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DLV-Sprinter nehmen in Japan Kurs auf Staffel-WM

Das deutsche Sprint-Team bereitet sich gerade auf der japanischen Insel Okinawa auf die Staffel-Weltmeisterschaften in Yokohama vor. Das tropische Klima kommt den Athleten entgegen, die Trainingszeiten sind schnell, die Wechsel Reif für die World Relays.
Pamela Lechner

Normalerweise sind die schnellsten deutschen Sprinter um diese Zeit immer in Florida (USA). Und dort beim Meeting in Clermont Ende April, Anfang Mai mit ersten schnellen Zeiten in die Saison eingestiegen. Doch dieses Jahr ist alles anders: Das DLV-Sprint-Team ist zur Vorbereitung auf die Staffel-WM auf einer der südlichsten Inseln Japans. Die Präfektur Okinawa liegt Luftlinie rund 700 Kilometer von der japanischen Hauptinsel entfernt.

Dass man gerade dort ist, ist kein Zufall: Die Insel Okinawa liegt auf einem ähnlichen Breitengrad wie Florida. Es herrschen also ähnlich warme Temperaturen wie im Süden der USA. Bei durchschnittlich 27 Grad können die DLV-Athleten Kurs auf die IAAF World Relays in Yokohama (11./12. Mai) nehmen. „Wir haben hier in Naha optimale Bedingungen und konnten bislang, was das Wetter betrifft, uneingeschränkt trainieren“, erzählt der DLV-Teamleiter der Staffeln Ronald Stein.

Ziel des Trainingslagers: WM-Qualifikation für Doha

Am 9. Mai fliegt das DLV-Team dann in die östliche Mitte Japans, wo es in Yokohama um die direkte Qualifikation für die Weltmeisterschaften in Doha (Katar; 27. September bis 6. Oktober) geht. Die 4x100 und 4x400 Meter-Staffeln der Männer und Frauen wollen mit einer Top Ten-Platzierung das WM-Ticket lösen, der neuen 4x400 Mixed-Staffel reicht ein Platz in den Top Zwölf. Die Voraussetzungen stehen gut: „Es sind alle fit und alle haben einen guten Leistungsstand“, kann Ronald Stein berichten.

Es wurden bereits 35 Sprinterinnen und Sprinter für die sieben deutschen Staffeln nominiert, die bei den World Relays ins Rennen gehen. Mit dabei sind die schnellsten Deutschen: Unter anderen die zweifache EM-Medaillengewinnerin Gina Lückenkemper (SCC Berlin), die Olympia-Vierte mit der Staffel Lisa Mayer sowie bei den Männern der Deutsche 100 Meter Meister Kevin Kranz (Sprintteam Wetzlar) und Rekordhalter Julian Reus (LAC Erfurt Top Team). In die Reihen der Langsprinterinnen ist nach ihrer Verletzung Ruth Sophia Spelmeyer (VfL Oldenburg) zurückgekehrt.

Test-Wettkampf entscheidet über Aufstellung bei World Relays

Über die genaue Aufstellung und Start-Reihenfolge der nominierten DLV-Staffeln entscheidet diesen Samstag (4. Mai) ein interner Test-Wettkampf, der sozusagen das Meeting in Clermont ersetzt. In zwei Renn-Durchgängen der 4x100 Meter-Staffeln werden Geschwindigkeiten und Wechselfertigkeiten der Frauen und Männer beobachtet und biomechanisch ausgewertet. Wo gibt es noch Defizite? Wer passt am besten auf welche Position?

„Jeder hat die Chance sich anzubieten und zu zeigen, dass er gerne in Yokohama in den Staffeln laufen möchte“, erklärt der Staffel-Teamleiter und Bundestrainer der Kurzsprinterinnen. Die aktuell Besten werden sich bei dem Test herauskristallisieren. Auch für die Langsprinter der 4x400 Meter-Quartette gibt es ein Ausscheidungsrennen bezüglich der finalen Aufstellung für die World Relays.

Schnelle Athleten, schnelle Bahn

Auf dem Trainingsplan des dreieinhalbwöchigen Camps stehen in der Regel immer dienstags und freitags sogenannte Sprint-Tage. An diesen Tagen rufen die Athleten extrem hohe Intensitäten ab: Vormittags treten die Sprinter in einer Starteinheit gegeneinander an, nachmittags steht Staffel-Training auf dem Programm. Das Training an den anderen Tagen wird so gestaltet, dass die Athleten nach drei bzw. vier Tagen wieder in der Lage sind hohe Geschwindigkeiten zu rennen.

