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EM-Historie (VIII): Verena Sailer krönt sich zur Sprint-Queen von Barcelona

Die Leichtathletik-EM 2018 vom 7. bis zum 12. August im Berliner Olympiastadion wird in diesem Jahr das größte Sportereignis in Deutschland. Die Europameisterschaften haben eine lange Tradition seit ihrer Premiere 1934 in Turin. In unserer EM-Serie präsentieren wir Geschichten, Stars und Sternchen dieser bedeutenden Titelkämpfe. Im achten und letzten Teil der Serie: von Göteborg 2006 bis Amsterdam 2016.
Ewald Walker

Die EM geht in die Stadt – 100.000 Zuschauer feierten 2006 in der Innenstadt von Göteborg (Schweden) die Eröffnungsfeier. „To all the Heroes“ war der EM-Song, und die Wettkämpfe im Ullevi-Stadion, das ein Jahr zuvor schon Austragungsort der WM war, brachten aus deutscher Sicht zwei große Sensationen. Jan Fitschen (TV Wattenscheid 01) wurde mit einer furiosen Schlussrunde Europameister über 10.000 Meter (28:10,94 min) und das Strahlegesicht der deutschen Leichtathletik.

Ulrike Maisch (1. LAV Rostock) wurde zur ersten deutschen Marathon-Europameisterin (2:30:01 h). Steffi Nerius (TSV Bayer 04 Leverkusen), die spätere Weltmeisterin von Berlin, holte bei ihrer dritten EM-Teilnahme ihre erste Goldmedaille im Speerwerfen (65,82 m). Mit der Kugel setzte sich Ralf Bartels (SC Neubrandenburg; 21,13 m) durch. Erstmals im Wettkampfprogramm waren die 3.000 Meter Hindernis der Frauen. Es sollte eine Strecke werden, auf der deutsche Athletinnen erfolgreich sein sollten.

Verena Sailer und Christian Reif begeistern bei EM 2010

1.370 Teilnehmer aus 50 Nationen traten 2010 im Olympiastadion von Barcelona (Spanien) zur EM auf dem Montjuic an. Wieder fand die Eröffnungsfeier mit 50.000 Zuschauern außerhalb des Stadions statt. 16 Medaillen, davon vier goldene, war die Ausbeute für den DLV. „Ein großer Erfolg“, sagte DLV-Präsident Clemens Prokop. Der 100 Meter-Triumph von Verena Sailer (MTG Mannheim) und der Goldsprung von Christian Reif (LC Rehlingen) waren sicher die denkwürdigsten Resultate.

20 Jahre nach Karin Krabbe stellte Deutschland wieder die schnellste Europäerin. In 11,10 Sekunden und dem Mini-Vorsprung von einer Hundertstelsekunde rannte Verena Sailer zu Gold („Wahnsinn, unglaublich“). 8,47 Meter sprang Christian Reif und wurde mit dieser Glanzleistung Europameister. Sensationell verlief auch das Speerwerfen der Frauen. Mit ihrem fünften Versuch holte Linda Stahl (TSV Bayer 04 Leverkusen; 66,81 m) EM-Gold und sagte überglücklich: „Davon habe ich nicht mal geträumt.“ Christina Obergföll (LG Offenburg; 65,58 m) machte mit Silber den EM-Triumph der deutschen Werferinnen perfekt.

Im Hammerwerfen sicherte sich Betty Heidler (LG Eintracht Frankfurt, 76,38 m) nach ihrem WM-Gold von 2007 ihren zweiten internationalen Titel. Eine Sensation gelang 1.500-Meter-Läufer Carsten Schlangen (LG Nord Berlin, 3:43,52 min). 20 Jahre nach dem EM-Triumph von Jens-Peter Herold wurde Schlangen Vize-Europameister. Lemaitre, Lemaitre, Lemaitre – der Franzose holte alle drei Sprint-Goldmedaillen und wurde so „König von Barcelona“.

2012: Zehnkämpfer Pascal Behrenbruch überrascht in Helsinki

2012 fand erstmals eine EM vor den Olympischen Spielen statt: Zum dritten Mal nach 1971 und 1994 wurden die Europameisterschaften in Helsinki (Finnland) ausgetragen. Sechsmal Gold gab's für den DLV, besser ging's kaum. Für Diskuswerfer Robert Harting (SCC Berlin; 68,30 m), Kugelstoßer David Storl (SC DHfK Leipzig; 21,58 m), Weitspringer Sebastian Bayer (Hamburger SV; 8,34 m), Zehnkämpfer Pascal Behrenbruch (LG Eintracht Frankfurt; 8.558 Punkte), Kugelstoßerin Nadine Kleinert (SC Magdeburg, 19,18 Meter) und die 4x100 Meter-Staffel (Leena Günther, Anne Cibis, Tatjana Pinto, Verena Sailer) wurde die deutsche Hymne gespielt.

