnummer Fünf ins Rennen geschickt wird.Getragen von Emotionen
Die Entscheidung für New York sei rein emotional gewesen, so der frischgebackene Deutsche Meister. Die Zahlen – 30.000 Teilnehmer aus 200 Nationen und zwei Millionen Zuschauer am Straßenrand – geben Allan Steinfeld recht, wenn er davon schwärmt, dass sein Marathon "eine gigantische Party vom Start bis zum Ziel" sei.
Einen Vorgeschmack der Atmosphäre beim Mekka aller Marathons hat Baumann 1987 abbekommen, als er beim Fifth Avenue Mile-Rennen Steve Ovett, Abdi Bile und andere Größen der Mittelstrecke getroffen hat. "Das war ein tolles Erlebnis."
Den ersten Kontakt zu den Veranstaltern gab es in München bei den Europameisterschaften, danach habe Dieter Baumann die Idee immer besser gefallen – von der Saisonplanung wie eben auch bauchmäßig: "Ich lebe von Emotionen, damit motiviere ich mich. Beim Laufen möchte ich mich von diesen Emotionen tragen lassen, deswegen habe ich New York gewählt."
Alter und neuer Druck
Spekulationen, Dieter Baumann wolle in New York dem Druck und Presserummel aus dem Weg gehen, wies der 38-jährige zurück. "Es spielt keine Rolle, wo ich laufe. Der New Yorker Marathon hat ein exquisites Feld und die Konkurrenz ist hart."
Außerdem setzte ihn Allan Steinfeld selbst gehörig unter Druck als er seiner Hoffnung Ausdruck verlieh, dass mit Baumann zum ersten Mal ein Deutscher im Big Apple vorne liegen würde: "Dieter Baumann hat das Zeug dazu, der nächste Champion zu werden. Viele große Gewinner wie Alberto Salazar und Grete Waitz haben auch bei ihrem ersten Start in New York gesiegt. Ich glaube, dass Dieter in diese illustren Fußstapfen treten kann."
Dieter Baumann entgegnete, dass er die Erwartungen Steinfelds zur Kenntnis nehme, aber schon froh sei, wenn er im Spitzenfeld vorne gut mitlaufen, Marathongefühl schnuppern und durchkommen könne. Für Platzierungsprognosen sei es eindeutig noch zu früh.
Zwei Saisonhöhepunkte mit genügend Abstand
Anders als 2002 wird der Tübinger die Bahnsaison abgeschlossen haben, bevor er sich ganz auf den Marathon konzentriert: Nach dem 10.000-Meter-Finale bei den Weltmeisterschaften in Paris bleiben ihm noch gute zehn Wochen für Marathonumfangtraining mit längeren, ruhigeren Läufen. Also Trainingsläufe, die zweieinhalb Stunden oder länger dauern und nicht schneller als 3:06 Minuten pro Kilometer angegangen werden.
Bis dahin stehen noch Ende Juni die Deutschen Meisterschaften in Ulm auf dem Programm – nur 15 Kilometer von seiner Heimatstadt Blaubeuren entfernt. Beim "Heimspiel" will er die 5.000 Meter gewinnen und in Paris dann über die doppelte Distanz eine Zeit von 27:30 Minuten laufen.
Inwieweit er damit die Kenianer, Äthiopier und Marokkaner ärgern könne, hänge von Rennverlauf ab. Der Olympiasieger von 1992 hofft durch eine gute Renntaktik Plätze gut machen zu können und so unter die ersten zehn – oder besser – zu kommen.
Ein langer Anlauf zum Marathon – aber die Form stimmt bereits!
