Doha - Ein Erlebnis der neuen Art
Wenn man an Hallen-Weltmeisterschaften denkt, hat man Bilder von einer Leichtathletik-Halle im Kopf, in die die Sportler fliehen, um trotz des kalten Winters ihre Leistungen abrufen zu können. Draußen ist es kalt und unangenehm, drinnen ist es warm und die Sportler treiben sich in der aufgewärmten Halle zu Höchstleistungen an. So sah es zumindest in den letzten Jahren an verschiedenen europäischen Schauplätzen aus.
Doch dieses Jahr wird ab Freitag (12. März) alles anders, denn die Reise geht nach Doha (Katar) und dort wird das Bild von einer klassischen Hallen-WM mächtig umgekrempelt.Statt einer aufgewärmten Halle, werden die Sportler in einer klimatisierten Halle ihre Wettkämpfe bestreiten. Die Außentemperaturen von bis zu 30 Grad laden bereits zum intensiven Aufwärmen auf den Außenplätzen ein. Anstatt kahler Bäume ohne Blätter, prägen Wüstenlandschaften und Palmen die Umgebung und nach einer simplen Leichtathletik-Halle können die Zuschauer lange suchen, denn der Aspire Dome ist nicht zu vergleichen mit einer solchen klassischen Halle.
Ralf Iwan über Jahre in Doha
Einige Unterschiede also, auf die sich die Leichtathletik-Fans am nächsten Wochenende einstellen müssen. Eindrücke erwarten die Sportler sowie Zuschauer, die man sich nicht so einfach vorstellen kann. leichtathletik.de hat sich trotzdem schon vorher umgehört und mit Menschen gesprochen, die bereits ihre eigenen Erfahrungen sammeln konnten.
Ralf Iwan zum Beispiel lebte seit 2005 in Doha, um dort mitzuhelfen die Academy for Sports Excellence (Aspire) aufzubauen. Mit einiger Sport- und Auslandserfahrung ging es für den gebürtigen Düsseldorfer samt Familie in den Wüstenstaat. Begonnen hat die Sportkarriere von Ralf Iwan beim TSV Bayer Dormagen. Später ging es weiter mit einer Tätigkeit bei den UK Athletics in Manchester und der ASA Athletics in Südafrika.
Perfekte Förderung
„Im Jahr 2000 nach den Olympischen Spielen in Sydney habe ich das erste Mal von Aspire gehört. Katar war eine neue Herausforderung für mich und meine Familie. Schließlich war ich der erste Trainer an der Akademie“, erinnert sich Ralf Iwan. „Meine Aufgabe war also der strategische Aufbau. Am Ende hatte ich alleine 13 Leichtathletik-Trainer in meinem Team.“ Dazu gehörte auch der ehemalige DLV-Bundestrainer im Sprint und Hürdensprint, Uwe Hakus.
Die Akademie hat es sich als Aufgabe gemacht, die Jungen der Region zu fördern. In einem Internat bekommen die Kinder eine optimale Betreuung und werden in Sportarten wie Fußball, Squash, Tischtennis und Leichtathletik vorangebracht.
Aspire Dome mit eigenem Kraftwerk für Klimaanlage
Mädchen gibt es hingegen noch nicht an der Akademie, doch ein Schritt in die richtige Richtung ist erkennbar, denn es gibt bereits Talentsichtungen für Mädchen. „Allerdings muss dann ein separates Gebäude gebaut werden, denn die Jungen und Mädchen dürfen nicht in einem Gebäude untergebracht sein“, schildert Ralf Iwan die Schwierigkeiten angesichts der Religion.
Doch das dürfte für die Kataris kein Problem darstellen, denn innerhalb von nur wenigen Jahren entstand mit dem Aspire Dome die größte überdachte Sportstätte der Welt.
