| Exklusiv-Interview

DLV-Gold-Staffel: „Unglaublich, was da passiert ist“

Die DLV-Sprinterinnen waren von ihrem sensationellen Gewinn der Goldmedaille bei den inoffiziellen Staffel-Weltmeisterschaften in Nassau (Bahamas) genauso positiv überrascht wie ihre Fans. Das deutsche 4x100-Meter-Quartett mit Alexandra Burghardt (MTG Mannheim), Lisa Mayer (Sprintteam Wetzlar), Tatjana Pinto (LC Paderborn) und Rebekka Haase (LV 90 Erzgebirge) konnte am Sonntag sogar die beiden Sprint-Nationen Jamaika und USA hinter sich lassen. Wir haben die vier DLV-Staffelläuferinnen trotz langer Rückreise jeweils für ein Interview erwischt und ihre bewegenden Eindrücke gesammelt.
Pamela Ruprecht

Alexandra Burghardt, Gold mit der 4x100-Meter-Staffel, Jamaika und die USA geschlagen - wie haben Sie diesen Riesen-Erfolg am Sonntagabend gefeiert?

Alexandra Burghardt:

Wir haben danach natürlich noch darauf angestoßen (grinst), zu lange feiern konnten wir aber nicht, da unser Bus zum Flughafen schon um 4 Uhr morgens abgefahren ist.

Wie war die Stimmung im Stadion? Können Sie als Startläuferin Ihre erste Renn-Passage inklusive des Wechsels auf Lisa Mayer beschreiben? Wie waren Technik und Gefühl?

Alexandra Burghardt:

Der Start war für mich eine ganz neue Situation. Bis auf die U20-EM 2011 bin ich noch nie auf dieser Position gelaufen. Trotzdem hat sich das ganz gut angefühlt und richtig viel Spaß gemacht. Auch den Wechsel auf Lisa haben wir so zuvor ja noch nie gemacht. Im Vorlauf hat es super geklappt, im Finale wäre ich aber auch fast gestolpert. Die Stimmung im Stadion war richtig gut, obwohl es nicht ganz ausverkauft war. Die Menschen dort feiern den Sport nochmal ganz anders. Das ist wie eine Partymeile.

Wie war es auf der nassen Bahn zu laufen? Die Startläuferin der USA kam zu Sturz, haben Sie das mitbekommen?

Alexandra Burghardt:

Die nasse Bahn war kein Problem, der wechselnde Wind hat die Bedingungen vielleicht schon ein bisschen erschwert, aber man ist so im Tunnel, dass man das eigentlich nicht merkt. Den Sturz von Tianna Bartoletta habe ich überhaupt nicht mitbekommen. Erst als Rebekka auf der Zielgerade war habe ich mir gedacht, da fehlt doch eine.

Welche Chancen haben Sie sich vor dem Finale ausgerechnet, was war Ihr Ziel?

Alexandra Burghardt:

Eine Medaille haben wir uns schon erhofft, aber dass es dann Gold wird, hätten wir nie gedacht. Einfach unglaublich, was da am Sonntag passiert ist.

Bei Ihnen läuft‘s momentan sehr gut. Was wollen Sie in der kommenden Sommersaison erreichen?

Alexandra Burghardt:

Für den Sommer wünsche ich mir gesund zu bleiben. Ich möchte noch weiter an meiner Technik arbeiten und den ein oder anderen 200er im Sommer laufen. Das hat mir ziemlich Spaß gemacht am Samstag.

Rebekka Haase, Gold sowie USA und Jamaika geschlagen, haben Sie sich das vorher erträumt?

Rebekka Haase:

Ich wusste, dass wir mit einem wirklich starken Team auf die Bahamas reisen und hatte schon gedacht, dass wir um die Medaillen mitlaufen können. Dass wir am Ende gewinnen, habe ich nicht ansatzweise erahnt.

Sie waren genauso wie Tatjana Pinto in beiden Finals (4x100 und 4x200 Meter) dabei und haben gleich zwei Medaillen gewonnen. Was war für Sie der schönste Augenblick auf den Bahamas und warum?

Rebekka Haase:

Es war ein Wochenende mit unzähligen einprägsamen und sehr emotionalen Momenten, bei denen es wirklich schwer ist zu sagen, welcher der schönste war. Ich fand es aber sehr besonders mit den Mädels ganz oben auf dem Podest zu stehen und die Nationalhymne zu hören.

Was haben Sie als Schlussläuferin auf den letzten Metern vor dem Ziel gedacht? Haben Sie da schon realisiert, dass Sie auf dem Weg zur Goldmedaille sind? Und wie hat vorher der letzte Wechsel geklappt?

Rebekka Haase:

Mein Wechsel mit Tatjana war sehr flüssig. Danach habe ich mich nur auf meinen Lauf konzentriert und erst über der Linie begriffen, was wir da gerade geschafft haben.

Bei wie viel Prozent sind Sie als Staffel zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison und wie viel Selbstvertrauen geben die Erfolge von Nassau für die WM in London?

Rebekka Haase:

Wir sind alle schon ganz gut in Form, aber es ist natürlich noch sehr früh in der Saison und unser Leistungshöhepunkt ist noch lange nicht erreicht. Das Wochenende gibt uns allen aber ein enormes Vertrauen in unser Können und zeigt, dass wir auch international definitiv konkurrenzfähig sind.

Sie sind beim ersten Wettkampf in Clermont unter elf Sekunden geblieben. Trauen Sie sich eine 10 vor dem Komma eines Tages auch ohne Rückenwind zu?

