| Interview

Dieter Hogen: „Es ist deutlich mehr möglich als das, was momentan erreicht wird“

Die Veranstalter des schnellsten Marathonrennens der Welt wollen nun auch die deutschen Langstreckenläufer schneller machen. SCC Events hat als Veranstalter des BMW Berlin-Marathons das „Elite Running Team Berlin“ gegründet, dem zunächst Lisa Hahner und Philipp Baar angehören. Nach ihrem Umzug nach Berlin werden die beiden Läufer künftig für den SCC Berlin starten und von Dieter Hogen trainiert.
Cecilia Wenig

Dieter Hogen führte in den 90er-Jahren Uta Pippig in die Marathon-Weltspitze und trainierte zahlreiche kenianische Weltklasseläufer. Seine Athleten gewannen unter anderem die Marathonläufe in Boston, London, New York, Chicago und Berlin. Im Interview spricht der 65 Jahre alte Erfolgscoach über sein Trainer-Comeback, zieht Vergleiche zwischen Vergangenheit und Gegenwart und erklärt, warum Träumen gut ist.  

Dieter Hogen, wie kam es zum Projekt „Elite Running Team Berlin“?

Dieter Hogen:

SCC Events hat beschlossen, das Projekt zu starten und eine Laufgruppe zu etablieren. Es geht dabei hauptsächlich um Straßenlauf und Marathon. Ich wurde von Mark Milde und Jürgen Lock angesprochen, dem Race-Direktor beziehungsweise Geschäftsführer, und gefragt, ob ich mich als Trainer zur Verfügung stellen würde. Im Team spürt man die Begeisterung, es macht Spaß dabei zu sein.

Sie haben früher Uta Pippig und eine Reihe kenianischer Weltklasseläufer trainiert. Was haben Sie in den vergangenen Jahren gemacht?

Dieter Hogen:

Meine Hauptaufgabe war es immer, Athleten zu betreuen. Aber schon in den 80er-Jahren habe ich angefangen, mich intensiv mit der Ernährung zu beschäftigen. Anfang 2000 habe ich dann den Fokus speziell auf gesunde Lebensweisen und die Ernährung gelegt. Gemeinsam mit Uta Pippig habe ich ein Konzept umgesetzt, das sich damit beschäftigt, Menschen auf breiter Ebene fit zu machen. Dieses Geschäft betreiben wir nach wie vor. Außerdem arbeite ich mit Uta Pippig für diverse Charities und an ihrer Website „Take the magic step“.

Vor rund 25 Jahren gab es schon einmal eine Konstellation mit Ihnen als Coach und einer starken Laufgruppe, die damals auch international erfolgreich war, beim Berlin-Marathon-Veranstalterklub SCC Berlin. Auch Uta Pippig startete für den Verein. Ist das jetzt für Sie wie „Zurück in die Zukunft“?

Dieter Hogen:

Die Zukunft ist für mich das, was wichtig ist. Ich schaue nicht so stark in die Vergangenheit. Im Vergleich zu früher hat sich vieles verändert. Die Leistungen der deutschen Athleten sind deutlich schwächer geworden. Die Organisation von SCC Events ist hingegen heute viel professioneller.

Welche Ziele haben Sie mit dem Team?

Dieter Hogen:

Wir können natürlich nicht sagen, dass wir in die Weltspitze vordringen wollen. Das Ziel ist es, mit ausschließlich deutschen Läufern ein Zeichen zu setzten und zu zeigen, dass deutlich mehr möglich ist als das, was momentan erreicht wird. Zurzeit sind wir in Deutschland einfach zu weit weg. Es gibt bei uns inzwischen aber immerhin viel guten Durchschnitt. Zwar bewegt sich das noch im unteren Mittelmaß, aber immerhin versuchen es viele. Sie haben höhere Ziele als die, die sie bis jetzt erreicht haben - und das ist super. Denn diese Einstellung schafft die Voraussetzung, es vielleicht zu schaffen, erst mal den 2:10 Stunden nahe zu kommen und danach noch schneller zu laufen. Es gibt jetzt Bemühungen der Kräfte-Konzentration. Bei den wenigen Nachwuchsathleten, die wir haben, ist das die einzige Möglichkeit, weiter nach vorn zu kommen. Mittelfristig ist es das Ziel, in Europa vorn mitlaufen zu können. Langfristig geht dann vielleicht doch noch mehr, wer weiß. Träumen ist gut.

Was können Lisa Hahner und Philipp Baar erreichen, wo werden sie ihren nächsten Marathon laufen?

Dieter Hogen:

Lisa und Philipp haben sich hohe Ziele gesetzt und leben dafür. Solche Athleten wünscht man sich als Trainer. Wir werden sehen, wie weit sie es mit ihrem Talent schaffen. SCC Events und ich werden alles in unserer Macht stehende tun, um ihnen die besten Voraussetzungen dafür zu schaffen. Jeder leistet seinen Teil, so gut er kann. Es ist wichtig, dass sie besser werden, als sie selbst es je für möglich hielten. Zunächst ist das Ziel, die momentanen Leistungen zu verbessern. Die Zusammenarbeit mit Lisa begann im Mai. Sie wird im Dezember beim Valencia-Marathon starten. Philipp muss sich nach dem EM-Marathon im August zunächst noch erholen. Er wird sicher im nächsten Frühjahr einen Marathon laufen.

Mit Lisa Hahner und Philipp Baar wurden zwei Athleten verpflichtet, die zur erweiterten deutschen Spitze zählen. Wird es zukünftig auch darum gehen, Talente zu finden und zu entwickeln?

Dieter Hogen:

Unsere Aufmerksamkeit wird in den nächsten Jahren auf jeden Fall auch dem Nachwuchs gelten. Wer denkt, dass er talentierte Kinder oder Jugendliche hat oder kennt, kann uns jederzeit kontaktieren. Die Nachwuchsläufer können dann an Rennen teilnehmen, sodass wir die Athleten einschätzen können. Wir wollen außerdem Trainingslager für Nachwuchsläufer organisieren, bei denen die Athleten auch mal zwei Wochen lang beobachtet werden können. Berlin ist sozusagen immer eine Reise wert! Nachwuchstrainer zu sein, ist eine wunderbare Aufgabe und extrem wichtig. Ich selbst habe am Anfang meiner Karriere zehn Jahre lang ausschließlich Nachwuchsathleten betreut und würde dies immer wieder tun. Es war eine der schönsten Zeiten meines Trainerlebens.

Zuletzt lebten Sie unter anderem in den USA oder auch in Kenia. Sie werden nun sicher viel länger in Berlin sein, oder?

Dieter Hogen:

Ja, ich werde den Großteil des Jahres in Berlin verbringen. Wir werden natürlich auch ins Trainingslager fahren, doch das Haupt-Trainingsgebiet wird Berlin sein, besonders gern trainieren wir im Grunewald. Aufgrund der Vielfältigkeit in dieser Stadt ist es möglich, sehr gute Leistungen zu erreichen, ohne Berlin verlassen zu müssen. Das ist wirklich toll!

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