Ein Bayer zieht von Aachen nach Neubrandenburg
Die Schlagzeile verbirgt einige Rätsel, lässt sich aber schnell erklären. Bayer kommt nicht aus Bayern, sondern er heißt Sebastian Bayer und ist ein 17-jähriger Weitspringer. Bei den Deutschen Hallen-Jugendmeisterschaften am vergangenen Samstag in Neubrandenburg sprang er mit 7,53 Metern zur Goldmedaille. Soweit der sportliche Fakt.
Sebastian Bayer wird in Neubrandenburg heimisch (Foto: Klaue)
Sebastian Bayer hat bis zum Dezember 2003 in Aachen gelebt, gelernt und Sport in der LG Euregio getrieben. Anfangs hatte es ihm der Mehrkampf angetan, doch vor allem die 1500 Meter und der Stabhochsprung gehörten nicht zu seinen Lieblingsdisziplinen. "So wandte ich mich immer mehr dem Weitsprung zu". Und das mit Erfolg, denn im Sommer 2003 holte er sich bei den B-Jugendmeisterschaften in Fulda den Titel mit 7,26 Metern. Hatte er bis dahin ausreichend Zeit zum Training, drohte im Herbst der Bruch. Eine Tischlerlehre sollte er beginnen, doch das hätte nur schlecht zum sportlichen Tun gepasst. Sein Heimtrainer Joachim Schulz grübelte über einer Lösung.
Von West nach Ost
Und manchmal gibt es eben im Leben wundersame Zufälle. Joachim Schulz, der früher mal in Erfurt als Hochsprung-Trainer tätig war, hat - kein Zufall - ganz persönliche Bindungen zu Neubrandenburg. Dort arbeitet seine Frau als Lehrerin am Sportgymnasium, das sich gleich neben dem Jahn-Sportforum, der Austragungsstätte dieser jüngsten Jugendmeisterschaften, befindet. Über sie wurden die Kontakte zu den Neubrandenburger Verantwortlichen geknüpft, der Gedanke eines Wechsels von West nach Ost wurde schnell zur Realität. Auch wenn heutzutage der Hauptstrom der Jugendlichen wegen der besseren Arbeitsmöglichkeiten in die umgekehrte Richtung geht.
Sebastian Bayer hatte keine Angst vor einem Wechsel: "Ich sah die sportlichen Möglichkeiten und auch die schulischen, denn in Neubrandenburg werde ich mein Abitur machen".
Und ein Trainer wurde schnell gefunden, Dr. Klaus Schlottke nahm ihn in seiner Trainingsgruppe auf. Und, Parallelität der Ereignisse, der ist auch erst seit knapp einem Jahr in Neubrandenburg. Zuvor war er 29 Jahre als Trainer in Rostock tätig, trainierte unter anderem den Weitspringer André Müller (8,11), Dreispringer Karsten Richter (16,95), Weit- und Dreispringerin Helga Radtke (7,21/14,46) sowie auch Zehnkampfolympiasieger Christian Schenk im Hochsprung.
Das Balken-Problem
Die erste große Bewährungsprobe als Sportler des SC Neubrandenburg folgte nun, wieder ein Zufall - in der neuen Heimat. Sebastian Bayer wollte eine Medaille, rechnete aber mit starker Konkurrenz. "Wenn er den Absprungbalken trifft, kann er 7,50 Meter springen", orakelte Trainer Dr. Klaus Schlottke zuvor. Dann zitterte der Trainer sechs Durchgänge lang mit seinem Schützling, weil dieser nie den 20 cm breiten Balken traf. Und trotzdem wurden es 7,53 Meter. "Aber vielleicht ist es besser, dass ich jetzt noch nicht die 7,70 Meter geschafft habe, denn dann wäre ich vielleicht dieser Weite erfolglos hinterhergesprungen", fand Sebastian Bayer noch etwas Positives daran.
Nun wird es zumindest vom Kopf her leichter, in der Freiluftsaison die JWM-Norm von 7,55 Metern zu packen. Sebastian Bayer muss ja "nur" den Balken treffen. Und dass er sich schnell in Neubrandenburg heimisch fühlt, ist nach diesem Goldsprung keine offene Frage mehr.