| Kurpfalz-Gala

DLV-Weitspringerinnen machen Lust auf mehr

Zuschauer und Athletinnen kamen aus dem Staunen kaum heraus: In Weinheim setzten die deutschen Weitspringerinnen am Samstag eine Topleistung nach der nächsten in die Grube. 6,88 Meter für Lena Malkus, 6,81 Meter für Malaika Mihambo, 6,72 Meter für Melanie Bauschke, 6,70 Meter für Sosthene Moguenara. Der Tag wird in Erinnerung bleiben – und macht Hoffnung für die kommenden Jahre.
Silke Morrissey

Seit 15 Jahren ist Uli Knapp jetzt Weitsprung-Bundestrainer der Frauen – doch so einen Wettkampf, den hat er noch nie gesehen. „Ich kann mich nicht erinnern, dass wir in einem Wettbewerb auf diesem Niveau jemals so eine Leistungsdichte hatten“, sagte er kopfschüttelnd, nachdem am Samstag in Weinheim gleich vier seiner Athletinnen 6,70 Meter und weiter gesprungen waren.

Es war wohl tatsächlich ein Tag für die Geschichtsbücher. Und einer, der richtungsweisend sein könnte im deutschen Frauen-Weitsprung. Denn es waren ausgerechnet die beiden jüngsten Athletinnen, die mit weiten Sätzen die beiden ersten Plätze unter sich ausmachten.

Spannung bis zum letzten Sprung

Der erste große Jubel war im Sepp-Herberger-Stadion schon im dritten Durchgang zu hören. Da hatte sich die Berlinerin Melanie Bauschke mit erfüllter EM-Norm von 6,72 Metern an die Spitze des Feldes gesetzt. Auch die Deutsche Meisterin Sosthene Taroum Moguenara aus Wattenscheid konnte anschließend mit 6,70 Metern eine beachtliche Weite verbuchen – die schließlich nicht einmal für die Top Drei reichen sollte.

In Runde fünf traf U20-Europameisterin Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) nämlich endlich das Brett, und das katapultierte sie hinaus bis auf 6,81 Meter – Bestleistung, EM-Norm und als Belohnung eine Umarmung von Cooly, dem Maskottchen der EM in Zürich, das ebenfalls den Weg nach Weinheim gefunden hatte.

Der Sieg jedoch, der ging an Lena Malkus. In Runde sechs packt die U23-Europameisterin regelmäßig ihre besten Versuche aus, und so war es auch am Samstag: 6,88 Meter, Bestleistung, EM-Norm und vorläufig der geteilte Platz eins der Welt.

Weitere EM-Normen nicht ausgeschlossen

Die jungen Athletinnen sorgen für Schwung im deutschen Weitsprung der Frauen, der ohnehin in der Dichte gut besetzt ist und mit Sosthene Moguenara seit dem vergangenen Jahr auch wieder eine Sieben-Meter-Springerin in seinen Reihen hat.

„Lena Malkus und Malaika Mihambo haben schon in der Jugend Weltklasse-Leistungen gezeigt. Es ist toll, dass sie so schnell den Sprung in die Aktivenklasse geschafft haben“, sagte Uli Knapp, für den die guten Sprünge in Weinheim keine Überraschung waren: „Die Athletinnen haben im Trainingslager auf Teneriffa durchweg sehr gute Leistungen gezeigt“, erklärte er.

Explizit bezog er damit auch Springerinnen wie Michelle Weitzel (SWC Regensburg) – Platz fünf in Weinheim mit Bestleistung von 6,66 Metern – oder Nadja Käther (Hamburger SV) ein, denen er ebenfalls die EM-Norm für Zürich (6,70 m) zutraut. In Lauerstellung außerdem: Ksenia Achkinadze (LG Eintracht Frankfurt) und Stefanie Voss (LAV Bayer Uerdingen Dormagen) - um nur einige Namen zu nennen.

Lena Malkus mit alternativer Saisonvorbereitung

Einziges Sorgenkind im Trainingslager auf Teneriffa war die Siegerin von Weinheim: Lena Malkus konnte aufgrund von Hüftbeschwerden sechs Wochen lang kaum trainieren. Nachdem Anfang März die Entscheidung gegen eine Operation gefallen war, stand zunächst nur Alternativtraining auf dem Programm. Erst als die ersten Sprungeinheiten gut verliefen fiel die Entscheidung für den Saisoneinstieg in Weinheim.

Ich wusste wirklich nicht, wie es hier wird“, sagte die 20-Jährige, die kurz nach dem Wettkampf noch kaum Worte fand für ihre Leistung, aber doch eingestand: „Vielleicht tut es dem Körper ganz gut, mal etwas kürzer zu treten – auch wenn man es in dem Moment nicht wahrhaben will.“

Wie es sich anfühlt, in Weinheim auf 6,80 Meter zu fliegen, wusste Malaika Mihambo schon vom Jahr zuvor. Da hatte allerdings der Wind mit 2,5 Metern pro Sekunde zu stark von hinten geblasen. Jetzt setzte sie bei fast Windstille noch einen Zentimeter drauf. Und verließ sich, nachdem ihr das Urteil über ihren Sprung schwer fiel, auf die Aussage ihres Trainers: „Der hat gesagt, das war noch nicht einmal mein bester Versuch.“

Wer fährt nach Braunschweig und Zürich?

Die beiden Talente haben mit ihren Leistungen vorläufig Sosthene Moguenara (6,79 m aus Doha) von der Spitze der deutschen Bestenliste verdrängt und sich damit auch für die Team-EM in Braunschweig (21./22. Juni) ins Spiel gebracht. Uli Knapp hat nun die Qual der Wahl – und ist auch für Zürich in der Luxusposition, mehr Athletinnen mit Norm als EM-Startplätze zu haben.

Auch das große Ziel scheint in greifbarer Nähe: Mit den männlichen Weitspringern gleichzuziehen und in großen internationalen Finals vorne mitzumischen. Die beste Platzierung der vergangenen Jahre: EM-Platz vier von Sosthene Moguenara 2012 in Helsinki (Finnland).

„Für Zürich reden wir nicht über Medaillen“, wiegelte Uli Knapp ab. „Wir wollen die Mädchen fit an den Start bringen. Und die Qualifikation hat’s dann in sich.“ Ist die aber erst einmal überstanden, ist ihnen viel zuzutrauen. Das bestätigte indirekt auch Uli Knapp: „Wenn die Mädchen gesund bleiben, können sie sich in der Weltklasse etablieren.“ Und sich dort wie in Weinheim gegenseitig zu Höchstleistungen anspornen.

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