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DLV-Geherinnen mit großen Schritten auf dem Weg in Europas Spitze

Jung, talentiert und ambitioniert: Emilia Lehmeyer, Teresa Zurek und Saskia Feige sind Deutschlands neue Hoffnungsträgerinnen im Frauen-Gehen. Bei der DM in Naumburg überraschte das Trio mit neuen 20-Kilometer-Bestzeiten und Normen für die Heim-EM in Berlin. Beim Geher-Weltcup in Taicang (China; 5./6. Mai) können sie nun weitere internationale Erfahrungen sammeln.
Sandra Arm

Erschöpft, aber überglücklich lagen sich Emilia Leymeyer (Polizei SV Berlin), Saskia Feige und Teresa Zurek (beide SC Potsdam) nach ihrem <link news:62555>grandiosen Auftritt über 20 Kilometer auf dem engen Ein-Kilometer-Rundkurs in Naumburg in den Armen. Soeben hatten die jungen Geherinnen den Richtwert (1:33:30 h) für die Europameisterschaften in Berlin (7. bis 12. August) unterboten. Und das mit einer deutlichen Steigerung ihrer bisherigen Bestzeiten.

Als „bravourös und ganz toll“ bezeichnete DLV-Bundestrainer Ronald Weigel die Leistung der U23-Athletinnen. „Mit den Resultaten haben die drei jungen Frauen ihre zeitlichen Leistungszielstellungen für dieses Jahr erfüllt. Diese Ergebnisse zeugen von einer stabilen Verfassung, welche sich die Damen in den zurückliegenden Monaten aufgebaut haben. Ich glaube, durch das Erreichen der EM-Norm hat sich die Motivation der drei Mädels noch gesteigert“, führt er weiter aus.

Mit ihren erzielten Zeiten sorgten die Geherinnen sogleich für einen ersten Lichtblick. Wenngleich der Weg in Richtung Weltspitze noch weit ist. „Der erhoffte Einstieg ist geschafft. Die Geherinnen werden die notwendigen Rahmenbedingungen erhalten, um sich in den kommenden Jahren erfolgreich weiter zu entwickeln. Im Fokus steht ganz fest die Olympia-Teilnahme 2020“, betont Ronald Weigel und hebt im gleichen Atemzug noch etwas anderes hervor: „Die kontinuierliche Nachwuchsarbeit, besonders durch die Bundestrainerin Manja Berger gemeinsam mit ihrem Ehemann Volker Umlauft-Berger, zahlt sich nun aus.“

Teresa Zurek: Ohne Druck ins erste Aktivenjahr

Jubel, Umarmungen, Fotos: Familie, Freunde und Trainer waren am Samstag in den Zielbereich von Naumburg geeilt, um den deutschen Geherinnen zu gratulieren und den schönen wie historischen Moment im Bild festzuhalten. „Ich habe die Zeit im Ziel gar nicht gesehen. Erst als ich die Glückwünsche entgegengenommen habe, war mir klar, dass es EM-Norm ist“, freut sich Teresa Zurek, die auf den letzten Metern richtig Gas gab, als DM-Dritte das Ziel erreichte und mit einer Punktlandung das Ticket für Berlin löste.

Nach den Geher-Meetings in Lugano (Schweiz) und Podebrady (Tschechien) war die DM der dritte Wettkampf in Folge, in dem die 19-Jährige ihre Bestleistung deutlich unterbot. Druck verspürt die Jüngste im Team keinen. Schließlich ist es ihr erstes Jahr bei den Aktiven. „Ich wollte mir selbst keinen Druck machen, sondern ganz entspannt in den Wettkampf gehen. Die ersten 10 Kilometer waren sehr konstant von den Zeiten, auf den zweiten war ich vom Kopf völlig frei. Für mich war es fast schon der perfekte Wettkampf“, berichtet die Vize-Europameisterin der U20, die vor fünf Jahren mit dem Gehen begonnen hatte.

Seite an Seite spulte sie mit Teamkollegin Saskia Feige die 20 Runden ab. Das Miteinander auf der Strecke half. „Man weiß, man hat noch jemanden neben sich und kann sich reinbeißen. Irgendwie haben wir es geschafft, dass immer einer das Tempo gehalten hat“, sagt Teresa Zurek, die selbst nach einem kleinen Hänger bei Kilometer 15 froh war, ihre Teamkollegin vor sich zu haben, um sich wieder heranziehen zu können.

