Ein ganzer Verein startet bei der WM
Das Team Referenznetzwerk Leverkusen ist der Verein mit der besten WM-Quote - wahrscheinlich weltweit. Drei Leute: Weitspringer Nils Winter, Dreispringer Charles Friedek und Trainer Sebastian Hess. Das sind alle Athleten und Trainer des Vereins. Seit dem 2. August steht fest: Das komplette Team fährt zu den Weltmeisterschaften nach Berlin (15. bis 23. August).
Gestatten: Nils Winter, Weitspringer, 32 Jahre, Bestleistung 8,21 Meter. Charles Friedek, Dreispringer, 37 Jahre, Bestleistung 17,59 Meter. Sebastian Hess, Trainer, 32 Jahre. Zusammen sind sie ein Club. Während es genügend Vereine in Deutschland gibt, die mehr als hundert Mitglieder haben und davon träumen würden, zumindest einen WM-Teilnehmer zu haben, fährt das Team Referenznetzwerk Leverkusen in voller Montur in die deutsche Hauptstadt.Erst seit zwei Jahre existiert das Team und ist eher aus der Not geboren. Bernd Knut, der bis dahin Nils Winter und Charles Friedek trainiert hatte, zog sich in den Ruhestand zurück. Das Duo suchte einen neuen Trainer und wurde schnell in Sebastian Hess fündig. „Wir haben die gleiche Trainingsphilosophie und waren uns schnell einig“, sagt Sebastian Hess, der zu dem Zeitpunkt genau wie Charles Friedek und Nils Winter für den TSV Bayer 04 Leverkusen seine Schuhe schnürte.
Während sich das Trio über die Zusammenarbeit einig war, legte der TSV Bayer 04 Leverkusen sein Veto ein, mit der Folge, dass die drei ihren eigenen Verein gründeten. Seit November 2007 starten sie nun für das Team Referenznetzwerk Leverkusen. „Wir mussten noch schnell vier Freunde zur Mitgliedschaft überreden, damit wir die Mindestzahl von sieben Mitgliedern erreichten“, erklärt Sebastian Hess.
Gemeinsames Training in Köln
Seitdem schlägt sich das Dreigestirn zusammen durch die Welt der Leichtathletik und schätzt dabei die Vorteile eines kleinen Clubs. „Man ist viel flexibler bei Entscheidungen. Alles geht schneller. Hotelbuchungen, die Organisation von Trainingslagern. Das ist alles ganz unkompliziert“, sagt Charles Friedek, der jedoch auch einige Nachteile gegenüber Großvereinen sieht. „Wir haben natürlich nicht die finanziellen Mittel und die Sportanlagen wie große Vereine.“
Zum täglichen Training verabredet sich das Trio an der Deutschen Sporthochschule in Köln. „Wir haben dort alles, was wir brauchen“, sagt Charles Friedek. Alle Trainingseinheiten werden gemeinsam absolviert. „Wir treffen uns immer zu jeder Trainingseinheit, aber jeder trainiert natürlich individuell“, sagt Sebastian Hess. Abgeschlossen wird das Training mit einem gemeinsamen Essen in der Mensa. „Das ist der eigentliche Grund für unser gemeinsames Training“, fügt Charles Friedek schmunzelnd hinzu.
WM-Traum erfüllt sich
Der Traum und gleichzeitig das Ziel des Trios vor der Saison war, sich gemeinsam für die Weltmeisterschaften in Berlin zu qualifizieren. Ein Ziel, das lange auf der Kippe stand. Sowohl Charles Friedek als auch Nils Winter sprangen eine gute Saison, verpassten die WM-Norm aber jeweils hauchdünn. Nach der ersten Nominierung am 5. Juli im Anschluss an die Deutschen Meisterschaften in Ulm suchte man die Namen von Nils Winter und Charles Friedek vergeblich unter den 74 Berufenen.
Unruhig wurden die beiden jedoch nicht. „Ich wusste, dass ich konstant gute Leistungen gezeigt hatte. Es musste einfach reichen“, sagt Charles Friedek. Auch Sebastian Hess hoffte weiterhin auf eine Nominierung. „Ich habe schon gedacht, dass der DLV beide nominieren wird, aber sicher war ich mir natürlich nicht.“ Dass eventuell nur einer nominiert werden würde, daran verschwendete das Trio keinen Gedanken. „So etwas haben wir einfach nicht in Erwägung gezogen“, verdeutlicht der 1,84 Meter große Charles Friedek.
Am 2. August, dem Tag der endgültigen WM-Nominierung, folgte dann die Erleichterung. Sowohl Charles Friedek als auch Nils Winter werden bei der WM in Berlin die Farben Deutschlands vertreten. Und auch Sebastian Hess fährt mit.
Zweimal Finale soll es schon sein
Die Ziele für die WM sind auch klar. „Beide sollen die Qualifikationen überstehen und in die Finals einziehen“, gibt Sebastian Hess die Marschrichtung vor. Charles Friedek wird in Berlin zum letzten Mal das schwarz-rot-goldene Trikot überstreifen. Nach vielen Jahren Leistungssport, 15 Deutschen Meistertiteln, einem Weltmeister- und einem Hallen-Weltmeistertitel ist für den 37-Jährigen nach dieser Saison Schluss. In Berlin zählt für ihn in erster Linie die Platzierung. „Wenn ich 13 Meter springe, ich aber damit Achter werde, bin ich auch zufrieden.“
In den wenigen Tagen bis zur WM steht vor allem Regeneration, Physiotherapie, Technik- und Schnelligkeitstraining auf dem Programm. „Die Form ist bei beiden gut. Es gilt jetzt nur noch, diese zu halten“, sagt Sebastian Hess. Auch Charles Friedek macht sich über seine Verfassung keine Sorgen. „Es sind ein, zwei kleine technische Sachen. Wenn ich die hinbekomme, dann kann ich auch richtig weit springen.“
Zukunft noch offen
Es wird die letzte Meisterschaft sein, die das Trio in dieser Konstellation bestreitet. Wenn Charles Friedek im September seine Spikes an den Nagel hängt, bleiben nur noch Nils Winter und Sebastian Hess übrig. „Wir haben noch nicht besprochen, wie es weitergeht. Wir werden uns im September mal zusammensetzen“, sagt Sebastian Hess. „Der Fokus galt und gilt weiterhin nur der WM in Berlin.“
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