DLV-Ultrateam holt in Korea Bronze
Beim am vergangenen Sonntag in Misari nahe der südkoreanischen Hauptstadt Seoul ausgetragenen 100-Kilometer-Weltcup liefen die deutschen Ultramarathonläufer bei der zweiten internationalen Meisterschaft dieses Jahres wieder in die Medaillenränge.
Michael Sommer führte die DLV-Männer aufs Treppchen (Foto: Mühl)
Auch in der Einzelwertung gelangen mit Platz sieben bei den Männern durch Michael Sommer bei seinem letzten Einsatz für den DLV sowie Platz zehn bei den Frauen durch Elke Hiebl Top-Platzierungen.Das DLV-Nationalteam war mit zwei kompletten Mannschaften nach Korea gereist und ging um 6 Uhr morgens gut vorbereitet an den Start. Bei dem Rundkurs handelte es sich um eine zehnmal zu durchlaufende 10-Kilometer-Runde, die bis auf einen kleinen Anstieg topfeben und durchgehend asphaltiert bzw. mit Pflaster versehen war.
Die äußeren Bedingungen waren bei 13 bis 15 Grad Celsius in den ersten vier bis fünf Stunden des Wettkampfs durchaus akzeptabel, wenn man von dem teilweise sehr stark auffrischenden Wind absieht, der die Kilometerzeiten in bestimmten Streckenteilen drastisch verlangsamte. Später allerdings sollte sich die zunächst unerwartet zurückhaltende Sonne doch noch durch den bedeckten Himmel arbeiten und für Hitze sorgen, die Ultramarathonläufern gerade im letzten Renndrittel naturgemäß wenig gelegen kommt.
Favoriten zu Beginn stark
An der Spitze des Feldes bildete sich sofort nach dem Start eine Gruppe, der unter anderem Europameister Jose Maria Gonzales aus Spanien, der Franzose Sandor Barcza, der Sieger des 100-Kilometer-Laufs "Passatore" von Florenz nach Faenza, Giorgio Calcaterra aus Italien, sowie Yannick Djoujadi aus Frankreich angehörten.
Bei den Frauen gingen Swiss Alpine-Siegerin Elisabeth Hawker aus Großbritannien und die Passatore-Siegerin aus Italien, Monica Carlin, in Führung und legten die nächsten Runde Seite an Seite zurück, in einem Höllentempo, das auf eine Endzeit von deutlich unter 7:30 Stunden ausgerichtet war. Mit Respektabstand folgte Hiroko Sho aus Japan, die im Juni den 100-Kilometer-Lauf am Lake Saroma gewonnen hat.
Deutsche Teilnehmer anfangs zurückhaltend
Die deutschen Teilnehmer folgten der eigenen taktischen Vorgabe, die Kräfte innerhalb der Anfangsphase zu schonen, um im erwartet heißen letzten Drittel des Wettkampfs noch auf Reserven zurückgreifen zu können. So lag Michael Sommer als schnellster Deutscher bei Kilometer 30 auf Platz 38, Birgit Schönherr-Hölscher auf Rang 21. Die anderen DLV-Läufer/Innen folgten mit entsprechendem Abstand.
Bereits bei Halbzeit änderte sich das Bild: Europameister Jose Maria Gonzales, der sich in Torhout (Belgien) mit der Siegerzeit von 6:23:44 Stunden an die Spitze der Weltrangliste 2006 gesetzt hatte, stieg bereits enttäuscht aus, andere sollten folgen.
Monica Carlin konnte dem Tempo von Elisabeth Hawker nicht mehr folgen und fiel zurück. Da sich nun auch die allmählich ansteigenden Temperaturen auf das Leistungsvermögen auswirken sollten, rächte sich ein überzogenes Anfangstempo fortan doppelt.
Die deutschen Teilnehmer konnten ihr Tempo in etwa halten und kletterten dadurch Platz für Platz nach oben.
