Dietmar Mögenburg - "Kontakt nie abgerissen"
Er verkörpert das Goldene Zeitalter des deutschen Hochsprungs: Dietmar Mögenburg, Olympiasieger 1984, Europameister 1982, Ex-Weltrekordler. Trotz seiner ähnlich erfolgreichen Kollegen Carlo Thränhardt und Gerd Nagel beherrschte er national wie international in den 1980-er Jahren weitgehend den Hochsprung. Sein Einstand war legendär: Beim Europacup 1979 in Turin (Italien) – Dietmar Mögenburg war knapp 18 Jahre alt – gewann er mit dem deutschen Rekord von 2,32 Metern.
2,30 Meter hatte er im ersten Versuch gerissen. Mit dem letzten der beiden verbliebenen Versuche meisterte er die Rekordhöhe und gewann. Für seine Konzentrationsfähigkeit und Nervenstärke war er berühmt. Seine Freiluftbestleistung beträgt 2,36 Meter, in der Halle überquerte er 2,39 Meter. In seinen besten 25 Wettkämpfen sprang er 2,32 Meter oder höher. Herr Mögenburg, wie geht es dem Olympiasieger im Hochsprung von 1984 heute? Dietmar Mögenburg:Eigentlich ganz gut, ich arbeite als Leichtathletiktrainer und Geschäftsmann. Vor zwei Jahren bin ich mit meiner Familie nach Norwegen ausgewandert, nachdem wir 17 Jahre in Deutschland gelebt haben. Meine Frau stammt aus Norwegen. Wir haben dort bereits viele Urlaube verbracht. Schon als Athlet hat mir das Land gefallen. Wir wollten etwas Neues ausprobieren. Die Möglichkeiten, insbesondere für unsere zwei Kinder, sind enorm. Norwegen hat alles, wovon jemand träumt, der wie ich aus dem dichtbesiedelten Nordrhein-Westfalen kommt: Berge, Seen, reine Luft, unberührte Natur. Das Land bietet eine sehr hohe Lebensqualität. Haben Sie vor, in dem skandinavischen Land zu bleiben? Dietmar Mögenburg:
Vorläufig auf jeden Fall. Meine Kinder besitzen die norwegische Staatsbürgerschaft und besuchen ein Gymnasium, das stark auf den Sport ausgerichtet ist. Dreimal in der Woche findet beispielsweise Sportunterricht statt. Die Schulen sind dort anders strukturiert, die pädagogische Arbeit erscheint mir besser. Es gibt keine hierarchische Pyramide, Lehrer und Schüler duzen sich. Die Frage liegt nahe bei solch einem erfolgreichen Vater: Sind die Kinder selbst dem Leistungssport zugetan? Dietmar Mögenburg:
Mein 18-jähriger Sohn Jonas strebt den Zehnkampf an. Im Laufen und Springen hat er bereits eine sehr gute Entwicklung genommen. Das Werfen kommt später, er wiegt erst 72 Kilo. Mit 7,27 Metern im Weitsprung wurde er 2008 norwegischer Meister seiner Altersklasse, die 400 Meter lief er 49,84 Sekunden. Außerdem gehörte er schon der entsprechenden Nationalstaffel an. Katarina, unsere 17-jährige Tochter, ist im Hochsprung bisher bei 1,73 Metern angelangt, mit ihr müssen wir noch an der Technik arbeiten. Mit diesen Leistungen wäre zumindest Jonas auch für den DLV interessant… Dietmar Mögenburg:
Meine Kinder haben sich erst einmal dafür entschieden, für Norwegen zu starten. Haben Sie neben ihrem Beruf noch Kontakt zur Spitzenleichtathletik, auch wenn sie nicht mehr in Deutschland wohnen? Dietmar Mögenburg:
