Erfolgreich ohne Zaubertricks
Bei internationalen Großereignissen beginnen die Tage für das Ärzte- und Physioteam des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) nicht selten um 6 Uhr früh und enden am nächsten Tag gegen 0:30 Uhr. Dann werden die DLV-Athleten/innen nahezu rund um die Uhr medizinisch betreut. „Bei den Olympischen Spielen in Athen hatten wir einfach zu viele Verletzte in der Mannschaft. Da musste etwas passieren“, sagte der leitende Verbandsarzt Dr. Uwe Wegner im DLV-Trainingslager in Monte Gordo (Portugal).

Ergänzt wird das Ärzteteam durch Dr. Detlef Schlegel, Dr. Knut Leonhard und Dr. Steffen Brand. Hinzu kommen mit Bernd Schors, Christoph Sacherer, Christian Ziegler, Frank Zander, Klaus Meyer, Peter Müller, Raimond Igel und Norbert Müller acht Sport-Physiotherapeuten. Gemeinsam haben sie in den vergangenen Jahren eine Struktur für die medizinische Behandlung erarbeitet, die neben dem präventiven Aspekt auch den Bereich der Rehabilitation besser als zuvor in den Mittelpunkt rückt. „Inzwischen gibt man den Athleten ausreichend Zeit, die Verletzung auszukurieren, da die Reha-Phase immer exakt eingehalten wird“, sagt Dr. Detlef Schlegel.
Koordination verbessern
Oft sind es Aufwärmübungen, die lange tradiert, immer wieder angewendet, aber nicht verbessert worden sind. „Das Übungsgut ist sehr einfach, aber es gibt eine große Vielfalt. Es geht vor allem um bessere Koordinations- und Gleichgewichtsübungen. Wir hinterfragen und geben den Trainern und Athleten Tipps und Anregungen. Hier in Monte Gordo bieten wir erstmals Koordinations- und Gleichgewichtsübungen für die gesamte Mannschaft an. Das Programm findet für alle im Stadion statt, unabhängig von welcher Disziplin“, sagte Bernd Schors.
Die traditionellen Abläufe müssen hinterfragt werden. Braucht ein Zehnkämpfer wirklich nach einem anstrengenden Wettkampftag, der um 23 Uhr endet noch eine Massage von 45 Minuten? Oder muss ein Athlet nach einer Krafteinheit unbedingt massiert werden, was an sich ein Widerspruch ist, da durch die Kraftübung Spannung aufgebaut wurde. „Der Mensch bewegt sich nach biomechanischen und physikalischen Gesetzmäßigkeiten. Diese Gesetzmäßigkeiten sind die Basisarbeit. Wir müssen immer wieder darauf hinweisen, wo sich Fehler einschleichen können und scheinbar lange Bewährtes hinterfragen“, so Bernd Schors.
Weniger muskuläre Verletzungen
„Allein bei den muskulären Verletzungen hatten wir in den letzten Jahren einen deutlichen Rückgang“, sagte Dr. Uwe Wegner. Hinzu kommt, dass kaum noch Athleten verletzt zu internationalen Großereignissen anreisen. Hier verzichtet die sportliche Leitung inzwischen lieber ganz auf den Athleten, damit er seine Verletzung entsprechend auskurieren kann. Gleichzeitig wurde die Zahl der mitreisenden Physios bei Internationalen Wettkämpfen erhöht. Waren es früher vier, so sind es jetzt mindestens immer fünf, die dabei sind.
Anfang November findet schließlich die Ärzte- und Physiotagung statt. „Hier geht es darum, sich fachlich zu entwickeln und auszutauschen. Hinzu kommt ein entsprechendes Feedback der sportlichen Leitung“, sagt Bernd Schors. Damit alle möglichst erfolgreich im medizinischen Bereich arbeiten, gibt es keinerlei Geheimnisse voreinander. Dr. Uwe Wegner: „Keiner wendet von uns einen Zaubertrick an, sondern das Wissen wird von allen in die Truppe getragen.“