Emilia Lehmeyer trotzt Verletzungen und Krankheit

Währenddessen hatte Emilia Lehmeyer nur wenig Unterstützung. Sie ging fast ein einsames Rennen. „Ich hatte unterwegs doch immer mal den einen oder anderen, an den ich mich ranziehen konnte. Nach der Hälfte wurde es immer schwerer, weil auch die Kräfte nachgelassen haben“, erzählt die 21-Jährige. Gepusht von den lautstarken Zurufen ihres Trainers Volker Umlauft-Berger, der ihr Mut machte und sie auf EM-Kurs hielt, kämpfte sie sich durch. Auf der letzten Runde überkam sie ein seltsames Gefühl. „Ich wusste, wenn jetzt nichts mehr schief geht, dann ist die Norm relativ sicher. Ich habe die letzten Meter einfach nur genossen“, beschreibt sie ihren Moment.

Ihr unbändiger Kampfgeist zahlte sich aus. Ihren Emotionen ließ sie dann im Ziel freien Lauf. „Ich war überrascht und überwältigt zugleich“, sagt Emilia Lehmeyer, die sich nach einer  neunmonatigen Zwangspause eindrucksvoll zurückmeldete. Der Rückschlag kam im September: Erst gab es Probleme mit den Knien, dann meldete sich die Ferse. An kontinuierliches Training war nicht zu denken. Sie suchte nach Alternativen, fand sie im Schwimmen und Radfahren. „Es ging darum, die Ausdauer zu halten. Für mich war es eine harte Zeit.“ Drei Wochen vor Naumburg stieg die Sechste der U23-Europameisterschaften erst wieder ins Training ein – mit überraschendem Ausgang.

Vom Laufen zum Gehen: Saskia Feige orientiert sich neu

Besser erging es der DM-Zweiten Saskia Feige, die die komplette Vorbereitung mit dem Bundeskader durchziehen konnte. Neue Trainingsreize wurden zu Jahresbeginn gesetzt. „Teresa und Saskia waren im Januar erstmals in einem Höhen-Trainingslager, gemeinsam mit dem Männerkader. Alles hat dort gepasst. Die beiden Mädels kamen mit den anspruchsvollen Rahmenbedingungen erstaunlich gut klar. Dieses Trainingslager war ein wichtiger und bedeutender Mosaikstein in der gesamten Vorbereitungsphase“, erklärt Ronald Weigel.

Erst vor zweieinhalb Jahren ist die 20-Jährige zum Gehen gekommen. Die ehemalige Läuferin, ihre Spezialstrecke waren die 1.500 Meter, suchte nach einer neuen Herausforderung. Und fand sie nach einer Probewoche schlussendlich beim Gehen. „Aus heutiger Sicht habe ich den Schritt nicht bereut, er hat sich gelohnt“, sagt sie mit einem Lächeln auf den Lippen. Mit diesem Erfolgserlebnis aus Naumburg geht es für sie und Teresa Zurek nun in die anstehenden Abiturprüfungen.

Traum erfüllt: EM vor der eigenen Haustür

Emilia Lehmeyer hat ihr Abitur längst in der Tasche, sie studiert Physiotherapie und befindet sich auf der Zielgeraden des Studiums. Noch liegen zwei Semester vor ihr, bevor sie sich ihren beruflichen Traum erfüllen kann. „Ich möchte gerne in Richtung Sportphysiotherapie gehen.“ Derweil hat sich ihr sportlicher Traum in diesem Jahr bereits erfüllt. „Die Heim-EM, das war der große Traum für mich. Ich komme aus Berlin, es ist ein großes Event und es ist einfach toll, da dabei sein zu können.“

Noch dazu mit zwei Mädels aus Potsdam, mit denen sie gemeinam bei der Heim-EM in Berlin über 20 Kilometer an den Start gehen wird. „Ich freue mich unglaublich, dass wir zu dritt die EM-Norm erfüllt haben.“ Zuvor kann sich das deutsche Trio beim <link news:62612>Weltcup in Taicang mit der internationalen Konkurrenz messen und wertvolle Erfahrungen auf dem Weg nach Berlin sammeln.

Die deutsche Durstrecke im Gehen der Frauen scheint überwunden. Zuletzt starteten Melanie Seeger und Sabine Krantz international 2012 bei den Olympischen Spielen in London, Emilia Lehmeyer, Saskia Feige und Teresa Zurek kennen sie nur vom Hörensagen. Nicht persönlich. Noch nicht. Vielleicht gibt es schon bald ein Kennenlernen bei der <link>Heim-EM in Berlin.

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