Dreckiges Rennen: Die ersten vier Frauen des 1.500-Meter-Finals, Asli Cakir Alptekin, Gamze Bulut (beide Türkei), Anna Mishchenko (Ukraine) und Yekaterina Ishova (Russland) wurden im Nachhinein wegen Dopings disqualifiziert. Die zunächst fünftplatzierte Nuria Fernandez (ESP) wurde mit fünf Jahren Verspätung Europameisterin, <link news:61867>Diana Sujew (LG Eintracht Frankfurt) rückte von Rang sechs auf Platz zwei nach vorn, Corinna Harrer (LG Telis Finanz Regensburg) von neun auf vier. Denise Krebs (TV Wattenscheid 01) war im Halbfinale ausgeschieden, hätte aber aufgrund des Doping-Betrugs der Konkurrenz eigentlich das Finale erreicht.  

2014: Über alle Hindernisse – Die Geschichte der Antje Möldner-Schmidt

EM 2014 in Zürich: Zum zweiten Mal nach 1954 war die Schweiz EM-Austragungsort, im Züricher Letzigrund, wo seit 1928 Weltklasse-Leichtathletik zelebriert wird. Erfolgreichste Athleten mit je zwei Titeln waren die niederländische Sprinterin Dafne Schippers und der britische Läufer Mo Farah. Heftige Diskussionen löste vor der EM die Nichtnominierung des Prothesen-Weitspringers Markus Rehm (TSV Bayer 04 Leverkusen) aus, der zuvor in Ulm Deutscher Meister geworden war.

Mit einer eindrucksvollen Vorstellung holte Diskuswerfer Robert Harting (SCC Berlin, 66,07 m) seinen sechsten internationalen Titel nach Olympiasieg 2012, dreimal WM-Gold 2009, 2011 und 2013 sowie dem EM-Titel 2012. Mit David Storl (SC DHfK Leipzig; 21,41 m) und Christina Schwanitz (LV 90 Erzgebirge; 19,90 m) stellte der DLV beide Kugelstoß-Europameister. Eine außergewöhnliche Geschichte schrieb Hindernisläuferin Antje Möldner-Schmidt (LC Cottbus; 9:29,43 min). Sie war vier Jahre vor der EM an Krebs erkrankt, kam auf die Bahn zurück und wurde Europameisterin. Der Sieg über den Krebs war jedoch wertvoller als EM-Gold.

2016: David Storl macht den Hattrick perfekt

2016 war das zweite Doppeljahr mit Olympischen Spielen in Rio de Janeiro (Brasilien) und der EM in Amsterdam (Niederlande). Hier tauchte auf Platz fünf des Medaillenspiegels plötzlich die Türkei mit zwölf Medaillen auf. Dass die Türkei sieben ehemalige Kenianer, zwei ehemalige Jamaikaner und einen ehemaligen Kubaner einsetzte, sorgte für Empörung. Der Nationalitätenwechsel wird zum Wirtschaftsgut. Das Thema beschäftigt die Leichtathletik global. Einzige russische Starterin ist Whistleblowerin Yuliya Stepanova – EAA und IAAF fahren einen harten Anti-Doping-Kurs gegen Russland.

Deutsche Sternstunden im Amsterdamer Olympiastadion: Dreispringer Max Heß (LAC Erdgas Chemnitz; 17,20 m), Hürden-Ass Cindy Roleder (SC DHfK Leipzig; 12,62 sec), Hindernisläuferin Gesa Felicitas Krause (LG Eintracht Frankfurt; 9,18,85 min) sowie die Kugelstoßer Christian Schwanitz (LV 90 Erzgebirge Thum; 19,02 m) und David Storl (SC DHfK Leipzig; 20,84 m) werden Europameister.

Austragungsorte der Leichtathletik-Europameisterschaften von 1934 bis 2018

1934  Turin (ITA)1969  Athen (GRE)1998  Budapest (HUN)
1938  Paris (FRA)1971  Helsinki (FIN)2002  München (GER)
1946  Oslo (NOR)1974  Rom (ITA)2006  Göteborg (SWE)
1950  Brüssel (BEL)1978  Prag (CZE)2010  Barcelona (ESP)
1954  Bern (SUI)1982  Athen (GRE)2012  Helsinki (FIN)
1958  Stockholm (SWE)1986  Stuttgart (GER)<link>2014  Zürich (SUI)
1962  Belgrad (SRB)1990  Split (CRO)<link>2016  Amsterdam (NED)
1966  Budapest (HUN)1994  Helsinki (FIN)<link>2018 Berlin (GER)
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