DLV-Team in Moskau mit Optionen
Gastgeber Russland und die USA als großer Gegenspieler werden von Freitag bis Sonntag (10. bis 12. März) aller Voraussicht nach bei der Hallen-Weltmeisterschaft in Moskau wie schon bei der letzten Auflage 2004 in Budapest das Geschehen über weite Strecken bestimmen. Einem Teil der 16 deutschen Teilnehmer wird dabei zumindest die Rolle des "Hechts im Karpfenteich" zuteil.
Ralf Bartels gehört zu den heißen Medaillen-Kandidaten (Foto: Krebs)
Die Blicke richten sich aus DLV-Sicht vor allem auf das Kugelstoßen und den Stabhochsprung. Der Neubrandenburger Ralf Bartels ist einer von fünf Athleten, die bei der Weitenjagd im Ring in diesem Winter schon mit mehr als 21 Metern gemessen wurden. Seine 21,43 Meter von den Deutschen Hallen-Meisterschaften in Karlsruhe brachten ihm sogar Rang zwei in der Weltjahresbestenliste ein."Im Gegensatz zum letzten Jahr haben wir diesmal eine Hallensaison gezielt vorbereitet. Der Aufbau war ähnlich wie in der letzten Freiluftsaison", sagt der WM-Dritte, der seine Konkurrenten trotz seiner guten Form nicht unterschätzt. "Jeder, der in der Welt unter den ersten Zehn steht, ist in Moskau zu beachten. Die Konkurrenten werden nicht tatenlos zusehen."
Zwei Starts zugunsten vor Moskau abgesagt
Ebenfalls als Nummer zwei der Welt tritt Stabhochspringer Tim Lobinger die Reise in den Osten an. Dabei wurmte den Kölner, dass er sich am letzten Freitag in Chemnitz nicht wieder die "Pole Position" zurückholen konnte: "Ich wäre gerne als Weltjahresbester nach Moskau geflogen."
Der Vielstarter, der vor allem mit der Zielsetzung, auf Höhenjagd gehen zu wollen, in den Winter startete, trat in der unmittelbaren Vorbereitung auf den Saisonhöhepunkt nun etwas kürzer, sagte zuletzt Starts in Tallinn (Estland) und Bad Oeynhausen ab. Mit dem Verlauf der letzten Wochen, in denen er bei zehn Wettkämpfen 5,70 Meter oder höher sprang, ist er sehr zufrieden: "Ich hatte noch nie eine Hallensaison, in der ich so oft die Chance hatte, die 5,90 Meter zu attackieren."
"Mehr Krimsekt als Kölsch"
Tim Lobinger, der in Moskau mit seinem Teamkollegen Fabian Schulze (LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg) einen ebenfalls ambitionierten Hoffnungsträger an seiner Seite weiß, glaubt dabei, dass ihm seine vielen Starts und die damit verbundene Wettkampferfahrung entgegen kommen könnten: "Ich erwarte aber eine harte Qualifikation. Danach wird es sicherlich schwerer, extrem hoch zu springen." Wie er sich das Ende seiner Hallensaison vorstellt, bringt er ziemlich genau auf einen Nenner: "Hoffentlich endet sie mit viel Nastrovje' und ausnahmsweise mal mehr Krimsekt als Kölsch."
Im Kugelstoßen der Frauen zählt man vor der Hallen-WM weltweit sechs Athletinnen, die schon Weiten jenseits der 19 Meter erzielt haben. Mit der Olympia-Zweiten Nadine Kleinert (SC Magdeburg) und der Deutschen Hallenmeisterin Petra Lammert (SC Neubrandenburg) sind die beiden deutschen Moskau-Fahrerinnen in diesem erlauchten Kreis zu finden und damit auch mit guten Chancen auf eine vordere Platzierung ausgestattet.