Die Verbindung ist eigentlich nie abgerissen, insbesondere zu zwei meiner früheren Vereine, dem ASV Köln und dem TSV Bayer 04 Leverkusen. Vor allem Leverkusen ist professionell geführt und bietet gerade in der Leichtathletik alles. Leverkusen stellt das Non Plus Ultra im deutschen Sport dar. In Leverkusen hat mein Sohn bereits ein Stabhochsprungtraining absolviert. Auch in Norwegen treffe ich immer wieder mit ehemaligen Springern zusammen. Steinar Hoen, Europameister 1994 mit 2,35 Metern, leitet heute als Direktor das berühmte Grand Prix-Meeting in Oslo. Wir kennen uns gut. Oder Hanne Haugland, Hochsprung-Weltmeisterin 1997 mit 1,99 Metern, arbeitet heute als Trainerin. Wir sehen uns bei Wettkämpfen immer wieder. Im Übrigen kümmere ich mich um das Training unserer beiden Kinder. Wie nehmen sie die Großereignisse in der Leichtathletik wie Welt- oder Europameisterschaften oder die gerade zu Ende gegangenen Olympischen Spiele in Peking wahr? Dietmar Mögenburg:
Die Finalveranstaltungen von Großereignissen im Hochsprung sind für mich immer noch ein „Muss“. Da stehe ich auch nachts auf, um fernzusehen. Allerdings erreicht mich der Wettbewerb dann weniger emotional. Mich interessiert vielmehr die technische Ausführung der einzelnen Sprünge. Ich verfolge das Ganze mehr mit dem Blick des Kenners. Mit Ihrer Siegeshöhe von Los Angeles 1984 (2,35 m) hätten Sie in Peking die Silbermedaille gewonnen. Der Hochsprung der Männer scheint im Vergleich zu anderen Disziplinen auf hohem Niveau zu stagnieren. Wie sehen Sie Ihre Karriere im Rückblick? Dietmar Mögenburg:
Es ist richtig: Olympiasieger Andrej Silnov aus Russland sprang 2,36 Meter. Nur einmal seit meiner Zeit musste ein Olympiasieger deutlich höher springen (1996 Charles Austin, USA, 2,39 m). Häufig entscheidet bei gleicher Sprunghöhe die Anzahl der Fehlversuche bei dieser Höhe. Ich verstand mich eher als Meisterschaftsspringer denn als Höhenjäger. Meine ganz großen Erfolge erzielte ich sehr früh in meiner Laufbahn: Bei meinem EM-Sieg 1982 war ich 21 Jahre alt, in Los Angeles knapp 23. Vielleicht kann man dies als kleines Manko ansehen, oder dass ich nicht 2,40 Meter geschafft habe. Dennoch war meine Karriere langfristig angelegt. Hochspringen war schließlich mein Beruf, mit dem ich Geld verdient habe. Zwischen Flensburg und Ruhpolding bin ich auf über 100 Veranstaltungen gesprungen. Welche Rolle hat die damalige Konkurrenz unter der deutschen Hochspringern gespielt? Dietmar Mögenburg:
Wir waren damals eine wirklich gute Truppe. Neben mir gab es noch Carlo Thränhardt, der in der Halle 2,42 Meter übersprang, Gerd Nagel und auch André Schneider. Alle überquerten sie 2,30 Meter und mehr. Diese Konkurrenz spornte natürlich an. Und wir verfügten damals über einen genialen Bundestrainer, Dragan Tancic. Er trainierte Carlo und mich auch als Heimtrainer. Er verstand alles vom Hochsprung. Sein Tod im Frühjahr 2008 hat uns alle schockiert. Herr Mögenburg, eine letzte Frage: Wie beurteilen Sie die gegenwärtige Hochsprungszene der Männer in Deutschland? Dietmar Mögenburg:
Der fünfte Platz von Raul Spank bei Olympia mit 2,32 Metern geht in Ordnung. Er ist erst 20 Jahre alt und hat konkrete Ziele, wenn er jetzt schon von 2,40 Metern spricht. Bleibt er verletzungsfrei, sollte er alle Möglichkeiten haben. Beeindruckt hat mich auch Eike Onnen. Schade, dass er wegen einer Verletzung auf Olympia verzichten musste. Seine Sprünge im vergangenen Jahr und sein siebter Platz bei der WM in Osaka gefielen mir sehr gut. Eike Onnen hat noch viel Potential. Mit seinen 26 Jahren sollte er eigentlich noch nicht verbraucht sein.