Doha Tag drei - Hallen-Weltrekord zum Abschluss
Als die Hallen-WM schon Geschichte zu sein schien, bekamen die Titelkämpfe in Doha (Katar) noch unerwartet ihren Hallen-Weltrekord. Mit dem vorletzten Sprung der gesamten Dreisprung-Konkurrenz, die nach Ende aller Laufbewerbe noch in ihren letzten Zügen lag, sprang der Franzose Teddy Tamgho 17,90 Metern weit.
Der erst 20-Jährige übertrumpfte damit sensationell Aliecer Urrutia (Kuba) und Christian Olsson (Schweden), die sich beide bislang mit 17,83 Metern den Eintrag in den Rekordbüchern teilten. Obendrein entriss er dem Kubaner Yoandris Betanzos (Kuba) das schon sicher geglaubte Gold dieser Titelkämpfe."Ich kann meine Gefühle gar nicht in Worte fassen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich heute in der Lage bin, eine solche Leistung zu bringen", sagte Teddy Tamgho, "ich wusste aber, dass ich es drauf habe, denn schon im letzten Jahr hatte ich einen ungültigen Versuch nahe 18 Meter."
Drei Medaillen, acht Endkampf-Teilnahmen und nur wenige Enttäuschungen: Deutschlands Leichtathleten haben ihrerseits bei den Hallen-Weltmeisterschaften den Aufwärtstrend der Berliner WM bestätigt.
Positive deutsche Bilanz
Angeführt von den erfolgreichen Stabhochspringern und Kugelstoßern weckte das 17-köpfige Team des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) Hoffnungen für die Europameisterschaften vom 27. Juli bis 1. August in Barcelona (Spanien). „Der positive Leistungsschub hat sich fortgesetzt“, bilanzierte DLV-Sportdirektor Thomas Kurschilgen und freute sich nicht nur über die drei Medaillen: „Im Kugelstoßen und Stabhochsprung haben wir toll aufgetrumpft, aber auch viele andere Leistungen verdienen Anerkennung.“
Den Schlusspunkt wollte am letzten Tag die Magdeburger WM-Zweite Nadine Kleinert setzen, doch 19,34 Meter reichten angesichts der vielen 20-Meter-Stöße der Konkurrenz nur zu Rang fünf. Im letzten Versuch unterlag die seit 19. Dezember 2007 in 28 Finals ungeschlagene Olympiasiegerin und Weltmeisterin Valerie Vili (Neuseeland) der auf 20,85 Meter verbesserten Weißrussin Nadzeya Ostapchuk.
Flop von Yelena Isinbayeva
Größter Flop war am Sonntag wie bei der Berliner WM 2009 Yelena Isinbayeva. Russlands Olympiasiegerin und Titelverteidigerin blieb nach 27 Stab-Weltrekorden zwar nicht erneut ohne Anfangshöhe, wurde aber nur Vierte beim Sieg der Brasilianerin Fabiana Murer (4,80 m). Kristina Gadschiew (LAZ Zweibrücken; 4,40 m) kam auf Platz sieben.
Für Veronica Campbell-Brown zahlte es sich aus, dass sie zum ersten Mal seit vier Jahren wieder eine Hallensaison bestritt. Die Jamaikanerin bezwang über 60 Meter mit einer Verbesserung ihrer Bestzeit um vier Hundertstel auf 7,00 Sekunden die Favoritinnen LaVerne Jones-Ferrette (US-Jungferninseln; 7,03 sec) und Carmelita Jeter (USA; 7,05 sec). In der ewigen Weltbestenliste liegt Veronica Campbell-Brown nun auf Platz sechs.
18-jährige Äthiopierin stark
Die Hallen-Europameisterin Mariya Savinova taktierte sich in einem hochklassigen 800 Meter-Finale zu ihrem nächsten Erfolg unter dem Hallendach. Die Russin hielt sich zu Beginn des Rennens zurück, um dann auf der letzten Runde in 1:58,26 Minuten, der schnellsten Zeit des Winters, aber noch die Britin Jennifer Meadows (1:58,43 min; Landesrekord) niederzukämpfen. Dritte wurde die US-Amerikanerin Alysia Johnson (1:59,60 min), die lange die Führungsarbeit geleistet hatte.
