| Senioren - Interview

Dr. Silke Keller: "Sportbezogene Tätigkeit wird im Alter immer wichtiger"

In Ihrem Buch "Senioren-Leistungssport – Motive und Einstellungen - beantwortet Dr. Silke Keller unter anderem die Frage, was Senioren zum regelmäßigen intensiven Training treibt. Im Interview erklärt die Wissenschaftlerin und heutige Trainerin, ihre Beweggründe für die Studie, wie ungebrochen der Ehrgeiz auch im fortgeschrittenen Alter sein kann und welchen großen Mehrwert die Senioren-Leichtathletik für die aktiven Sportler mit sich bringt.
Jörg Erdmann

Was hat Sie motiviert dieses Thema für Ihre Promotion auszuwählen?

Dr. Silke Keller:

Seit Beginn meiner eigenen sportlichen Laufbahn im Alter von 12 Jahren bei Eintracht Hildesheim sind mir auf dem Sportplatz Athleten jenseits der 40er aufgefallen, die wie ich mehrmals in der Woche aktiv waren und sich auf Wettbewerbe vorbereiteten. Ich habe mich bereits damals gefragt, sind die nicht einmal satt, sich zu quälen? Für mich persönlich war kurz vor 30 beruflich, familiär und aus sportlicher Perspektive die Einsicht gereift, dass ich die 12,0 auf 100 Meter aus der Junioren-Zeit nicht mehr erreiche und somit ein Grund vorlag, den zeitintensiven Wettkampfsport aufzugeben. Dem Reiz des Messens im Wettkampf gehe ich seither weniger zeitaufwendig als Sportschützin nach. Doch die Frage nach dem Engagement hat mich seit den 80ern stets begleitet.

Wie sind Sie bei Ihrer Recherche vorgegangen und wie lange haben Sie an Ihrem Buch geschrieben, das letztes Jahr im Arete-Verlag erschienen ist?

Dr. Silke Keller:

Die Recherche hatte ich in den vergangenen Jahren quasi nebenbei. Das Thema lag in meiner geistigen Schulblade. Denn als Senioren-Trainerin im Pulheimer SC während des Kölner Studiums und später als Übungsleiterin in Hildesheim sowie als Redakteurin hatte ich fast durchgängig Kontakt in die Szene. Die Erarbeitung des Fragebogens sowie die Auswertung samt Schreibens haben drei Jahre gedauert.

Wie wichtig ist der Leistungssport für Senioren und Seniorinnen unter dem Aspekt Bewegung und Sport?

Dr. Silke Keller:

Jede Art von sportbezogener Tätigkeit wird im Alter immer wichtiger. Egal, ob unter der Motivation einer Wettkampf-Teilnahme oder abseits leistungssportlicher Ambitionen weisen Studien mehr und mehr den positiven Erhalt kognitiver Fähigkeiten im Alter durch regelmäßige Bewegung nach. Dies sollte für sämtliche sportliche Felder ein Anlass sein, Männer und Frauen ab der zweiten Lebenshälfte in Bewegung zu bringen und zu halten. Durch das systematische Training der Senioren-Athleten sehe ich vor allem nach dem Eintritt in die Rente einen wertvollen Baustein für lange Lebensfreude, eine Struktur im Alltag, die gleichzeitig Lebensqualität und lang anhaltende Unabhängigkeit liefert. Nachmittags wird zusammen trainiert, abends gehen die Alterssportler zusammen ins Theater. So wird das soziale Miteinander in Gesellschaft erhalten. Über diese Teilhabe verfügen viele ältere Menschen aus verschiedensten Gründen leider nicht (mehr).

Wie verbissen sehen Senioren und Seniorinnen unter Konkurrenzaspekten ihren Sport bei nationalen und internationalen Meisterschaften?

Dr. Silke Keller:

Der Leistungswille und/oder das Streben nach Erfolg sind den untersuchten Charakteren eigen (bei Männern ausgeprägter als bei Frauen), sonst würden sie nicht starten. Das gilt für nationale Events (höheres Niveau, da Qualifikationsnormen) wie auf internationaler Bühne. Ein Platz auf dem Treppchen ist das Ziel. Verbissenheit im Sinne von Übermotivation kennen wir von Jugendlichen und jungen Erwachsenen ebenso. Eine gesunde Portion ist förderlich, zu stark ausgeprägt kann sie allerdings leistungslimitierend werden. Ein qualifizierter Übungsleiter sollte steuernd einwirken und Überforderung im Training durch Übereifer entgegentreten bzw. er sollte versuchen, die Verbissenheit auf ein gesundes Niveau zurückzuschrauben.

Was waren Ihre wichtigsten Erkenntnisse nach Abschluss Ihrer Promotion?

Dr. Silke Keller:

Die Senioren-Athleten sind gesundheitsbewusster als ich im Vorfeld angenommen habe. Leider bevorzugen zu viele (Männer) das Training außerhalb eines Vereins. Doch das ist auch bei jüngeren Menschen leider ein Trend. Die Lebensfreude und das sportbezogene Engagement der Athleten sind es Wert, diesen Alterssport weiter zu fördern. Auch gemischte Gruppen aus Wettkämpfern und nur Trainierenden sind denkbar, um die zufriedene, wertvolle Gemeinschaft vielen Akteuren zugänglich zu machen.

Eine Vorstellung der Studie "Senioren-Leistungssport – Motive und Einstellungen" und der wichtigsten Ergebnisse folgt...

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