| Team-EM

DLV-Team in Cheboksary zur Halbzeit auf Rang zwei

David Storl legte vor, Silke Spiegelburg überraschte, Gesa Felicitas Krause beeindruckte und Christina Obergföll spielte ihre Erfahrung aus: Die DLV-Athleten haben am Samstag bei der Team-EM in Cheboksary (Russland) vier Einzelsiege eingefahren und sich mit einem Zwischenspurt auf Rang zwei der Halbzeit-Wertung nach vorne geschoben. In Führung: Gastgeber Russland.
Silke Morrissey

Deutschland mit zwei Pünktchen Vorsprung auf Russland – so sah im Vorjahr der Halbzeit-Stand bei der Team-EM in Braunschweig aus. In Cheboksary konnten die Gastgeber den Heimvorteil für sich nutzen: Fünf Einzelsiege sowie eine ausgeglichene Teamleistung bescherten den Russen die Halbzeit-Führung. Deutschland (181 Pkt) verbuchte vor allem in der zweiten Tageshälfte Ergebnisse mit zweistelliger Punktzahl und konnte so Frankreich (175,5 Pkt) und Großbritannien (166,5 Pkt) in Schach halten.

„Das Format der Team-EM führt zu einer hohen Identifikation mit den einzelnen Mannschaften, die Punktestände wechseln ständig, das hat viel Spannung gegeben. Wir haben bei tollen klimatischen Bedingungen und einer professionellen Organisation einen spannenden Wettkampf gesehen“, sagte DLV-Cheftrainer Idriss Gonschinska.

Einzelsiege als Signal an die Mannschaft

Die deutsche Mannschaft liegt zurzeit drei Punkte hinter der Prognose, die die Teamleitung vorher aufgestellt hat – findet sich dabei allerdings in guter Gesellschaft. „Das russische Team hat im Vergleich zur Prognose rund 20 Punkte eingebüßt, auch das französische blieb hinter der erwarteten Punktzahl zurück“, erklärte Idriss Gonschinska.

„Eigentlich hatten wir gedacht, wir würden hinter diesen beiden Nationen knapp auf Rang drei übernachten. Dass wir so einen engen Abstand zum russischen Team haben, obwohl fünf deutsche Team-EM-Sieger des Vorjahres fehlen, stimmt uns optimistisch.“ Die vier Einzelsiege seien die Signale gewesen, die das Team brauche. "Aber hier stehen nicht die einzelnen Athleten im Mittelpunkt, sondern die Mannschaft."

Silke Spiegelburg aus verkürztem Anlauf über 4,75 Meter

Silke Spiegelburg (TSV Bayer 04 Leverkusen) war am Samstag um 14:00 Uhr im ersten Wettbewerb der Team-EM im Einsatz, musste aber lange warten, bis sie in Aktion treten durfte. Spätestens mit ihrem Jubelschrei nach überquerten 4,75 Metern stand sie dann aber im Mittelpunkt des Geschehens. Denn damit schnappte sie Lokalmatadorin Anzhelika Sidorova den Sieg vor der Nase weg. Diese hatte zunächst mit 4,70 Metern vorgelegt.

Es war wohl der sprichwörtliche Knoten, der bei Silke Spiegelburg geplatzt war - rund ein Jahr nach ihrer Fuß-OP und einem monatelangen Kampf zurück in die Weltspitze. Die neunmalige Deutsche Meisterin (in der Halle und im Freien) steigerte ihre Saison-Bestleistung um 15 Zentimeter, nur in drei Freiluft-Wettkämpfen war sie in ihrer Karriere bisher höher hinaus gekommen.

"Ich bin über-, überglücklich", freute sich die Stabhochspringerin wenig später im ZDF-Interview. "Ich kann’s kaum fassen, dass ich so früh schon die 4,75 Meter geknackt habe. Und das aus verkürztem Anlauf, eigentlich mache ich vier Schritte mehr!"

