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Dreimal Deutsche Meisterschaften in Erfurt: Unsere Top 10

Jagd auf Titel, Medaillen, Bestleistungen, wichtigster Qualifikationswettkampf für die WM in London und Familienfest der deutschen Leichtathletik: Die Deutschen Meisterschaften am 8. und 9. Juli in Erfurt sind ganz klar der Höhepunkt des nationalen Leichtathletikjahres. Nach zehn Jahren kehrt die DM ins Steigerwaldstadion zurück. Es ist zugleich die vierte DM in Thüringens Landeshauptstadt. Wir haben eine persönliche Top 10 der Höhepunkte der Erfurter Meisterschaften aus den Jahren 1994, 1999 und 2007 zusammengestellt.
Martin Neumann


Erstmals wurden 1994 Deutsche Meisterschaften in Erfurt ausgetragen. Nach der grandiosen Leichtathletik-Weltmeisterschaft zehn Monate zuvor in Stuttgart pilgerten rund 40.000 Fans zur damals noch dreitägigen DM ins Steigerwaldstadion. Es waren gleichzeitig die ersten nationalen Titelkämpfe der Frauen und Männer nach der Wiedervereinigung in den neuen Bundesländern. Fünf Jahre später war Erfurt erneut DM-Ausrichter, 2007 zum dritten Mal. <link>Wir blicken zur Einstimmung auf die Deutschen Meisterschaften am 8./9. Juli auf die bisherigen Austragungen im Steigerwaldstadion zurück und präsentieren unsere persönliche Top 10. Vielleicht erinnern Sie sich ja auch gern an das eine oder andere Highlight und manche Kuriosität.

1. Helga Radtke und Heike Drechsler in Fluglaune

Eine Dreispringerin krönt die erste DM in Erfurt: 1994 segelt Helga Radtke (LAC Quelle Fürth/München 1860) auf 14,46 Meter und verbessert ihren eigenen deutschen Rekord um 16 Zentimeter. Erst 17 Jahre später steigert Katja Demut die Bestmarke (TuS Jena) auf 14,57 Meter. Auch im Weitsprung gibt’s eine Weltklasseleistung. Olympiasiegerin Heike Drechsler (TuS Jena) fliegt auf 7,13 Meter. Schon die Qualifikation (!) am Freitag hatte die Weltmeisterin von Stuttgart mit 6,94 Metern dominiert.

2. Stab-Artisten im Höhenrausch: Vier über 5,80 Meter

War das ein Wettkampf! 1999 nahm der Stabhochsprung der Männer schier kein Ende. Tim Lobinger (ASV Köln), Michael Stolle, Danny Ecker (beide TSV Bayer 04 Leverkusen) und Andrei Tivontchik (USC Mainz) meistern allesamt 5,80 Meter. Doch danach ist das Ringen um den Titel noch lange nicht vorbei. Tim Lobinger erwischt einen Sahnetag und überfliegt sogar 5,90 Meter. Schon fünf Jahre zuvor lag er im Steigerwaldstadion mit 5,55 Metern vorn – damals der zweite von neun DM-Titeln für den Sechs-Meter-Springer. Es folgen Michael Stolle und Danny Ecker mit jeweils 5,85 Metern. Dem heutigen Frauen-Bundestrainer Andrei Tivontchik bleibt trotz der Weltklasseleistung von 5,80 Metern nur „Blech“.

3. Medaillen-Kampf über 24 Stunden

Auch 2007 schreiben die Stabhochspringer eine besondere Geschichte. Schuld ist der Wettergott. Aufgrund heftiger Regenschauer muss der Wettkampf am Samstag viermal unterbrochen werden, eher dieser ganz abgebrochen und auf Sonntag verlegt wird. Die Titelanwärter Tim Lobinger (ASV Köln) und Björn Otto (TSV Bayer 04 Leverkusen) kommen nach der Verlegung nicht ins Fliegen und verabschieden sich mit einem „Salto Nullo“. Der DM-Titel geht mit 5,70 Metern an den Leverkusener Danny Ecker vor dem höhengleichen Björn Otto (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen).

4. Heppenheimer Staffel rennt ohne gelernte Sprinter zu Gold

1994 zeigt der TV Heppenheim den Sprint-Hochburgen die Hacken. In der mit 39,89 Sekunden siegreichen 4x100-Meter-Staffel steht kein gelernter Sprinter, sondern der deutsche Rekordhalter über 110 Meter Hürden, Florian Schwarthoff, sowie die zwei Weitspringer Christian Thomas und Alexander Bub und Zehnkämpfer Thorsten Dauth. Die Hessen glänzen an den drei DM-Tagen ohnehin. Florian Schwarthoff gewinnt bei Gegenwind in 13,34 Sekunden den Hürdentitel, Weitsprung-Vizemeister Georg Ackermann (8,12 m) und Christian Thomas (8,01 m) als Vierter fliegen über die Acht-Meter-Marke, Alexander Bub (7,64 m) wird Achter.

5. Bejubelte Sieger beim DM-Heimspiel

Noch lauter als sonst ist der Jubel, wenn Erfurter Athleten den DM-Titel in ihrem Stadion holen. Den Anfang macht Martin Strege (ESC Erfurt) 1994 mit seinem Hindernissieg in 8:30,30 Minuten. Ein Jahr vor seinem Olympiasieg gewinnt Nils Schumann (SV Creaton Großengottern) 1999 in 1:45,78 Minuten 800-Meter-Gold, während Konstantin Krause (LG Ohra/Hörsel) auf 8,21 Metern fliegt und den Weitsprung für sich entscheidet. 2007 setzt sich Dreispringer Andreas Pohle (ASV Erfurt) mit 16,65 Metern durch, und Ulrike Urbansky (Erfurter LAC) krönt den DM-Titel über 400 Meter Hürden mit starken 55,21 Sekunden.