Deutsche Europameisterin erleidet Knieverletzung
Birgit Schönherr-Hölscher begann ab Kilometer 55 ihr Tempo deutlich zu erhöhen, um wie geplant die zweite Wettkampfhälfte schneller als die erste zurückzulegen und hatte bereits die Armada sämtlicher in ihrer Nähe laufender Französinnen überholt, als sie Opfer eines äußerst unglücklichen Missgeschicks wurde. Einer von einem Wettkampfteilnehmer in ihre Richtung weggeworfene volle Getränkeflasche, die ihr vor die Füße flog, konnte sie nicht mehr ausweichen. Zwar vermied sie einen Sturz, verdrehte sich beim Abfangen aber das linke Knie und hatte fortan mit einem ständig stechenden Schmerz im ohnehin seit einigen Wochen anfälligen Kniegelenk zu kämpfen, was eine alles andere als eine angenehme Begleitung angesichts von mehr als 30 noch zu bewältigenden Wettkampfkilometern war. Notgedrungen musste die Europameisterin das Tempo um gut fünf Minuten pro Runde reduzieren, bewies aber großen Einsatz für ihre Mannschaft und beendete das Rennen schließlich auf Rang 13 in der immer noch guten Zeit von 8:03:48 Stunden.
Elke Hiebl stark
Im Gegensatz zu ihrer gehandicapten Teamkameradin konnte Elke Hiebl ihr Tempo bei Kilometer 70 forcieren und arbeitete sich folgerichtig immer weiter nach vorne. Erst bei Platz zehn in der Klassezeit von 7:52:49 Stunden war schließlich Schluss, damit setzte sie sich mit ihrem internationalen Comeback in der aktuellen Deutschen Jahresbestenliste auf Platz zwei. Ebenfalls flott unterwegs waren Simone Stöppler und Marion Braun. Aufgrund des Fehlens geeigneter Gruppen hatten sich beide frühzeitig zusammengetan, um dem teils heftigen Wind zu trotzen und liefen ihr Rennen gemeinsam bis zum Finish in 8:19:45 Stunden.
Nicht von Glück verfolgt wurde Barbara Mallmann. Nach einer problemlos in cirka 4:17 Stunden absolvierten ersten Hälfte stellten sich extreme Magen-Darm-Probleme ein, die mehrere Pausen erforderlich machten und die angepeilte Endzeit von 8:40 Stunden außer Reichweite geraten ließen. Mit viel Durchhaltevermögen kam sie noch in 8:55:11 Stunden, immer noch deutlich unterhalb der 9-Stundenmarke, ins Ziel.
In der Summe der Zeiten der schnellsten drei deutschen Läuferinnen (Hiebl, Schönherr-Hölscher, Braun) ergaben diese Leistungen Platz 5 von 13 gestarteten Mannschaften mit rund 26 Minuten Rückstand auf das us-amerikanische Frauenteam, woran sich die Stärke der internationalen Konkurrenz ebenso deutlich ablesen lässt wie an dem Umstand, dass die elf erstplatzierten Frauen ihren Wettkampf alle unter acht Stunden beendeten.
Großartige Abschiedsvorstellung von Michael Sommer
Bei den Männern herrschte im DLV-Team ab Kilometer 80, die er in der Zeit von 5:33:07 Stunden passierte, große Spannung, ob es Michael Sommer bei seinem 21. und letzten Einsatz für den DLV noch einmal gelingen würde, eine Endzeit von weniger als sieben Stunden zu erreichen. Als er die neunte Runde beendete, war klar, dass den Schwaikheimer auch in diesem Rennen nur noch ein Unfall davon würde abhalten können, noch einmal unterhalb der begehrten 7-Stunden-Marke zu bleiben. Und so kämpfte er sich mit einer Schlussrunde von unter 42 Minuten noch auf Rang sieben in 6:57:01 Stunden vor, ein mehr als angemessener und würdiger Abschied nach 13 Jahren Teilnahme an internationalen Meisterschaften im Ultramarathonlauf.