David Storl mit fast einem Meter Vorsprung

Früh am Tag war auch David Storl (SC DHfK Leipzig) im Einsatz – und hätte nach einem Versuch eigentlich schon gleich wieder seine Tasche packen können. Mit 21,12 Metern aus Runde eins war der Sieg im Sack. Auf zwei Ungültige folgte in Runde vier noch ein Stoß auf 21,20 Meter. Als Zweiter hatte Olympiasieger Tomasz Majewski (Polen; 20,23 m) fast einen Meter Rückstand.

Rundum zufrieden war David Storl trotz seines souveränen Siegs allerdings nicht: "Die Russen feuern nur ihre eigene Mannschaft an und die anderen fallen hinten runter. Das finde ich nicht gut. Ich denke, noch weiter weg sollte man die Team-Europameisterschaft nicht vergeben."

Solo von Gesa Felicitas Krause

Eine der beeindruckendsten Leistungen des Tages ging auf das Konto von Gesa Felicitas Krause. Die 22-Jährige setzte sich über 3.000 Meter Hindernis mit dem ersten Schritt an die Spitze des Feldes und gab diese Position bis zur Ziellinie nicht mehr ab – im Gegenteil: Mit einem schnellen letzten Kilometer zog sie bei Temperaturen an die 30 Grad der Konkurrenz Schritt für Schritt davon und hatte am Ende in 9:46,49 Minuten fast 13 Sekunden Vorsprung auf die zweitplatzierte Lennie Waite (Großbritannien; 9:59,75 min).

„Mein Ziel war es, hier 12 Punkte für das Team zu holen. Ich habe mich auf ein Rennen in einem europäischen Feld gefreut, das hat man ja nicht ganz so oft. In der Diamond League muss man immer seinen Platz finden, rennt oft hinterher. Deswegen habe ich auch mit meinem Trainer besprochen, das Rennen hier ganz offensiv anzugehen“, beschrieb die Athletin der LG Eintracht Frankfurt ihre Renntaktik.

Christina Obergföll hadert trotz Sieg

Auch Christina Obergföll (LG Offenburg) fuhr im Speerwerfen mit einem Sieg die volle Punktzahl für die deutsche Mannschaft ein. Zufrieden war sie allerdings nicht. „Ich hadere mit mir“, sagte sie ganz offen. „Ich glaube, ich kann im Moment ein bisschen mehr. Vielleicht nicht Weiten um 66 Plus, aber schon Weiten um 64 – so fühle ich mich momentan und daher ärgere ich mich, dass das heute nicht geklappt hat.“

Ärger herrschte zunächst auch bei den deutschen Sprintern, die nach einem knappen Wechsel von Alexander Kosenkow auf Robin Erewa (beide TV Wattenscheid 01) ein DQ in der Ergebnisliste wiederfanden. Doch schon bei der Ansicht der TV-Aufnahmen im ZDF-Interview befand Sven Knipphals (VfL Wolfsburg): "Das war in Ordnung! Der Staffelstab muss in der Wechselzone sein, und das war er!" Das sah auch der Schiedsrichter so, der nach Prüfung der Bilder die Entscheidung des Linienrichters zurücknahm. Platz vier und neun Punkte für 38,78 Sekunden.

Maren Kock mit (fast) unwiderstehlichem Spurt

Über 3.000 Meter schnupperte Maren Kock (LG Telis Finanz Regensburg) an einem deutschen Sieg, musste dann aber auf den letzten Metern noch die Polin Sofia Ennaoui (9:20;39 min) vorbei lassen. Dennoch überzeugte die Regensburgerin einmal mehr mit ihrem Spurtvermögen, zog nach einem Bummelrennen fast der gesamten Konkurrenz mit rasanten letzten 200 Metern den Zahn.

"Das Rennen kam mir ziemlich entgegen, das war zwischendurch ein ziemliches Schneckentempo", sagte sie anschließend im ZDF-Interview. "Ich trainiere ja für die 1.500 Meter, da konnte ich hier zeigen, dass ich spurten kann. Ich wäre hier gerne auch die 1.500 Meter gelaufen, aber für das Team war es besser, dass ich über 3.000 Meter angetreten bin."

