Doppeltes Verletzungspech für Imke Onnen
Für Imke Onnen (LG Hannover) war in der abgelaufenen Saison ihre Mutter und Trainerin Astrid Fredebold-Onnen die treibende Kraft. „Sie hat mir vor Saisonbeginn 1,85 Meter als Ziel gesetzt.“ Als die 19-Jährige dann Mitte Mai tatsächlich 1,84 Meter sprang, war sie selbst überrascht. Drei Monate später jedoch ist vom Aufwärtstrend nichts mehr zu spüren. Bei der U20-Athletin schlug das Verletzungspech gleich doppelt zu. Die Hallensaison ist in Gefahr.
Eigentlich wollte sich Imke Onnen Ende August beim internationalen Hochsprung-Meeting in Eberstadt mit einer guten Höhe aus der Saison verabschieden. Es kam anders. Bei 1,80 Meter war für die deutsche U20-Hallenmeisterin Endstation. Unfreiwillig, da unter Schmerzen. „Ich bin verkehrt abgesprungen. Es war nicht das Saisonende für mich, was ich mir gewünscht hätte“, sagt die U20-Athletin und blickt etwas wehmütig zurück.Zudem ärgert sie sich immer noch, was sich nach dem Wettkampf abspielte. So wurde eine MRT-Untersuchung erst zwei Wochen nach dem Meeting durchgeführt. Die Diagnose: Riss der Außenbänder im rechten Sprungfuß. „Das kann schneller gehen.“ Auch wegen der anschließenden Behandlung unter anderem mit Lymphdrainagen. Der Heilungsprozess verlief dann alles andere als optimal. So bildete sich eine Delle am Knöchel, ein Bluterguss war erst nach zweieinhalb, drei Monaten wieder weg.
Den vermeintlichen Auslöser der Verletzung hatten ihre Eltern dann nach einem langen Videostudium ausgemacht. Immer und immer schauten sie sich das Video von Imkes letzten Sprung an. „Beim Absprung war der Rumpf nicht optimal im Schwerpunkt. Wir vermuten, das eine Rumpfschwäche die Ursache für den Unfall war“, analysiert ihre Mutter.
Riss in der Fußkapsel
Doch nicht nur die Außenbänder waren gerissen. Bei der Untersuchung wurde außerdem ein Kapselriss, den sie sich schon bei den U20-Europmeisterschaften in Rieti (Italien) zugezogen hatte, entdeckt. Erinnern kann sich Imke Onnen noch gut an den Moment in der Qualifikation als nichts mehr ging: „Ich bin mit dem Fuß abgesprungen, dann tat er plötzlich weh.“
Sie wurde gleich untersucht, ein Kapselriss indes nicht festgestellt. Stattdessen bekam sie die Diagnose, dass sich kleine Knöchelchen im rechten Sprungfuß verengt hätten. Doch nicht nur die Verletzung schmerzte, sondern auch das frühe Aus. Die übersprungene Anfangshöhe von 1,70 Meter reichten nicht, um ins Finale einzuziehen.
Silber bei der Jugend-DM - trotz Schmerzen
Trotz der Schmerzen sprang Imke Onnen nach der U20-EM weiter. Der Kalender gab dabei den Takt vor. Schließlich rief nur eine Woche später mit den Deutschen Jugendmeisterschaften in Rostock ein weiterer wichtiger Pflichttermin, den sie nicht verpassen wollte. „Ich war froh, dass ich höher als in Rieti gesprungen bin.“ Höher heißt 1,79 Meter. Und dazu noch höhengleich, aber aufgrund mehr ungültiger Versuche belegte Imke Onnen hinter Alexandra Plaza (LT DSHS Köln) den zweiten Platz.
Die anschließende Pause nutze die Nachwuchsathletin zur Regeneration. Der Fuß fühlte sich von Woche zu Woche immer besser an, so dass einem Start in Eberstadt nichts mehr im Weg stand. Der Wettkampf endete dann unter Schmerzen. „Ich habe sofort meinen Bruder Eike angerufen, um ihm von der Verletzung zu erzählen“, sagt Imke, die zu allen ihren vier älteren Geschwistern einen guten Draht hat.
Bruder Eike als Ruhepol
Besonders vor Wettkämpfen ist der große Bruder, ebenfalls Hochspringer und WM-Siebter 2007, ein guter Gesprächspartner. „Wir telefonieren immer vor dem Wettkampf. Eike ist der Ruhepol, der immer die richtigen Wort findet, um mich zu motivieren, aber auch zu beruhigen. Er ist 'der Weise', weil er als großer Bruder schon viel im Hochsprung erlebt hat“, sagt das Nesthäkchen der Familie. Doch nicht nur er, sondern die ganze Familie gibt ihr enorm viel Kraft, um auch schwierige Situationen durchzustehen.
Drei Monate sind seit der Diagnose vergangen. Vom stillen Beobachter ist die rothaarige Frohnatur inzwischen wieder in die aktive Rolle gewechselt. Das Training in der Gruppe, unter anderem mit ihrem Bruder Eike, verläuft für die quirlige Nachwuchsathletin noch im Sparmodus: leichter Hopserlauf, Handstand, Hock-Streck-Sprünge. Dafür sind die Krafteinheiten umso intensiver. Schließlich sei bei ihr durch die Verletzung und die anschließende Ruhepause einiges an Muskelmasse und an Schnelligkeit verloren gegangen.
EM kommt noch zu früh
Diese braucht die Nachwuchshoffnung in der kommenden Saison wohl noch mehr. Ihr steht dann nämlich der Wechsel in den Frauenbereich bevor. Die Hallensaison könnte aufgrund der Verletzung wohl noch ein bisschen zu früh kommen. Mutter Astrid plant sie trotzdem, aber nur „ganz vorsichtig“.
Hingegen sind die Europameisterschaften in Zürich (Schweiz, 12. bis 17. August) kein Thema. Schließlich soll sich Imke Onnen erst einmal im Frauenfeld etablieren und die Sprungkraft verbessern, um in den Sprüngen stabiler zu werden. Ihre Mutter weiß sie mit Sicherheit auch dafür erneut gut zu motivieren.