6. Edgar Itt überrascht Fans, Funktionäre und sich selbst

„Du kannst froh sein, wenn du mit deinen künftigen Kindern spazieren gehen kannst“, sagten die Ärzte 1991 nach der Schock-Diagnose Arthrose in den Fußgelenken zu Edgar Itt. Der Kämpfer auf der Hürdenrunde ließ sich davon allerdings nicht unterkriegen und nahm auch dieses Hindernis. Drei Jahre später lief Edgar Itt, der am gestrigen Donnerstag (8. Juni) übrigens 50 Jahre alt geworden ist, in Erfurt mit 48,48 Sekunden seine Karrierebestzeit und auf Platz zwei der ewigen deutschen Bestenliste hinter seinem Mentor Harald Schmid (47,48 sec). Auf Rang zwei kommt in Erfurt mit Respektsabstand Titelverteidiger Michael Kaul (USC Mainz). Auch der Vater des amtierenden U20-Weltmeisters im Zehnkampf, Niklas Kaul (USC Mainz), läuft in diesem Rennen mit 49,55 Sekunden die schnellste Zeit seiner Karriere.

7. Pfeilschnelle Sprint-Double

Zwar haben die Sprinter bei den DM-Entscheidungen in Erfurt nicht immer Glück mit dem Wind, trotzdem gibt‘s einige herausragende Leistungen. Melanie Paschke (LG Braunschweig) gewinnt 1994 die 100 und 200 Meter in den Weltklassezeiten von 11,20 und 22,45 Sekunden. Ans Tor zur Weltspitze klopft fünf Jahre später Stefan Holz (VfL Sindelfingen) mit 45,19 Sekunden über 400 Meter, auch über 200 Meter (20,68 sec) ist er nicht zu schlagen. 1994 geht der 200-Meter-Titel in 20,60 Sekunden und Silber über 100 Meter (10,43 sec) an Michael Huke (TV Wattenscheid 01). Vielleicht tritt ja Sohn Maurice<link> am 8./9. Juli nach hoffentlich erfolgreicher Genesung eines Schlüsselbeinbruchs in die Fußstapfen des schnellen Vaters?

8. Rekord-Weltmeister muss sich im Diskus-Krimi mit „Blech“ begnügen

Die Diskus-Hünen pushen sich 1999 zu Höchstleistungen. In einem Wettkampf von Weltformat verpasst ausgerechnet Rekord-Weltmeister Lars Riedel (LAC Erdgas Chemnitz) mit 65,78 Metern als Vierter das Podest. Der DM-Dritte Michael Möllenbeck (TV Wattenscheid 01) wirft winzige zwei Zentimeter weiter, Vizemeister Andreas Seelig (USC Mainz) ist fünf Zentimeter besser. Welche im Krimi! Ganz vorn gewinnt Jürgen Schult (SC Riesa) mit 66,47 Metern Gold. Für den Weltrekordler und Leitenden Bundestrainer Wurf ist es – 16 Jahre nach dem Gewinn seiner ersten von acht DDR-Meisterschaften – der erste und einzige DM-Titel bei DLV-Meisterschaften. Bei der anschließenden WM in Sevilla ein ähnliches Bild: Jürgen Schult gewinnt hinter Überraschungsweltmeister Anthony Washington (USA; 69,08 m) Silber vor Lars Riedel (68,09 m). Michael Möllenbeck (64,90 m) wird Fünfter.

9. Speerwerferinnen dreimal im Weitenrausch

Die damals amtierende Speerwurf-Europarekordlerin zeigt 2007 ihre Klasse: Christina Obergföll wirft das 600-Gramm-Gerät auf 66,59 Meter und hat damit fast zehn(!) Meter Vorsprung auf die Konkurrenz. Im Wettkampf um Silber setzt sich im Leverkusener Duell Annika Suthe (56,88 m) gegen die spätere Europameisterin Linda Stahl (55,89 m) durch. Bei den vorangehenden zwei Erfurter Meisterschaften geht’s sogar noch weiter. 1994 gewinnt Karen Forkel (SV Halle) mit 67,72 Metern vor Tana Damaske (OSC Berlin; 64,24 m). Die dreht fünf Jahre später mit 66,91 zu 65,17 Metern den Spieß um.

10. Titelträger von 2007 auch dieses Jahr im DM-Rennen

Zehn Jahre sind die letzten Deutschen Meisterschaften im Steigerwaldstadion nun her. Eine lange Zeit im schnelllebigen Sportlerleben. Doch es werden sich noch einige Titelträger von damals am 8. und 9. Juli der mittlerweile deutlich jüngeren Konkurrenz stellen. Allen voran: „Sprint-Altmeister“ Alexander Kosenkow. Der nimmermüde Wattenscheider schnappt sich 2007 als frischgebackener 30-Jähriger in 10,35 Sekunden den 100-Meter-Titel. Zwei Jahre vor seinem ersten WM-Titel 2009 in Berlin gewinnt Diskuswerfer Robert Harting (SCC Berlin) mit 63,79 Metern seine erste von mittlerweile neun DM-Goldmedaillen. Bei den Frauen könnten in diesem Jahr Sabrina Mockenhaupt (LT Haspa Marathon Hamburg) auf den 5.000 Metern und Stabhochspringerin Silke Spiegelburg (TSV Bayer 04 Leverkusen) erneut mit von der Partie sein. 2007 setzten sie sich mit 15:23,71 Minuten bzw. 4,50 Metern durch.

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