| Auf der Höhe

Eike Onnen hat seine Sprungfedern wiederentdeckt

Zwei Jahre war Hochspringer Eike Onnen weg vom Fenster. Nach 2012 hat der 32-Jährige keine Wettkämpfe mehr über 2,12 Meter bestritten, der Leistungssport stand vorübergehend nicht mehr im Fokus. Spätestens seit seinem Flug über 2,32 Meter am vergangenen Sonntag in Bühl ist das Feuer für den Sport wieder entflammt, die WM-Norm für Peking (China; 22. bis 30. August) geschafft. Nächstes Jahr will er seine erste Teilnahme bei Olympischen Spielen erleben.
Pamela Ruprecht

Laute Musik und das rhythmische Klatschen der Zuschauer haben Eike Onnen beim Hochsprung-Meeting in Bühl aus der Kurve raus über 2,32 Meter getragen, den zweitbesten Sprung seiner Karriere (<link https: www.facebook.com videos _blank>Facebook-Video). Der Hannoveraner konnte seinen Wunsch-Song auflegen lassen und seinen Anlauf daran anpassen. „Das gibt einem auf jeden Fall einen zusätzlichen Motivationsschub“, sagt der fünfmalige Deutsche Meister über diese speziellen Meetings. Der Jubel war groß.

In einer ähnlichen Atmosphäre war der WM-Siebte von Osaka (Japan) 2007 in Garbsen seine bis dato bestehende Bestleistung gesprungen: 2,34 Meter, ebenfalls auf einer leicht abschüssigen Anlage. Ein Jahr später musste er seine Olympia-Teilnahme in Peking (China) kurzfristig wegen einer Fußverletzung absagen, danach übertraf er – bis zu diesem Jahr - nur noch 2011 einmal die 2,30-Meter-Marke. Welche Parallelen gibt es sonst zu seinem erfolgreichsten Jahr?

Überwältigender Moment

Der Anlauf von 2007 und 2015 sei ziemlich ähnlich, vergleicht Eike Onnen. Unterschiedlich dagegen seine Technik: „Sit and Kick“ heißt das Zauberwort, mit dem er in Garbsen über seine persönliche Bestmarke geflogen war. „Ich habe mir damals mehr Zeit gelassen, über der Latte zu rotieren, und dann über der Latte einen Kick gemacht.“ Momentan springt er einen Standard-Flop ohne diesen Kick, an dem er aber noch arbeiten will. „Das ist super, dass es noch etwas zu verbessern gibt.“

Schon mit der konventionellen Technik hatte Eike Onnen in Bühl knapp gerissene Versuche über 2,35 Meter. Vielleicht auch, weil er von seinem Sprung vorher über die WM-Norm (2,30 m) in diesem Moment noch so überwältigt war. „Ich hatte ganz viel Adrenalin in mir und war erstaunlicherweise ziemlich kaputt nach dem Sprung, weil die Situation so besonders war“, beschreibt er das Gefühl.

Nach den zwei Jahren Durststrecke war sich der EM-Zehnte von 2012 selbst nicht sicher, ob er jemals wieder zu solchen Höhen zurückkehren könne. Kleinere Wehwehchen und der Fokus auf das Bachelor-Studium an der Polizeiakademie in Niedersachsen begleiteten ihn die letzten Jahre im Training, mit größeren Höhen kam er nicht klar. „Mein Kopf ging irgendwie nicht Richtung Wettkämpfe in dieser Zeit.“

Spaß und Lockerheit zurück

Es gab kein spezielles Ereignis, das die Aufmerksamkeit von Eike Onnen wieder voll auf den Sport lenkte. „Es war einfach so, dass ich es für mich selbst noch einmal probieren wollte. Ich hatte wieder Spaß am Training und an Technikeinheiten“, erklärt der Deutsche Hallen-Vizemeister von Karlsruhe. Die Konzentration kam zurück und die nötige Lockerheit, je besser er über die Latte flog.

Durch verletzungsfreies, kontinuierliches Training ging es mit neuem Selbstvertrauen schrittweise nach oben. „Der Körper gibt wieder alles her“, und auch mental hat er sich mit größeren Höhen angefreundet. Gleich am Mittwoch beim Hochsprung-Meeting mit Musik in Köln floppte er das nächste Mal über 2,30 Meter und bestätigte die WM-Norm.

Familien-Training

Gemeinsam mit seiner Schwester Imke, die trotz einer kleinen Verletzungspause (Ermüdungsbruch) nach ihrem Titel bei der Hallen-DM die U23-EM-Qualifikation (1,86 m) für Tallinn erreichte, trainiert Eike Onnen in der Gruppe seiner Mutter Astrid. „Momentan läuft es bei uns beiden sehr, sehr gut. Anscheinend haben wir etwas richtig gemacht“, sagt er mit einem Lachen. Das Geheimrezept: die ausgelassene Stimmung.

Im Training überquert er derzeit locker 2,20 Meter. In Richtung Bestleistung reizt er es dort nicht aus. Es geht für ihn eher darum, das Feeling für den Anlauf zu bekommen und sich richtig zu treffen. Dafür braucht es nicht unbedingt die großen Höhen. Den entscheidenden Schub bringt schließlich die Konkurrenzsituation. „Ich bin eher ein Wettkampf-Typ“, sagt der Fünfte der U23-EM von 2003.

Bestleistung in Peking?

Eike Onnen sagt von sich selbst, er sei im Vergleich zu seinen früheren Karriere-Tagen deutlich robuster geworden, was die Anzahl der Sprünge auf hohem Niveau betrifft. Sein Ziel ist es, regelmäßig über 2,30 Meter zu fliegen. „Mehr darf man nach den zwei Jahren auch nicht erwarten.“

Doch eine neue Bestmarke hält er dieses Jahr noch für möglich. Eine gute Gelegenheit wäre die WM in Peking, auf die er sich sehr freut. „Dort will ich versuchen Bestleistung zu springen, was man bei so einem Großereignis immer sollte.“ Fügt aber an, dass er nicht unzufrieden sein sollte, wenn es nicht klappt.

Eike Onnen wird dieses Jahr 33 Jahre alt, „schon ein Oldie auf jeden Fall“ unter den Top-Athleten, sagt er mit Humor. Seine Pläne gehen bis 2016, wenn er seine erste Teilnahme an Olympischen Spielen angehen will. Diese Saison war in erster Linie als Grundlage für Rio (Brasilien) gedacht, sich mental und physisch zurück zu tasten. Dafür, dass es ein Übergangsjahr ist, „läuft es momentan überragend.“

Mehr:

<link news:41823>Eike Onnen fliegt über 2,32 Meter
<link news:41897>Tamberi siegt in Köln - Onnen über 2,30 Meter

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