Dietmar Chounard - „Unter die ersten Fünf“
Am Dienstag (10. Juli) fällt bei der U20-WM in Barcelona (Spanien) der erste Startschuss. Bundestrainer Dietmar Chounard, im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) zuständig für die Altersklassen U20/U23, berichtet im Interview von seiner Zielsetzung für die Titelkämpfe und erklärt, warum ihn unvorhergesehene Zwischenfälle nicht aus der Ruhe bringen können.
Herr Chounard, am Sonntag stieg die DLV-Delegation in den Flieger nach Barcelona. Mit welchem Gefühl reisen Sie als Chef der Mannschaft zur U20-WM?Dietmar Chounard:
Mit einem guten Gefühl. Die Athleten sind gut vorbereitet, haben die letzten Klippen bis Barcelona gut genommen. Ich denke, dass sie allesamt, wie sie nominiert sind, einen guten Wettkampf machen werden.
Gab es nach Verkündung der Nominierten noch einmal Änderungen im Team?
Dietmar Chounard:
Maurice Huke wird nicht mitfahren, weil er nach seiner Verletzung den geforderten Leistungsnachweis nicht erbringen konnte. Er hat auch selbst verzichtet, weil er gesehen hat, dass sein jetziger Leistungsstand der Sprintstaffel nicht dienlich ist.
Vor zwei Jahren in Moncton hat das DLV-Team sechs Medaillen geholt und in der Nationenwertung Rang drei belegt. Erwarten Sie von der Mannschaft in Barcelona ein ähnliches Ergebnis?
Dietmar Chounard:
Realistisch ist es, in der Nationenwertung unter die ersten Fünf zu kommen. Das sollte das Ziel sein. 2010 haben wir Rang drei belegt, 2008 sogar Rang zwei. Das kann nicht jedes Mal so sein, da sich auch die anderen Nationen ins Zeug legen. Die USA ist eine Nation, die vorne mitmischt, Kenia kann in den Mittelstrecken bei den Männern und Frauen sogar jeweils zwei Medaillen gewinnen – damit sind Rang eins und zwei in der Nationenwertung wohl schon vergeben. Unsere Gegner werden die britische und die französische Mannschaft sein. Auch auf die Australier bin ich gespannt.
Auf welchen deutschen Athleten ruhen die größte Erwartungen?
Dietmar Chounard:
Wir haben einige Athleten dabei, die schon in der Vergangenheit bei internationalen Großereignissen bewiesen haben, dass sie in die Finals vorstoßen können, dass sie auch Medaillen holen können. Es ist kein Geheimnis, dass Anna Rüh mit einer Medaille liebäugelt, dass Shanice Craft sich eine Medaille vorstellt, dass Lena Malkus nach einer Medaille greift. Auch Christin Hussong kann um eine Medaille mitwerfen. Aber da können Zentimeter entscheiden, insofern ist das auch abhängig von der Tagesform.
Die Mannschaft hat sich einen Tag vor dem Abflug in Frankfurt versammelt, um dort noch einen Tag gemeinsam zu verbringen. Welche Rolle spielt in Ihren Augen das Teambuildung für den Erfolg in Barcelona?
Dietmar Chounard:
Ich denke, der Vorteil aller Athleten hier ist, dass sie Teil einer starken Mannschaft sind. Wir haben eine Mannschaft, die nicht nur aus Verlierern und Früh-Ausscheidern besteht, sondern durch eine Weltmeisterschaft trägt und an deren Erfolgen man sich hochziehen kann. Das ist wichtig, denn es heißt, dass nicht alle nur auf dich schauen, weil du die einzige Medaillenhoffnung bist. Die Jüngeren, die zum ersten Mal dabei sind, können sich an die stärkeren Athleten anlehnen. Wir haben eine harmonische und stabile Gruppe, die Athleten kennen sich teilweise aus Lehrgängen und aus vorangegangenen Einsätzen in der Nationalmannschaft.
Wer genau wird die Athleten vor Ort betreuen?
Dietmar Chounard:
Die wichtigsten Bezugspersonen sind die Disziplintrainer, die die Athleten durch die Wettkampftage führen. Sicher wird es kritische Situationen geben, in denen man kompetente, ruhige, fachkundige und klug agierende Trainer braucht, die die Athleten durch den Wettkampf lotsen. Wir haben einen erfahrenen Betreuerstab. Die Trainer kennen die möglichen Klippen und können diese bewältigen, ohne dass der Athlet mitbekommt, dass Hektik entsteht.
Apropos Klippen: Sie mussten am Samstag ungeplant den Shuttle-Dienst zum Trainingsplatz übernehmen, weil der vorgesehene Fahrer einen Unfall hatte. Gibt es im Hinblick auf die kommenden Tage noch Punkte in der Planung und Organisation, die Sie als kritisch betrachten?
Dietmar Chounard:
Das Spannende ist ja immer: Man plant etwas - und dann kommt die Wirklichkeit. Da muss man sich einfach anpassen. Man muss schnellstmöglich klug entscheiden, wie zu reagieren ist, damit das Problem nicht in die Mannschaft getragen wird. Das gelingt. Wir haben erfahrene Mitstreiter, jeder macht seine Arbeit eigenständig. Keine Weltmeisterschaft verläuft ganz ohne Zwischenfälle.
Acht Tage mit der U20-Nationalmannschaft liegen vor Ihnen. Worauf freuen Sie sich persönlich am meisten?
Dietmar Chounard:
Auf die Ramblas, Sonntagabend, 21:30 Uhr – da habe ich mich schon mit mir verabredet (lacht). Ich lerne die Städte ja meist schon ein oder zwei Jahre vor einer Meisterschaft kennen. Ich schaue mir das Ganze an, mache meine Planung, dann kommt der Wettkampf. Irgendwann ist das durch, und dann willst du wenigstens ein, zwei Stunden von der Stadt mitnehmen, bevor du in den Flieger steigst. Aber natürlich freue ich mich zunächst auf die Wettkämpfe! Die Atmosphäre im Stadion wird mit Sicherheit toll. Wir werden sehr gute Voraussetzungen vorfinden und bei den Spaniern in sehr guten Händen sein - das ist das Organisationskomitee der EM 2010, die sind dort absolut professionell.
Das DLV-Team für Barcelona