Rebekka Haase:

Es ist ein unheimlich schönes Gefühl, so eine Zeit laufen zu können. Ich arbeite jeden Tag daran, schneller zu werden und die bestmögliche Zeit zu erreichen. Wenn es dann irgendwann unter 11 geht, wäre ich überglücklich.

Was macht mehr Spaß, die Einzel- oder Staffelrennen?

Rebekka Haase:

Für mich sind das zwei komplett unterschiedliche Wettbewerbe, bei denen ich nicht sagen kann, was mehr Spaß macht. Beide haben ihren besonderen Reiz und deshalb freue ich mich immer, wenn ich beides laufen darf.

Tatjana Pinto, Ihr Lauf sah ziemlich schnell aus. Wie haben Sie das 4x100-Meter-Finale erlebt?

Tatjana Pinto:

Es war wirklich cool, mal wieder auf der Position drei laufen zu können. Zwar ist es schon etwas länger her gewesen, aber ich habe mich gleich wohl gefühlt. Durch die Kurve zu laufen macht sehr viel Spaß und ich habe es genossen. Ich habe echt alles geben.

Was macht für Sie die Faszination Staffel aus und was ist Ihr Erfolgsrezept?

Tatjana Pinto:

Ich denke, in der Staffel ist Vieles möglich. Es gibt immer ein Restrisiko, aber gerade das ist das Spannende dabei. Ich weiß nicht, ob es ein Erfolgsrezept gibt. Auf jeden Fall stimmt momentan die Bandbreite an schnellen Sprinterinnen in Deutschland. Das Niveau ist hoch. Individuell ist es also schneller geworden und somit kann man damit insgesamt in andere Dimensionen rennen. Das macht eine Menge aus.

Lisa Mayer, zwei Medaillen für die DLV-Sprinterinnen, haben Sie so eine Bilanz erwartet?

Lisa Mayer:

Dass die Mädels am Samstag über 4x200 Meter deutlich die Amis schlagen und wir am Sonntag die Jamaikaner, das war schon Wahnsinn. Mit Gold hätten wir niemals vorher gerechnet. Die Leute vor Ort haben uns als Deutsche auch ziemlich gefeiert und sich total für uns gefreut, weil das auch für sie so überraschend war. Die Stimmung war schon echt cool.

Wie ist Ihre Passage an Position zwei im Rennen gelaufen?

Lisa Mayer:

Im Vorlauf waren beide Wechsel sehr gut, sehr solide, auf Sicherheit, aber sehr flüssig. Im Finale war der zweite Wechsel auf Tatjana wieder sehr gut. Der erste Wechsel war ein bisschen holprig. Ich weiß auch nicht, wie das passiert ist. Alex wurde von einer Windböe erwischt und wurde so schnell, dass sie richtig auf mich aufgelaufen ist. Sie ist fast ins Straucheln geraten und wäre fast hingefallen. Ich habe das Holz aber dann noch sicher bekommen. Es ist alles noch gut gegangen. Der Wechsel war nicht ganz so flüssig, wie wir uns das erhofft hatten. Aber umso besser, dass es geklappt hat.

Dann haben Sie also noch Potenzial nach oben?

Lisa Mayer:

Ja definitiv, die Zeit ist für den frühen Zeitpunkt schon relativ gut einzuschätzen, vor allem weil die Bedingungen mit der nassen Bahn nicht so super waren. Ich denke, wenn wir noch zwei, drei Staffelläufe haben und noch etwas Routine reinkommt, dann wird das auch in London bei den richtigen Weltmeisterschaften wieder ganz, ganz schnell werden. Dass die Konkurrenz dann auch nochmal eine Schippe draufpacken wird, ist auch klar. Wir haben jetzt auf jeden Fall schon Selbstbewusstsein getankt. Und bleiben guter Dinge für die nächsten Wettkämpfe.

Sie haben das erste Mal die Nationalhymne auf dem Podest gehört. Wie war das?

Lisa Mayer:

Das war echt ein richtiger Gänsehaut-Moment. Das ist das, wovon man immer geträumt hat, im Stadion einmal die Nationalhymne für sich zu hören.

Staffel ist ein Team-Wettbewerb. Was macht den Unterschied für Sie zum Einzelrennen aus?

Lisa Mayer:

Staffel macht fast noch mehr Spaß, weil man sich zu viert freuen kann und alle völlig aus dem Häuschen sind und man das Ganze miteinander teilen kann. Von daher sind Staffel-Rennen immer was ganz Besonderes. Mir persönlich macht es unheimlich Spaß. Wir verstehen uns alle sehr gut. Wir waren zusammen im Trainingslager und haben dort im Training und abends gemeinsam Zeit verbracht. Das funktioniert echt ganz gut. Wenn das nicht der Fall wäre, dann würde es vielleicht im Wettkampf auch nicht so gut aussehen.

Wie geht es bei Ihnen weiter, erstmal ein bisschen Erholung wahrscheinlich?

Lisa Mayer:

Am Dienstag habe ich die Füße noch hochgelegt. Die anstrengende Woche hinter mir gelassen, wir hatten am Dienstag nochmal ein schnelles Staffel-Training und dann die zwei Wettkampf-Tage. Dazu kommt die Zeit-Umstellung. Mittwoch, Donnerstag werde ich das Training langsam wieder beginnen lassen. Und dann fliege ich in zwei Wochen mit meiner Trainingsgruppe auch schon wieder ins Trainingslager nach Teneriffa.

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