Zu den Staffel-Trainings, die Biomechaniker Dr. Ralf Buckwitz und Alexander Stolpe unter die Lupe nehmen, gibt es Vor- und Nachbesprechungen. Dabei werden Ablauf-Genauigkeiten, Wechselzeiten und Anlauf-Geschwindigkeiten analysiert und den Athleten per Video präsentiert. „Mit dem aktuellen Stand der Wechsel bin ich sehr zufrieden“, sagt Ronald Stein. Die bisher gestoppten Trainingszeiten stimmen ebenso optimistisch: „Die Athleten sind schnell und der Belag ist schnell.“

Vor der Anreise des deutschen Sprint-Teams wurde im Trainingsstadion in Naha eine neue Mondo-Bahn verlegt. Und auch sonst tut man alles, um den deutschen Gästen perfekte Trainingsbedingungen zu bieten: Das Stadion ist auch an Sonn- und Feiertagen geöffnet. Und es wurden extra acht neue Startblöcke und 80 neue Hürden geliefert.

Cindy Roleder und Pamela Dutkiewicz über neue Hürden

Denn auch die DLV-Hürdensprinterinnen bereiten sich dort auf ihren Saisoneinstieg vor. Die EM-Dritte Cindy Roleder (SV Halle), mit Coach Jan May vor Ort, bestreitet ihr erstes Rennen in Nanjing (China; 21. Mai). Vize-Europameisterin Pamela Dutkiewicz (TV Wattenscheid 01) hat ebenfalls ihren Trainer Slawomir Filipowski dabei. Und Frauen-Bundestrainer Rüdiger Harksen arbeitet mit Ricarda Lobe (MTG Mannheim) sowie Franziska Hofmann (LAC Erdgas Chemnitz).

Trotz der momentan guten Bedingungen kommt die Insel Okinawa nächstes Jahr als unmittelbare Vorbereitungsstation auf die Olympischen Spiele nicht in Frage, die Anreise nach Tokio wäre viel zu weit. Für das Olympia-„Pre-Camp“ 2020 zur Zeit- und Klima-Anpassung hat der DLV die Präfektur Miyazaki im Süden der Hauptinsel Japans ausgewählt. Diese Gegend ist klimatisch derzeit aber wiederum nicht warm genug, um eine optimale Einstellung auf die Staffel-WM zu ermöglichen, so dass die Wahl auf Okinawa fiel.

Dem deutschen Team in Naha gehören sieben Physiotherapeuten, zwei Ärzte und eine Chiropraktorin an, die sich über den fast vierwöchigen Zeitraum bei der Betreuung der Athleten ablösen. Im erfahrenen Trainer-Team, das die Staffeln betreut, sind aus den Reihen der Bundestrainer neben Ronald Stein auch Jörg Möckel (Männer Kurzsprint) sowie für die Langsprinter Claudia Marx (Frauen) und Edgar Eisenkolb (Männer).

U20-Weltrekord-Staffel sammelt Erfahrung

Bei den Kurzsprinterinnen ist mit Keshia Kwadwo (TV Wattenscheid 01), Katrin Fehm (ESV Amberg), Sophia Junk (LG Rhein-Wied) und Jennifer Montag (TSV Bayer 04 Leverkusen) die komplette U20-Weltrekord-Staffel vertreten. Die jungen Athletinnen sind zum ersten Mal über so einen langen Zeitraum in einem Trainingscamp und haben bisher einen guten Eindruck hinterlassen. „Die Mädels überzeugen durch sehr gute Wechselfähigkeiten und ein gutes Tempo“, lobt Ronald Stein.

Sie werden bei den World Relays weitere internationale Erfahrung sammeln. Anders als 2017 lässt der Zeitplan in Yokohama es nicht zu, dass Athletinnen der 4x100 Meter-Staffel auch in der 4x200 Meter-Staffel laufen. Denn beide Finals sind am selben Tag. Die 4x100 Meter-Staffel der Frauen ist Titelverteidiger. „Da wollen wir wieder so weit wie möglich vorne landen“, sagt der Teamleiter.

Neben dem intensiven Vorbereitungstraining sollen die Sportler auch mal etwas anderes als Stadion, Physio-Station und Hotel sehen. An den letzten beiden Sonntagen ist das Team daher zusammen mit dem Bus an den Strand gefahren oder hat das Shuri Castle besichtigt. Noch haben die Staffeln Zeit an den Wechseln feilen. Die Bahn in Naha soll nicht nur ein gutes Pflaster zur Vorbereitung auf die Staffel-WM sein, sondern wirft auch Schatten der Olympischen Spiele voraus: Der gleiche Belag wird im Olympiastadion von Tokio liegen.

Hinweis:

Es folgt demnächst eine große Bildergalerie aus dem Trainingslager der Sprinter in Okinawa!

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