DLV-Team on Tour: Logistische Meisterleistung
Die deutsche Nationalmannschaft ist ständig auf Reisen rund um den Globus. Was dabei oft als Selbstverständlichkeit betrachtet wird: Dahinter steht ein großes Team von Trainern, Betreuern und Organisatoren, die schon weit im Voraus von Großveranstaltungen wie der WM in Moskau (Russland) beginnen, die Reise der Athleten vorzubereiten und dafür zu sorgen, dass auch vor Ort alles reibungslos abläuft.
Alles beginnt mit der Anreise der Athleten und des begleitenden Teams. Dabei ist die Flugplanung gar nicht so einfach. Die endgültige Liste der Mannschaftsmitglieder steht nämlich oft erst kurzfristig vor Beginn einer Veranstaltung fest. Für die anstehende WM wurde das finale Team am 29. Juli bekannt gegeben, eine Woche später besteigen viele Athleten schon den Flieger nach Moskau.In der Regel wird 300 Tage vor dem Reisetermin an verschiedenen deutschen Flughäfen ein Kontingent an Flugtickets geordert. Für die WM stehen an verschiedenen Reisetagen die Abflugorte Berlin, Düsseldorf und Frankfurt zur Verfügung. Sobald die Mannschaft endgültig nominiert wurde, können die Daten der Reisenden an die Fluggesellschaften weitergegeben werden.
Ein Visum ist nicht immer nötig
Nachdem die Anreise in die Wege geleitet ist, muss dafür gesorgt werden, dass jeder in das Veranstaltungsland einreisen darf. Mittlerweile sind Visa für die meisten Ländern nicht mehr nötig. Innerhalb der Europäischen Union entfallen die Einreiseanträge für Mitgliedsstaaten, für viele andere Länder werden Visa erst ab einem Aufenthalt von über 90 Tagen fällig.
Bei manchen Ländern kommt aber auch der DLV nicht darum herum, für jeden Einzelnen eine Einreiseerlaubnis zu beantragen. In Ländern, in denen besonders strikte Einreisebedingungen gelten, ist dies nicht nur mit enormem Aufwand, sondern auch mit hohen Kosten verbunden. Für gewöhnlich kann eine derart große Gruppe wie die des deutschen Teams mit Kosten von bis zu 20.000 Euro nur für Visa rechnen.
Spezielles Visum für Sportler
Die russische Regierung kommt den Teilnehmer-Nationen der WM entgegen und hat eine erleichterte Visa-Beantragung und verringerte Gebühren veranlasst. Die deutschen Athleten reisen in diesem Jahr nicht mit einem klassischen Touristenvisum, sondern mit einem sogenannten Humanitären Visum ein, das unter anderem speziell für den Sportverkehr eingeführt wurde.
Auch hier stand der DLV vor dem Problem, dass die endgültigen Namen erst kurz vor Einreise feststanden. Daher wurde schon vorab eine „Longlist“ erstellt mit allen Namen der Athleten, die eine Nominierungschance haben. Diese Liste wurde der Regierung vorgelegt, die ihrerseits jedem Aufgelisteten eine Einladung für eine mögliche Einreise zukommen ließ. Sobald feststand wer fliegen darf, musste das Visum auf einem Konsulat endgültig beantragt werden. Letztes Hindernis: die Warteschlange auf dem Konsulat.
Freie Hotelwahl ist selten möglich
Nächster Punkt auf der Agenda des Organisations-Teams ist die geeignete Unterbringung. Dabei hat der DLV nur recht wenig Entscheidungsfreiheit. Meistens stellt der Veranstalter ein Kontingent von Hotels zur Verfügung, in welchen die Mannschaften dann verteilt werden.
Natürlich können Wünsche für ein bestimmtes Hotel geäußert werden. Im Falle einer WM, wo wie in Moskau 206 Nationen erwartet werden, können diese aber nicht immer berücksichtigt werden.
Extra-Gepäck fliegt mit
Die Sprinter und Läufer packen ihre Spikes in den Koffer. Aber was machen die Stabhochspringer oder Speerwerfer mit ihrem Extra-Gepäck? Die technischen Geräte zu verschiffen oder per Spedition zu verschicken ist schier unmöglich, da ein Athlet oft heute in Deutschland und zwei Tage später am anderen Ende der Welt startet. Bei weiten Reisen bleibt meist nur eine Möglichkeit: die Wurfgeräte und Stabhochsprung-Stäbe müssen mit in den Flieger.
Damit hier alles glattläuft, nimmt jeder Athlet sein Arbeitsgerät selbst mit auf seinen Flug. Somit kommt das Extra-Gepäck immer gleichzeitig mit dem Sportler am Bestimmungsort an.
Ist ein Veranstaltungsort mit vertretbarer Fahrtzeit mit dem PKW zu erreichen, wird besonders im Nachwuchs-Bereich oft ein Transporter angemietet. Im Falle der U20-EM in Rieti (Italien) saß Bundestrainer Dietmar Chounard am Steuer des Transporters und hat Stäbe, Wurfgeräte und die Ausrüstung der Physiotherapeuten nach Italien gefahren.
Streik: Wettkampf verpasst
Ein Wettkampf, der nur per Flieger zu erreichen ist, birgt immer die Gefahr, dass Sportler nicht rechtzeitig vor Ort ankommen. Dies war zum Beispiel im März der Fall. Bei Reiseantritt zum Winterwurf-Europacup ins spanische Castellon war der Streik des Flughafenpersonals gerade in vollem Gange. Einige deutsche Athleten hatten keine Chance, rechtzeitig zum Wettkampfbeginn in Spanien einzutreffen. Auch die Natur ist unberechenbar. Beim Vulkanausbruch in Island 2010 wurde der komplette Luftverkehr lahmgelegt. Hier erreichten viele Sportler ebenfalls ihr Ziel nicht.
Unabhängig von den Ursachen derartiger Unregelmäßigkeiten und Verzögerungen: Die einzige Chance, das Wettkampfziel doch noch zu erreichen, lautet Spontanität und Flexibilität an den Tag zu legen. So geschehen bei der Reise zur Cross-EM in Budapest (Ungarn) im Dezember 2012. Nach einem Brand musste dort der komplette Flughafen gesperrt werden. Die deutsche Mannschaft flog kurzerhand nach Wien (Österreich) und fuhr von dort mit einem Reisebus weiter ans eigentliche Ziel.
Erfahrenes und eingespieltes Team
Meisterschaften wie die kommende WM in Moskau sind nicht nur für die Athleten ein großes Ereignis, auf das sie lange hintrainieren. Auch für die im Hintergrund agierenden Organisatoren ist die Vorbereitung mit viel Arbeit verbunden.
Im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) laufen die Fäden bei Teammanager Siegfried Schonert zusammen, der in der Reiseplanung von Inga Falter und bei großen Meisterschaften vor Ort von Silvia Schwinn unterstützt wird. Dem erfahrenen und eingespielten Team ist es bisher fast immer gelungen, die Reisen der Nationalmannschaft zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.