Dorcus Inzikuru auf den Spuren von John Akii-Bua
Der Empfang daheim in Uganda war phänomenal. Dorcus Inzikuru, Weltmeisterin über 3.000 Meter Hindernis, mobilisierte die Massen. Bei ihrer Rückkehr wurde sie gefeiert wie eine Königin. "Ich bin überwältigt", sagte die 23-jährige Läuferin, die für ein Novum gesorgt hatte. Sie ist die erste Leichtathletin ihres Landes, die Gold bei einer WM gewonnen hat, und auch die erste Weltmeisterin über 3.000 Meter Hindernis überhaupt.

Dorcus Inzikuru vor Glück am Boden (Foto: Kiefner)
Nach ihrer Ankuft auf dem Flughafen von Entebbe fuhr sie die 40 Kilometer lange Strecke in Richtung Kampala in einem Cabriolet. Zehntausende begeisterter Menschen standen Spalier am Straßenrand und jubelten ihr lauthals zu. Dorcus Inzikuru ist die neue Nationalheldin in dem afrikanischen Vielvölkerstaat! Eine Polizei-Eskorte aus Motorrädern musste ihr den Weg bahnen, hinter ihr folgten die Verbandsoberen und mehrere Fanbusse.Dorcus Inzikuru, in ihrer Heimat einfach nur "Inzi" genannt, war als Spitzenreiterin der aktuellen Weltjahresbestenliste und Vorlaufschnellste die große Favoritin im WM-Finale gewesen. Dem hohen Druck, der auf ihren schmalen Schultern lastete, hielt sie locker stand und triumphierte in 9:18,25 Minuten vor der Russin Jekaterina Volkova (9:20,49 min) sowie der Kenianerin Jeruto Kiptum (9:26,95 min).
Ein Traum
Es war die zweite WM-Medaille für Uganda überhaupt, nachdem der Viertelmeiler Davis Kamoga 1997 in Athen Silber über 400 Meter hinter US-Boy Michael Johnson errungen hat. Dorcus Inzikuru bewegte sich in der finnischen Metropole auf den Spuren des legendären und vor acht Jahren verstorbenen John Akii-Bua, der bei den Olympischen Spielen 1972 in München Gold über 400 Meter Hürden geholt hat.
Dessen Tochter Denise Akii-Bua freute sich mit der neuen Titelträgerin: "Der Traum meines Vaters war es immer, wieder jemanden aus Uganda Gold gewinnen zu sehen. Leider konnte er nicht mehr miterleben, wie sein Traum in Erfüllung geht."
In Helsinki sank Dorcus Inzikuru nach ihrem Sieg auf die Knie, reckte die Arme in die Höhe und dankte dem Himmelsvater, der ihr bei diesem historischen Coup Beistand geleistet habe. "Noch vorm Start habe ich zu Gott gebetet", berichtete die fromme Pfarrerstochter, "und er hat mein Flehen erhört."
Zahltag
Mit dem WM-Gold war für sie erst einmal auch ein großer Zahltag. Vom Weltverband IAAF gibt es 60.000 US-Dollar, ihr Ausrüster legt weitere 40.000 US-Dollar drauf. Doch selbst im Zeichen ihres Triumphes dachte sie an die Zukunft. "Ich möchte jungen Athleten helfen, damit es Nachfolger gibt, wenn ich eines Tages aufhöre."
Dorcus Inzikuru, ein zierliches Persönchen von gerade mal 1,56 Meter Körpergröße, hat Zeit ihres Lebens einen schweren Stand gehabt in einem Land, in dem noch immer viele Mädchen vergewaltigt werden. Weil sie verheiratet war, wollte man ihr sogar per Gesetz verbieten, international für Uganda zu laufen, bis die Regierung eine Ausnahmegenehmigung ausstellte.
Ein Auto, ein Haus, einen Diplomatenpass
Jetzt hat man von staatlicher Seite noch eins drauf gesetzt. Als Belohnung für ihren historischen Erfolg erhält sie ein Haus, ein Auto und einen Diplomatenpass.
"Dorcus hat stets um ihre Rechte kämpfen müssen", erklärte ihr italienischer Coach Renato Canova, der als Nationaltrainer des Ölscheichtums Katar auch den Doppel-Weltmeister über 3.000 Meter Hindernis, Saif Saaeed Shaheen, betreut.
Die erste Hindernis-Weltmeisterin der Geschichte möchte natürlich auch Olympia-Gold gewinnen. Ob ihre Disziplin auch bei den Sommerspielen 2008 in Peking im Programm angeboten wird, entscheidet das Internationale Olympische Komitee (IOC) im November.