| ISTAF Berlin 2018

Emotionaler Abschied, emotionale Rückkehr und Dreifach-Triumph der Speerwerfer

Kaum drei Wochen liegt das „Sommermärchen“ Leichtathletik-EM 2018 zurück. Am Sonntag kehrten die deutschen EM-Helden und viele ihrer Mitstreiter für das 77. ISTAF zurück ins Berliner Olympiastadion und wurden vom begeisterten Publikum noch einmal gebührend gefeiert. Sportliche Topleistungen gab es auch – unter anderem einen Dreifach-Erfolg der deutschen Speerwerfer und eine Revanche von Christina Schwanitz.
Silke Bernhart

Die Speerwurf-Party geht weiter. Nach EM-Gold für Thomas Röhler (LC Jena) und dem Diamond League-Sieg von Andreas Hofmann (MTG Mannheim) blieb am Sonntag auch der ISTAF-Sieg in deutscher Hand – und fast wäre Julian Weber (USC Mainz) der lachende Dritte gewesen. Mit 85,54 Metern eroberte er in Runde zwei die Führung. Nur der Europameister konnte kontern: Thomas Röhler ließ seinen Speer dieses Mal auf 86,50 Meter segeln. Andreas Hofmann wurde mit 85,09 Metern Dritter.

Auf der Ehrenrunde brachte das Trio die 45.500 Zuschauer zum Toben und bereitete so die perfekte Bühne für den großen Protagonisten des Abends: Der dreimalige Weltmeister, zweimalige Europameister und Olympiasieger von 2012 Robert Harting (SCC Berlin) machte sich am Diskusring bereit für seinen allerletzten Wurf. Mit Standing Ovations wurde er bei der Athletenvorstellung vom Publikum begrüßt, die Konkurrenz applaudierte, selbst ARD-Kommentator Ralf Scholt befand: „Für mich muss er schon gar nicht mehr werfen, der Höhepunkt ist bereits erreicht.“

Robert Hartings letzter Wurf: 64,95 Meter

Geworfen wurde natürlich doch. Motiviert von seiner Fangemeinde auf einem Doppeldecker-Bus am Rande der Wettkampf-Stätte ließ Robert Harting den Diskus mit dem allerletzten Wurf seiner Karriere auf 64,95 Meter fliegen. Nur Platz eins war damit außer Reichweite. Der ging an seinen Bruder Christoph (65,67 m).

Am Ende des Feldes reihte sich erwartungsgemäß Zehnkampf-Europameister Arthur Abele (SSV Ulm 1846; 43,32 m) ein. Er wollte sich mit drei Würfen vor dem begeisterungsfähigen Berliner Publikum noch einmal für dessen EM-Unterstützung bedanken und zugleich Robert Harting die letzte Ehre erweisen.

"Es ist bewegend zu sehen, wie viele Menschen das hier berührt", sagte Robert Harting anschließend sichtlich gerührt. Es sei immer sein Ziel gewesen den Menschen zu zeigen, dass man alles erreichen kann, egal woher man kommt. Das und noch so vieles mehr ist ihm in einer einzigartigen Karriere geglückt.

EM-Revanche für Christina Schwanitz

Der dritte deutsche Sieg des Abends ging auf das Konto von Christina Schwanitz (LV 90 Erzgebirge), der damit die EM-Revanche gegen die Polin Paulina Guba gelang. Sie wuchtete die Vier-Kilo-Kugel auf 19,25 Meter und war damit deutlich besser als die Europameisterin, die auf 18,58 Meter kam. Als Dritte konnte sich Sara Gambetta (SV Halle; 18,43 m) sogar noch über eine neue Saison-Bestmarke freuen.

Ebenfalls eine Revanche gab's im Hochsprung der Männer – wo sich Europameister Mateusz Przybylko (2,28 m) dieses Mal dem Weißrussen Maksim Nedasekau (2,30 m) geschlagen geben musste. "Ich war froh, noch mal hierher zu kommen, aber ich bin fix und fertig", sagte der Leverkusener, der zwei Tage zuvor in Brüssel (Belgien) noch 2,33 Meter gemeistert hatte. "Ich muss zugeben: Die Luft ist langsam raus, das ist schon ziemlich heftig gewesen."

Weitsprung-Europameisterin Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) blieb im dritten Wettkampf innerhalb von drei Tagen mit 6,63 Metern Rang drei, sie absolvierte nur drei Sprünge. Der Sieg ging an die Australierin Brooke Stratton (6,71 m). Einen Schreckmoment gab es in Runde sechs, als Alexandra Wester (ASV Köln) mit einem Schrei und schmerzverzerrtem Gesicht in der Grube liegenblieb. Sie hatte sich beim Absprung den Fuß verletzt und musste ärztlich behandelt werden.

Konstanze Klosterhalfen dicht am deutschen Rekord

Erstmals stand für die Frauen die Meile auf dem ISTAF-Programm. Aus deutscher Sicht im Fokus: Die EM-Vierte über 5.000 Meter Konstanze Klosterhalfen. Die junge Leverkusenerin sorgte zwischenzeitlich selbst für Tempo, am Ende wurde es Rang drei in 4:24,27 Minuten. "Das Rennen heute war anders geplant. Ich wollte eigentlich nicht so früh nach vorne gehen. Vielleicht hat das den deutschen Rekord verhindert“, sagte sie mit Blick auf die 33 Jahre alte Rekordmarke der Potsdamerin Ulrike Bruns (4:21,59 min).

