Dr. Clemens Prokop: "Bedauere TV-Situation"
Nach den erfolgreichen Weltmeisterschaften in Berlin richtet sich für die deutsche Nationalmannschaft in diesem Jahr der Blick von der Hallen-WM bereits auf die Europameisterschaften in Barcelona (Spanien; 27. Juli bis 1. August). In Doha (Katar) hat leichtathletik.de mit DLV-Präsident Dr. Clemens Prokop über Erwartungen, mediale Probleme und Ziele gesprochen.
Herr Dr. Prokop, derzeit findet in Doha die Hallen-WM statt. Welche Erwartungen haben Sie persönlich an die Titelkämpfe?Dr. Clemens Prokop:
Die Hallen-WM wird medial in Deutschland nur sehr begrenzt wahrgenommen. In Folge von Verletzungsproblemen müssen wir in Doha auf einige Medaillenkandidaten verzichten, deshalb darf man jetzt nicht die Erwartungen zu hoch ansetzen. Ich bin mir aber sicher, dass wir besser als bei der letzten Hallen-WM in Valencia abschneiden.
Sie haben es bereits angesprochen. Nach Rekordquoten bei der WM in Berlin muss der TV-Zuschauer aus Deutschland nun auf TV-Bilder von der Hallen-WM verzichten. Was sind die Gründe hierfür?
Dr. Clemens Prokop:
Ich bin von vielen enttäuschten Leichtathletik-Freunden angesprochen worden, warum keine TV-Bilder in Deutschland zu sehen sind. Ich selbst bedauere es außerordentlich, dass es keine TV-Übertragung der Hallen-WM in Deutschland gibt, denn das ist der Bedeutung einer Hallen-Weltmeisterschaft nicht angemessen. In der heutigen Zeit kommt es auf dem TV-Markt immer darauf an, wer hat die Rechte. Die EBU (European Broadcasting Union), der Zusammenschluss der größten europäischen TV-Anstalten, hatte bis Ende letzten Jahres die Rechte. Inzwischen sind die Rechte durch die IAAF an die schwedische Agentur IEC in Sports vergeben worden, die die Rechte verkauft. Weder ARD noch ZDF haben jedoch die Rechte für die Hallen-WM erworben. Bezogen auf Europa halte ich aus meiner Sicht die Vergabepraxis der TV-Rechte durch die IAAF für kontraproduktiv, denn die Auswirkungen sehen wir in Doha.
Nach den erfolgreichen Weltmeisterschaften in Berlin ist nach all dem Jubel wieder der Alltag eingekehrt. Was erwarten Sie sich vom Leichtathletik-Jahr 2010 mit dem Saisonhöhepunkt in Barcelona im Sommer?
Dr. Clemens Prokop:
Die WM in Berlin hat gezeigt, dass unsere Sportart lebt und Begeisterung auslösen kann. Nach unserem erfolgreichen Auftritt in Berlin können wir in diesem Jahr selbstbewusst zur EM fahren. Unser Anspruch ist ganz klar: Wir wollen bei der EM ganz vorne landen. Dies ist unser Ziel, und ich bin optimistisch, dass wir das mit unseren Athletinnen und Athleten auch schaffen.
Nicht in allen Diziplinbereichen sieht es jedoch rosig aus. Was wird der DLV tun, um vor allem die Probleme im Laufbereich in den Griff zu bekommen?
Dr. Clemens Prokop:
Momentan haben wir eine sehr positive Entwicklung im Wurf- und Sprungbereich. Die Entwicklung im Laufbereich ist in der Tat nicht befriedigend. Wir müssen eine Offensive starten, um die vorhandenen Talente optimal zu fördern, damit wir mittel- bis langfristig unsere Ergebnisanteile im Laufbereich bei internationalen Meisterschaften deutlich verbessern. Eine wesentliche Aufgabe dabei ist es, die individuelle Förderung der Athleten zu verbessern - insbesondere die soziale und wirtschaftliche Situation der Sportler. Dies ist in der jetzigen wirtschaftlichen Situation nicht leicht, aber wir werden alles daran setzen, dieses Ziel zu erreichen.
Was wird Ihnen von Doha am meisten in Erinnerung bleiben?
Dr. Clemens Prokop:
Sportanlagen wie hier in Doha der Aspire Dome sind einmalig. Da bleibt kein Wunsch offen. Das sind ideale Rahmenbedingungen für Spitzensportler. Ich würde mir wünschen, wir hätten auch in Deutschland solche Anlagen, denn hier wurde ein Komplex geschaffen, der alle Voraussetzungen bietet, um Leistung optimal zu entwickeln.
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