Florian Orth hatte seiner Freundin bei ihrem Rennen zugesehen und sich vorgenommen, den Spurt bei seinem 1.500-Meter-Auftritt etwas später anzusetzen. Schließlich wurde es nach einem Bummelrennen ein enger Kampf auf den letzten 50 Metern, in dem der Regensburger in 3:52,56 Minuten einen guten Eindruck hinterließ.

Kristin Gierisch nutzt den Rückenwind

Den Dreisprung der Frauen dominierte die Russin Yekaterina Koneva. Windunterstützt flog sie auf starke 14,98 Meter (+2,3 m/sec), regulär setzte sie 14,87 Meter in die Grube. Nach einem ungültigen Sprung hatte sich auch Kristin Gierisch (LAC Erdgas Chemnitz) auf die Windverhältnisse eingestellt und wusste sie für sich zu nutzen. 14,46 Meter bei 3,5 Metern pro Sekunde Rückenwind bedeuteten Rang zwei und elf Punkte für das deutsche Team.

Zweistellige Punktzahlen kamen auch von den Leverkusenern Alyn Camara und Mateusz Przybylko, die im Weitsprung (8,11 m; +2,1 m/sec) und im Hochsprung (2,25 m) jeweils dritte Plätze erreichten. „Ich bin super zufrieden – als Dritter angereist, Dritter geworden, alles Bestens“, sagte Mateusz Przybylko.

Beide Sprinter in den Top Vier

Der erste Startschuss war am Samstag um 14:05 Uhr gefallen. Für die ersten deutschen Punkte hatte da Tatjana Pinto (LG Brillux Münster) gesorgt, die über 100 Meter in 11,50 Sekunden (-1,4 m/sec) Vierte wurde. Rang drei mit Saison-Bestzeit gab's dazu zum Abschluss des Tages mit der deutschen Sprintstaffel (43,21 sec), die die Mannheimerinnen Yasmin Kwadwo und Alexandra Burghardt sowie Rebekka Haase (LV 90 Erzgebirge) komplettierten.

Ebenfalls auf dem dritten Platz landet im 100-Meter-Einzelwettbewerb der Wolfsburger Sven Knipphals (10,52 sec; -1,7 m/sec). Er musste nur Vize-Europameister Christophe Lemaitre (Frankreich; 10,26 sec) und Hallen-Weltmeister Richard Kilty (Großbritannien; 10,35 sec) wegziehen lassen.

"Das Rennen selber war mittelmäßig", zeigte sich Sven Knipphals selbstkritisch. "Es war ein bisschen ungewohnt: Bei all meinen letzten Rennen hatte ich zwei Meter oder mehr Rückenwind - jetzt waren's zwei Meter Gegenwind. Ich wäre ganz gerne schneller gelaufen, aber ich glaube, das ist heute egal. Zehn Punkte sind das Entscheidende."

Saison-Bestleistung für Fabienne Kohlmann

Fabienne Kohlmann (LG Karlstadt/Gambach/Lohr) zeigte über 800 Meter einen beherzten Lauf, auch wenn es nicht für einen Top-Drei-Platz reichte: In Saison-Bestzeit von 2:01,27 Minuten wurde sie beim Sieg der Französin Renelle Lamote (2:00,18 min) Sechste.

„Ich freue mich über die Saison-Bestleistung“, sagte Fabienne Kohlmann. „Ich wollte mein Ergebnis von Regensburg noch mal steigern, das ist mir gelungen. Ich finde es schade, dass die Platzierung nicht besser war. Aber am Ende ging vorne noch mal richtig die Post ab - bei mir leider nicht.“

Wieder einmal eine Klasse für sich war im Hammerwurf der Männer der Pole Pawel Fajdek. Gleich zweimal ließ der Weltmeister den Hammer über die 80-Meter-Marke segeln. Sein bester Versuch wurde mit 81,64 Metern gemessen - da kann ihm derzeit niemand das Wasser reichen.

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