Die ebenfalls nicht zum internationalen Wettkampf-Programm zählenden 1.000 Meter waren eine klare Angelegenheit für Caster Semenya. Die Südafrikanerin, seit Jahren die dominierende Athletin über 800 Meter, rannte in 2:30,70 Minuten dem Feld auf und davon. Nur vier Athletinnen waren je schneller, zum Weltrekord von Svetlana Masterkova (Russland) fehlten rund zwei Sekunden.

Wieder Platz zwei und drei für Dutkiewicz und Roleder

„Das hat sich irgendwie komisch angefühlt“, bilanzierte eine dennoch gut aufgelegte Gina Lückenkemper (TSV Bayer 04 Leverkusen) nach ihrem Rennen über 100 Meter, das sie mit einer Aufholjagd hinter Marie-Josée Ta Lou (Elfenbeinküste; 11,08 sec) und Michelle-Lee Ahye (Trinidad und Tobago; 11,13 sec) nach 11,18 Sekunden als Dritte beendete.

Über 100 Meter Hürden rannten Pamela Dutkiewicz (TV Wattenscheid 01; 12,73 sec) und Cindy Roleder (SV Halle; 12,77 sec) wie schon bei der EM auf Rang zwei und drei. Dieses Mal war aber nicht Europameisterin Elvira Herman (Weißrussland; 12,90 sec) schneller, sondern die US-Amerikanerin Christina Manning (12,72 sec). Mit einer letzten Zeit unter 13 Sekunden gelang DLV-Athletensprecherin Nadine Hildebrand (VfL Sindelfingen; 12,97 sec) auf Rang fünf ein starker Schlusspunkt unter ihre lange Karriere.

Abschiede von Hildebrand und Collins

Sie alle waren zum Abschluss des Meetings noch einmal in Aktion: in der Staffel. Trotz suboptimaler Wechsel ging der Sieg an "Team Deutschland Sprint" mit Lisa-Marie Kwayie, Alexandra Burghardt, Jessica-Bianca Wessolly und Gina Lückenkemper, die in 42,98 Sekunden noch unter 43 Sekunden blieben. "Team Deutschland Hürden" mit Cindy Roleder, Pamela Dutkiewicz, der EM-Fünften Ricarda Lobe und – in ihrem allerletzten Rennen – Nadine Hildebrand schlug sich ganz ohne Wechseltraining in 43,71 Sekunden äußerst achtbar.

Über 100 Meter der Männer feierte ein weiterer Athlet das Ende einer langen, erfolgreichen Karriere. Im Alter von 42 Jahren sagte der bisher nimmermüde Kim Collins (St. Kitts und Nevis) "Auf Wiedersehen". Der Weltmeister von 2003 verabschiedete sich in 10,45 Sekunden als Neunter. Schnellster Deutscher war auf Rang fünf der Mannheimer Patrick Domogala (10,33 sec).

Emotionale Rückkehr

Wie so viele Athleten sprachen auch Speerwurf-Europameisterin Christin Hussong (LAZ Zweibrücken; 61,51 m) und die EM-Dritte im Siebenkampf Carolin Schäfer (LG Eintracht Frankfurt; 51,87 m) im Anschluss an das ISTAF von einer bewegenden Rückkehr ins Olympiastadion.

„Schade, dass ich im letzten Versuch noch vom ersten Platz verdrängt worden bin“, musste Hussong feststellen, die noch von der Australierin Kelsey-Lee Roberts (62,70 m) übertrumpft wurde. „Der Kopf wird müde, wir freuen uns alle auf den Urlaub.“ Mit einem guten Gefühl kann Carolin Schäfer nach dem drittbesten Wurf ihrer Karriere jedoch erst einmal zum Mehrkampf-Meeting nach Talence (Frankreich; 15./16. September) reisen.

Im Dreisprung überbot ein deutsches Duo beim Sieg der Jamaikanerin Kimberly Williams (14,40 m) noch einmal die 14-Meter-Marke: Vize-Europameisterin Kristin Gierisch (LAC Erdgas Chemnitz) flog trotz Rückenproblemen auf 14,04 Meter, ebenso weit kam auch ihre Zimmernachbarin Neele Eckhard (LG Göttingen) – Rang drei und fünf. Wie bei der EM Fünfter über 110 Meter Hürden wurde Gregor Traber (LAV Stadtwerke Tübingen; 13,56 sec), eine schnelle Zeit gab’s an der Spitze vom Spanier Orlando Ortéga (13,15 sec).

Bestzeit für Jana Sussmann

Ohne Europameisterin Gesa Felicitas Krause (Silvesterlauf Trier), die aufgrund einer Bronchitis passen musste, machten sich die Hindernisläuferinnen auf die Strecke. Und schlugen ein rasend schnelles Tempo an. In 9:10,27 Minuten dominierte die US-Amerikanerin Colleen Quigley, die damit mehr als eine Sekunde schneller war als Gesa Krause im Vorjahr bei ihrem Rennen zum deutschen Rekord. Vom schnellen Tempo profitierte auch EM-Teilnehmerin Jana Sussmann (LT Haspa Marathon Hamburg), die als Neunte in 9:36,26 Minuten Bestzeit lief.

Auch über 1.500 Meter waren die vorderen Plätze für die DLV-Starter außer Reichweite. Diamond League-Sieger Timothy Cheruiyot (Kenia) gab in 3:32,37 Minuten eine weitere Kostprobe seines Könnens. U23-Europameister Marius Probst vom TV Wattenscheid 01 wurde in 3:39,94 Minuten Zwölfter und war damit bester Deutscher. Dahinter steigerte 800-Meter-Spezialist Marc Reuther (Wiesbadener LV) seine Bestmarke auf 3:40,03 Minuten.

Die kompletten Resultate finden Sie in unserer <link>Ergebnisrubrik…

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