Bei den Männern verteidigte auf dieser Strecke Abubaker Kaki (Sudan; 1:46,23 min) vor dem Kenianer Boaz Kiplagat Lalang (1:46,39 min) in überzeugender Manier seinen Titel.
Die erst 18-jährige Kalkedan Gezahegn (4:08,14 min) versetzte die äthiopischen Fans im 1.500-Meter-Finale in Ekstase. Auf den letzten fünfzig Metern überlief sie ihre Teamkollegin Gelete Burka (4:08,39 min), die dann sogar noch Silber an ihre spanische Rivalin Natalia Rodriguez (4:08,30 min) verlor. Nachdem sie im Vorlauf noch gestürzt war, avancierte Kalkedan Gezahegn nun zur jüngsten Hallen-Weltmeisterin aller Zeiten.
US-Frauenstaffel erstmals siegreich
Bernard Lagat wiederholte seinen Hallen-WM-Triumph von 2004. Mit einem unwiderstehlichen Antritt eingangs der letzten Runde legte er den Grundschein zu dem Erfolg über 3.000 Meter, den der US-Amerikaner in 7:37,97 Minuten ungefährdet vor Sergio Sanchez (Spanien; 7:39,55 min) nach Hause lief.
Zum ersten Mal reichte es in der Geschichte der Hallen-WM für die 4x400-Meter-Frauenstaffel der USA zum Titelgewinn. Angeführt von Schlussläuferin Allyson Felix stürmte das Quartett in 3:27,34 Minuten mit den Russinnen (3:27,44 min) im Nacken zu Gold. Die männlichen Kollegen machten in 3:03,40 Minuten den dritten Hallen-WM-Erfolg in Serie perfekt.
Auf der zweiten Hälfte der 60 Meter Hürden gab Terrence Trammell seinen dritten Hallen-WM-Titel trotz der Einstellung des US-Hallenrekords, der in 7,36 Sekunden am Ende für ihn zu Buche stand, noch aus der Hand. Der Kubaner Dayron Robles kam in der Schlussphase stark auf und leistete mit einem neuen Meisterschaftsrekord von 7,34 Sekunden zwei Jahre nach einem Fauxpas bei der letzten Hallen-WM in Valencia (Spanien) Wiedergutmachung.
Brittney Reese gewinnt Weitsprung
Bereits nach dem ersten Durchgang war im Weitsprung-Finale der Frauen die Medaillenvergabe beschlossene Sache. Danach konnte keine der acht Springerinnen an der Rangfolge von Freiluft-Weltmeisterin Brittney Reese (USA; 6,70 m) vor Titelverteidigerin Naide Gomes (Portugal; 6,67 m) und Keila Costa (Brasilien; 6,63 m) mehr etwas ändern. Den Männer-Hochsprung gewann der russische Favorit Ivan Ukhov (2,36 m), der Frankfurter Martin Günther (2,24 m) wurde Achter.
Zehn Jahres-Weltbestleistungen in 26 Disziplinen sprachen für das gute Niveau in Doha. Für Saisonbestmarken sorgten dabei auch Stabhochsprung-Überflieger Steven Hooker (Australien; 6,01 m), der schon bei Olympia und der Freiluft-WM in Berlin gewonnen hatte, sowie der wegen seiner Doping-Vergangenheit umstrittene britische 60-Meter-Sieger Dwain Chambers in 6,48 Sekunden.
Ashton Eaton grüßt aus Fayetteville
Steven Hooker war der einzige Olympiasieger und Weltmeister, der erneut gewann. In 24 Einzeldisziplinen landeten nur vier von acht Berliner Weltmeistern sowie fünf von zwölf Olympiasiegern auf Platz eins.
Einem Weltrekord nahe kam auch die Britin Jessica Ennis, die den Fünfkampf mit 4.937 Punkten gewann und dabei nur 54 Zähler hinter der 18 Jahre alten Bestmarke der Russin Irina Belova (4.991) lag. Siebenkampf-Sieger Bryan Clay (6.204 Punkte) wurde von einem jungen Landsmann im Fernduell düpiert: Ashton Eaton steigerte bei den US-College-Meisterschaften in Fayetteville (Arkansas) mit 6.499 Zählern unerwartet den Weltrekord von Dan O´Brien (ebenfalls USA; 6.476).
mit Material des Sport-Informations-Dienstes (sid)
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