Nadine Kleinert motiviert
Nadine Kleinert gibt sich für den Auftritt in Moskau hochmotiviert, auch wenn sie zuletzt gegen ihre nationale Konkurrentin zwei Niederlagen hinnehmen musste: "Ich bin so gut drauf wie noch nie, hatte nur mit der Technik Probleme. Die Bestleistung muss diese Hallensaison noch fallen." Diese liegt unter Dach bei 19,35 Metern, im Freien bei 20,06 Metern.
Ihrer Ansicht nach spiele bei dem Wettkampf die Tagesform eine große Rolle: "Die ersten Acht der Welt können gewinnen. Die Konkurrenz ist so wie jedes Jahr. Dass die Russinnen ein Heimspiel haben, interessiert mich dabei herzlich wenig. Als ich 1992 zum letzten Mal in Moskau war, habe ich gewonnen."
Mehrkämpfer unter die Top Five?
Nicht so sehr um den Sieg, aber zumindest um einen Platz unter den ersten Fünf könnte es für die beiden deutschen Vertreter im Mehrkampf, André Niklaus (LG Nike Berlin) und Sonja Kesselschläger (SC Neubrandenburg), gehen. Exakt auf dieser Position liegen sie in der Weltjahresbestenliste, allerdings kommen in Moskau noch einzelne Konkurrenten hinzu, die bislang in der Hallensaison die Karten noch nicht auf den Tisch gelegt haben.
André Niklaus strebt eine weitere Steigerung seiner Siebenkampf-Bestleistung auf mehr als 6.100 Punkte an. Sonja Kesselschläger, die am morgigen Mittwoch bereits einen Tag früher als ursprünglich geplant ihre Reise nach Russland antritt, sagt: "In den letzten Tagen habe ich noch einmal gut trainiert. Theoretisch bin ich gut vorbereitet, aber die Praxis birgt ja immer Überraschungen. Es wird sicherlich ein spannender Wettkampf, da die meisten Athletinnen von ihren Vorleistungen her in einem Bereich von 100 Punkten zusammen sind."
Hürdensprinter kämpfen um Finaleinzug
Dem bisher Gezeigten nach zu urteilen, kämpfen im Olimpiyskiy Sport-Komplex die Hürdensprinter Thomas Blaschek (LAZ Leipzig) und Kirsten Bolm (MTG Mannheim) um einen Einzug ins Finale. Dorthin wollen nicht weniger die Stabhochspringerinnen Martina Strutz (SG Dynamo Schwerin) und Silke Spiegelburg (TSV Bayer 04 Leverkusen), die es mit der Übermacht der Springerinnen aus Russland, Polen und den USA zu tun bekommen.
Für die weiteren DLV-Starter, Ruwen Faller (SC Magdeburg; 400m), Claudia Hoffmann (SC Potsdam; 400m), Mike Fenner (TV Wattenscheid 01; 60m Hürden), Roman Fricke (TSV Bayer 04 Leverkusen; Hochsprung) und Peter Sack (Kugelstoßen; LAZ Leipzig), geht es vor allem darum, ihre Haut teuer zu verkaufen, die internationale Wettkampfchance zu nutzen und sich im Rahmen ihrer bisherigen Saisonleistungen zu präsentieren. Die ein oder andere positive Überraschung könnte dabei zu einem verbesserten Mannschaftsergebnis beitragen.
Ende eines Abwärtstrends?
Bei der letzten Hallen-Weltmeisterschaft kam das deutsche Team vor zwei Jahren in Budapest auf zwei dritte, zwei fünfte sowie einen siebten und einen achten Platz. Basierend auf diesem Ergebnis strebt der Leitende Bundestrainer Jürgen Mallow das Ende eines Abwärtstrends an. Vor allem möchte er mehr Athleten unter den ersten Sechs zählen. Mit einer Medaillenprognose hält er sich zurück, zwischen "null und vier Medaillen" werde es sich einpendeln, wobei "drei realistisch und null möglich" seien.
Zumindest an der ein oder anderen Option mangelt es nicht, nur gezogen müssen sie von Freitag bis Sonntag von den Athleten werden.