Unter einem frei schwebenden und 46 Meter aufragenden Dach von 250 Meter Spannweite beherbergen die beiden Hälften des Domes auf rund 290.000 Quadratmetern Fläche ein Fußballstadion, eine Leichtathletik-Arena mit 200-Meter-Bahn, ein Schwimmstadion, acht Fechtbahnen, zwei Sporthallen, drei Kampfsportplätze, 13 Tischtennisplatten und zwei Squashcourts. Insgesamt finden 15.000 Zuschauer in den unterschiedlichen Hallen Platz. Bei 50 Grad und mehr im Sommer liefert sogar ein eigenes Kraftwerk den Strom für die Klimaanlagen der Halle und der übrigen Gebäude.
Gute Möglichkeiten im Winter und im Frühjahr
Ralf Iwan ist dennoch nicht voller Lobes für den Aspire Dome. „Bei der Leichtathletik-Halle handelt es sich um eine Veranstaltungshalle“, weiß Ralf Iwan, der damals selbst beim Leverkusener Trainer Lezek Klima Stabhochsprung gelernt hat.
„Es kommen seit einigen Jahren viele internationale Leichtathletik-Teams wie jüngst die Stabhochspringer des TSV Bayer 04 Leverkusens nach Doha. Die Halle ist wie gesagt nicht optimal zum Trainieren. Aber jeder muss selbst wissen, wo er sein Team am weitesten bringen kann“, sagt Ralf Iwan. Dennoch sind die Trainingsmöglichkeiten sehr gut, denn im Winter und im Frühjahr kann man bereits draußen unter blauem Himmel aktiv sein. Im Sommer muss man dann jedoch in die klimatisierte Halle ausweichen.
Carolin Hingst fährt mit eigenen Erfahrungen
Diese Erfahrung hat auch die frischgebackene Deutsche Hallenmeisterin im Stabhochsprung, Carolin Hingst (USC Mainz), machen können. Sie war bereits mehrmals in Doha, unter anderem beim Super Grand Prix-Meeting. Den Aspire Dome hat sie jedoch noch nicht gesehen, da die Meetings im Freien stattgefunden haben. Dennoch freut sie sich auf die Hallen-WM am Wochenende. „Doha gefällt mir wirklich sehr gut, die Temperaturen im März sind angenehm, die Menschen sind freundlich und die Meetings waren durch viele deutsche Kampfrichter sehr durchorganisiert“, erinnert sich Carolin Hingst.
Einige lustige Geschichten hat die Mainzerin dann aber doch zu erzählen. „Einmal wollte ich um zehn Uhr morgens los zum Training! Da haben mich alle anderen Sportler im Hotel ausgelacht. Als ich draußen war, wusste ich warum. Bei der Hitze war es unmöglich draußen zu trainieren. Entweder man trainiert vor 8 Uhr morgens oder nach 18 Uhr. Dazwischen ist es auf der Straße leer und erst nachdem sich einträgliche Temperaturen eingestellt haben, beginnt das Leben in Doha.“
Ab 18 Uhr erst wieder ein Hauch von Leben
Auch von der Mentalität haben sich die Kataris an die Umstände angepasst. „Es war gar nicht mehr schlimm, als ich mit einem kurzen T-Shirt durch die Einkaufspassage gegangen bin. Durch den Tourismus sind sie bereits viel lockerer geworden“, beschreibt Carolin Hingst den Umgang der Kataris mit westlichen Gästen.
Diese Erfahrung hat Ralf Iwan ebenfalls gemacht. „Natürlich haben die Menschen in Doha eine arabische Mentalität. Aber auch meine Frau hatte keine Problem in all den Jahren.“ Der Manager hat in diesem Jahr jedoch seine Zelte in Doha abgebrochen. Es wurde eine neue Herausforderung gefunden und diesmal im heimischen Deutschland. Denn in Berlin hat Ralf Iwan nun eine neue Sportberatungsagentur gegründet, in die er all seine Erfahrungen mit einspielen lassen kann.
Selbst die Hallen-WM in der alten Heimat ist kein Thema. „Ich wollte dahin und mir das Spektakel ansehen, aber ein wichtiger Termin ist verschoben worden und so werde ich mir die Wettkämpfe nur vom Fernseher ansehen.“
Allein die beschriebenen Impressionen sind es wert, sich selbst ein Bild zu machen und sei es am nächsten Wochenende über die verschiedenen Medien.