Wer würde als nächster Deutscher das Ziel erreichen? Jörg Hooß hatte bei Halbzeit mit 3:29:10 Stunden noch auf Kurs um die sieben Stunden gelegen, im letzten Drittel das Tempo aber ein wenig herausnehmen müssen. Dafür lieferte Thomas König nicht weit hinter ihm ein konstantes Rennen ab und auch der nachfolgende Sven Kersten machte in der Schlussphase einen hervorragenden Eindruck und arbeitete sich Meter für Meter an seinen Teamkameraden heran.
Am Ende lief Jörg Hooß als zweiter Deutscher auf Rang 17 in 7:09:28 Stunden ein, nur fünf Minuten zurück belegte Sven Kersten in neuer persönlicher Bestzeit von 7:14:40 Stunden Platz 20. Thomas König hatte das Pech, auf den letzten Kilometern noch "kalt erwischt" zu werden, finishte mit 7:27:04 Stunden aber immer noch in einer ansprechenden Zeit.
DLV-Männerteam erringt unerwartet Bronze
Naturgemäß groß fiel die Freude im DLV-Team aus, als ein kurzes Durchrechnen ergab, dass man in der Mannschaftswertung Platz drei unter den 18 gestarteten Teams erreicht haben müsste. So war es dann auch und wie schon im vergangenen Jahr in Japan, als das DLV-Männerteam die Bronzemedaille gewonnen hatte, konnte die Siegerehrung auch diesmal mit deutscher Beteiligung durchgeführt werden.
Neuer Weltcupieger bei den Männern wurde der Franzose Yannick Djoujadi in 6:38:41 STunden, auf Platz zwei kam der Russe Oleg Kharitonov in 6:42:18 Stunden, zeitgleich gefolgt von seinem Landsmann Denis Zhalybin.
Bei den Frauen gewann Elisabeth Hawker mit gerade einmal vier (!) Sekunden Vorsprung vor der in den Schlussrunden noch einmal stark auftrumpfenden Monica Carlin, Dritte wurde Hiroko Sho in 7:32:04 Stunden.
Gelungener Saisonabschluss
Die Mannschaftswertung bei den Männern sicherte sich das Team von Russland (Kharitonov, Zhalybin, Izmailov) in 20:18:11 Stunden vor Frankreich (Djoujadi, Bachelier, Barcza) in 20:29:04 Stunden und dem deutschen Team (Sommer, Hooß, Kersten) in 21:21:09 Stunden.
Die Teamwertung der Frauen gewann Italien (Carlin, Sanna, Cavalli) in 23:24:30 Stunden, Platz zwei ging an Japan (Sho, Iwasaki, Yamazawa) in 23:28:37 Stunden vor Frankreich (Fricotteaux, Reymoneng-Maggiolini, Lelan) in 23:37:10 Stunden.
So lässt sich zum Saisonende das Fazit ziehen, dass die deutschen 100-Kilometer-Läuferinnen und –läufer nicht nur bei der Europameisterschaft im Juni im belgischen Torhout zu überzeugen wussten, sondern auch im Konzert der Weltelite gezeigt haben, dass sie mit der nötigen Disziplin sowie einem ausgeprägten Durchhaltevermögen durchaus mitspielen können.
Das DLV-Aufgebot:
Frauen: Birgit Schönherr-Hölscher (PV Tria Witten), Elke Hiebl (WSV Bodenmais), Marion Braun (SV Germania Eicherscheid), Simone Stöppler (SSC Hanau-Rodenbach) und Barbara Mallmann (LG Ahlen)
Männer: Michael Sommer (EK Schwaikheim), Jörg Hooß (LTF Marpingen), Thomas König (SuL Lößnitz) und Sven Kersten (SCC Berlin)