Erik Balnuweit: Vom Heimspiel zur WM-Premiere
So ein Heimspiel bei Deutschen Meisterschaften, das ist schon etwas Besonderes. Vor allem, wenn man im Kreise der Lokalmatadoren der einzige Titelkandidat ist. Da kommt zur großen Vorfreude auch großer Erwartungsdruck hinzu. Erik Balnuweit (LAZ Leipzig) hat die Herausforderung am Wochenende souverän gemeistert und ist in neuer Saison-Bestzeit von 7,60 Sekunden zu Hallen-DM-Gold über 60 Meter Hürden gesprintet. Jetzt wartet seine erste Hallen-WM.
„Ich musste am Samstag schon ein bisschen schmunzeln, als ich auf dem Weg zu den Deutschen Hallen-Meisterschaften noch den Müllbeutel in der Hand hatte“, sagt Erik Balnuweit. Sachen packen, kurz den Geschirrspüler ausräumen, den Müll runterbringen – und dann in fünf Minuten mit dem Auto bis zur Arena Leipzig, so sah sein Samstagvormittag aus.Dabei gehören für Athleten Übernachtungen im Hotel und ein gemeinsames Frühstück mit dem Team zu nationalen Meisterschaften eigentlich dazu. Dass man im eigenen Bett schläft und denselben Weg zur Halle einschlägt wie an jedem anderen Tag fühlt sich komisch an. „Das ist alles wie im Alltag“, sagt Erik Balnuweit, „da ist es schwierig, die richtige Spannung aufzubauen.“
Vom Laufschlauch auf die große Bühne
Genau wie die anderen Leipziger Athleten hat er allerdings im Training nur selten die Gelegenheit, die volle Größe der Arena zu nutzen. Wenige Wochen im Jahr ist die Leichtathletik-Anlage im Innenraum aufgebaut, sonst wird die Halle meist für Konzerte genutzt. „Da trainieren wir auf den drei Bahnen im Laufschlauch, der jetzt als Aufwärmbereich gedient hat“, erklärt Balnuweit. 40 Grad kann’s da schon mal werden.
In der ausverkauften Arena warteten am Samstag 3.500 Zuschauer, von denen viele auf einen Heimsieg für das LAZ hofften. Erik Balnuweit war mit Hallen-WM-Norm von 7,65 Sekunden und fünf Hundertstel Vorsprung der Favorit auf den Titel. „Wenn man der einzige Leipziger Titelaspirant ist, ist der Druck von außen groß“, gesteht er. „Aber natürlich bringt ein Heimspiel auch mehr Motivation. Das sind zwei Extreme!“
„Schönster Titel!“
Familie, Freunde und sogar einige seiner ehemaligen Lehrer vom Leipziger Sportgymnasium sahen am Samstag, wie Erik Balnuweit Motivation und Druck in Leistung umwandelte und mit sechs Hundertstelsekunden Vorsprung Gold gewann. „Das war mein schönster Titel!“ sagt Balnuweit, der schon 2009 das Heimspiel gewinnen konnte und auch im Vorjahr in Dortmund der Schnellste war.
Verständlich, dass anschließend der Glückwunsch-Marathon etwas länger ausfiel. „Um 18:55 Uhr war das Rennen, um 21 Uhr hatte ich das erste Mal Zeit, auf mein Handy zu schauen“, berichtet der Leipziger.
In dem Trubel vergaß er schließlich sogar seine Spikes und sein Trikot in der Halle. „Das ist mir erst zu Hause aufgefallen. Zum Glück waren die am nächsten Tag noch da!“ Schließlich musste er beides noch einmal anziehen: Als Schlussläufer der Leipziger 4x200 Meter Staffel holte er am Sonntagabend mit Bronze die zweite Medaille des Wochenendes.
Fast das Heimspiel verpasst
Dabei war lange gar nicht klar, ob Erik Balnuweit in Leipzig überhaupt würde starten können. Probleme mit der Plantarfaszie hatten im September erst die Starts beim ISTAF und bei der Militär-EM gekostet und dann auch die Saisonvorbereitung verzögert. Erst im Dezember konnte er ins Training einsteigen. Dann aber lief’s: „Im Januar im Trainingslager auf Teneriffa habe ich schon gemerkt, dass die Vergleichswerte ähnlich sind wie die im Vorjahr“, erklärt er. Aus 2013 stammt seine Hallen-Bestleistung von 7,58 Sekunden.
Die könnte als nächstes beim Indoor ISTAF (1. März) in Berlin wackeln – oder bei der Hallen-WM in Sopot (Polen; 7. bis 9. März), für die Erik Balnuweit am Dienstag nominiert wurde. Ganz sind die Fuß-Probleme zwar noch nicht behoben, Einschränkungen hat der Hürdensprinter aber keine mehr: „Im Leistungssport ist man nie ganz beschwerdefrei“, sagt er pragmatisch.
Top Zwölf mit Luft nach oben
Zweimal war der Deutsche Hallenmeister schon bei Hallen-Europameisterschaften am Start, diese Erfahrungen nimmt er mit nach Sopot zu seiner Hallen-WM-Premiere. „Bei der Hallen-EM in Göteborg letztes Jahr war die Leistungsdichte extrem“, erinnert er sich. „Das war schon ein ganz guter Vorgeschmack auf die Hallen-WM.“
Platz fünf in 7,58 Sekunden sprang in Göteborg für Erik Balnuweit heraus. Nach Sopot fährt er als Zehnter der bereinigten Welt-Bestenliste, bei der pro Nation zwei Athleten berücksichtigt werden. Aber nicht alle vor ihm platzierten Hürdensprinter werden bei der Hallen-WM starten. „Viele Athleten können zwischen 7,55 und 7,65 Sekunden sprinten“, sagt er. „Ich will unter die Top Zwölf. Und mit ein bisschen Glück ist vielleicht sogar das Finale drin.“