DLV-Stabis sind in Moskau Einzelkämpfer
Ein deutsches Trio gegen den französischen Überflieger Renaud Lavillenie – jeder andere Verlauf des Stabhochsprung-Finales von Moskau (Russland) wäre eine riesige Überraschung. Dennoch werden Björn Otto (ASV Köln), Raphael Holzdeppe (LAZ Zweibrücken) und Malte Mohr (TV Wattenscheid 01) nicht als Team gegen den Franzosen kämpfen, sondern jeder für sich.

Vor einem Jahr war er nach einer bis dahin wegen Verletzungen holprig verlaufenen Saison mit einer Bestleistung von 5,81 Metern in London angekommen und steigerte sich erst in einem denkwürdigen Olympiafinale auf 5,91 Meter, was ihm die Bronzemedaille hinter dem Franzosen Renaud Lavillenie und Björn Otto einbrachte. Die beiden werden auch in Moskau seine stärksten Konkurrenten sein. Dazu kommt mit Malte Mohr der dritte Deutsche.
Beeindruckende Dominanz
Die Dominanz dieses Quartetts war in der bisherigen Saison beeindruckend: Von den insgesamt 27 Wettkampf-Ergebnissen über 5,80 Meter oder mehr erzielte Olympiasieger Lavillenie sieben, fünfmal sprang Björn Otto so hoch, viermal Raphael Holzdeppe und dreimal Malte Mohr. Die zwölf besten Leistungen in diesem Jahr wurden allesamt von diesen vier Athleten erzielt. Erst dann kommt Brad Walker aus den USA mit seinen 5,83 Metern. Alles deutet daraufhin, dass es wie schon bei Olympia in London wieder zwei Medaillen für Deutschland gibt.
Dass eine davon aus Gold sein wird, ist unwahrscheinlich. Zu überragend ist Renaud Lavillenie bisher durch die Saison geflogen. Sechsmal hat er mit 5,92 Metern oder mehr gewonnen, erst dann kommen die Deutschen angeführt von Raphael Holzdeppe mit 5,91 Metern. Dennoch glauben die Deutschen an ihre Chance auf Gold. Dass Lavillenie nicht unschlagbar ist, hat Björn Otto unlängst in einer Kolumne für "Leichtathletik" geschrieben.
Und Raphael Holzdeppe fühlt sich in Form für die sechs Meter: „Es kann sein, dass man so hoch springen muss, um Weltmeister zu werden“, sagt er, „wenn alles optimal läuft, traue ich mir das zu“. Dennoch hält er Renaud Lavillenie für den Favoriten. Er ist ja auch bislang der Einzige, der in dieser Saison die sechs Meter übersprungen hat. Ende Juli in London mit 6,02 Metern.
Jeder kämpft für sich
Während Raphael Holzdeppe sein WM-Ziel mit „eine Medaille gewinnen“ definiert, geht Malte Mohr aggressiver mit seinem Ziel um. „Ich will die sechs Meter knacken“, sagt der 27-Jährige. Der einzige aus dem deutschen Trio, der die sechs Meter schon übersprungen hat, formuliert seine Ansprüche für Moskau dagegen nebulöser: „Ich will nach dem Finale mit einem Lächeln nach Hause gehen“, sagt Björn Otto. Allerdings dürfte allen klar sein, dass dem Deutschen Rekordler das Lächeln vergehen dürfte, falls er ohne Medaille bleiben sollte.
Trotz des starken deutschen Trios wird es in Moskau keinen Wettkampf Deutschland gegen Lavillenie geben. „Wir werden nicht als Mannschaft gegen ihn antreten. Bei einer Weltmeisterschaft kämpft jeder für sich“, stellt Raphael Holzdeppe klar. Eine – wie auch immer geartete Teamtaktik – sei im Stabhochsprung auch gar nicht durchführbar. „Es ist verboten, sich gegenseitig zu coachen, indem man beispielsweise Zeichen zum Wind gibt“, sagt Raphael Hozdeppe, „und bei einer Weltmeisterschaft schauen die Kampfrichter auch ganz genau hin“. Raphael Holzdeppe ist eben Individualist.
Deshalb begrüßt er es auch, dass diesmal das DLV-Team nicht im Kollektiv reist, sondern jeder individuell nach Russland fliegt. „Ich bleibe nach dem Finale nur zwei Nächte in Moskau. Dann geht‘s zurück nach Deutschland“, sagt er. Am 15. August will er in Zweibrücken schon wieder den nächsten Wettkampf bestreiten. Ob er dann als WM-Medaillengewinner angekündigt werden kann? Am Montag gegen 19:00 Uhr deutscher Zeit wissen wir es.
Quelle: Leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift