| Ehemaligen-Treffen

Ex-Langstreckler feiern Wiedersehen in Dortmund

Knapp 45 ehemalige Langstreckler haben sich am vergangenen Wochenende im Eintracht-Sportzentrum in Dortmund getroffen. Neben einer Gesprächsrunde mit Wolf-Dieter Poschmann, der Ende de Monats seine ZDF-Karriere beendet, ging es den Ausdauer-Athleten, von denen viele bis heute noch sportlich aktiv sind, auch um die Zukunft ihrer Sportart.
Peter Middel

Wolf-Dieter Poschmann, der selber Leistungssportler war und Bestzeiten von 13:35,07 Minuten über 5.000 und 28:28,64 Minuten über 10.000 Meter aufweisen kann, befürchtet, dass auf die Leichtathletik in Deutschland schwierige Zeiten zukommen. „Wir haben früher aufgrund einer vagen Erfolgschance große Opfer erbracht. Das macht heutzutage niemand mehr. Wegen der augenblicklichen Arbeitsplatz-Situation ist das Risiko einfach zu groß.“

Auch Wolf Jochen Schulte-Hillen, der vor 50 Jahren zusammen mit Harald Norpoth und Franz-Josef Kemper bei den Deutschen Mehrkampf-Meisterschaften in Hamm mit 7:01,2 Minuten einen neuen Weltrekord über 3x1.000 Meter aufstellte, macht sich Sorgen um die Leichtathletik: „Die Leichtathletik-Berichterstattung in den Medien muss wieder positiver werden. Das Doping-Thema nimmt einen zu großen Raum ein und hat keinen Werbe-Effekt auf Kinder und Jugendliche.“

Förderungssysteme verbessern

Der inzwischen 72-jährige Ex-Mittelstreckler, der noch weltweit bei dem Aufbau von bestimmten Marken beratend tätig ist, bemerkte, dass die Marke „Leichtathletik“ in Deutschland unter der fehlenden Spitze leidet – und das nicht nur bei Olympischen Spielen. „Wenn beispielsweise bei einem großen Marathon fünf Kenianer mit großem Vorsprung vor dem übrigen Feld laufen, ist das uninteressant für die Zuschauer und demotivierend für unsere Läuferinnen und Läufer. Wie sollen die sich da noch nach vorne kämpfe?“ fragte Wolf Jochen Schulte-Hillen. Ohne bessere Förderungssysteme wird seiner Meinung nach die Kluft im Spitzenbereich immer größer.

Der inzwischen 51-jährige Karl Fleschen, der Bestzeiten von 3:36,2 Minuten über 1.500 Meter bis hin zu 1:13:58 Stunden im 25-Kilometer-Straßenlauf aufweist, würde sich heute wahrscheinlich nur noch auf die nationale Spitze konzentrieren, weil ihm der Abstand zur Weltelite inzwischen zu groß wäre und man nicht genau weiß, wie die Leistungen dort zustande kommen.

Motivierende Stimmung bei Jugend-Meisterschaften

Karl Fleschen fährt jedes Jahr noch zu den Deutschen Jugend-Meisterschaften. „Dort erlebe ich noch dieselbe Atmosphäre wie vor 40 Jahren. Die ist noch motivierend und bereitet Spaß. Die Weltspitze ist dagegen eine eigene Welt für sich. Da misst sich auch keiner mehr dran. Daher sind die vielen Straßenläufe in Deutschland in erster Linie nur noch Breitensport-Veranstaltungen.“

Die Spitzenläufer von einst, die sich in Dortmund trafen, sind inzwischen auch ins Breitensport-Lager gewechselt. „Ich trainiere nicht mehr, sondern laufe nur noch,“ betonte Wolf-Dieter Poschmann.

Beeindruckende Fitness

Das Gleiche gilt für Paul Angenvoorth. Der Marathon-Olympia-Teilnehmer 1972 und Deutsche Marathon-Meister 1976 schnürt noch dreimal in der Woche die Laufschuhe. Seine Ehefrau Manuela, die in den 70er Jahren ebenfalls zur deutschen Marathon-Elite zählte, ist froh, nach einer schweren Knieverletzung, die sie sich bei einem Fahrradunfall zuzog, wieder halbwegs schmerzfrei gehen zu können.

Eine beeindruckende Fitness strahlt Karl-Heinz Sievers (74) aus. Der zweimalige Deutsche Marathon-Meister (1966 und 1967) und Olympia-Teilnehmer 1968 ist mit seiner Frau viel zu Fuß und mit dem Fahrrad unterwegs. Darüber hinaus reist der frühere Verkaufs- und Vertriebsleiter gerne und ist Kultur interessiert.

Umstieg auf das Rad

Ganz auf das Rad umgestiegen ist vor über 20 Jahren der frühere Deutsche 25-Kilometer-Meister Dirk Sander (60), der sogar auch Rennen fährt und dabei in seiner Altersklasse ganz vorne mitmischt.

Karl Mann (68), der eine Marathon-Bestzeit von 2:17:04 Stunden hat, ist täglich laufend oder mit dem Fahrrad unterwegs. Der frühere Darmstädter freut sich, dass sein 17-jähriger Sohn Kilian vor Kurzem vom Fußball- in das Leichtathletik-Lager gewechselt ist.

Drittes Treffen geplant

Dieter Brandt (72) und Falko Will (68), die völlig schmerzfrei sind, laufen noch regelmäßig. Der Lohn für ihr konsequentes Fitness-Programm: Beide haben noch fast ihr früheres Wettkampf-Gewicht.

Für die musikalische Unterhaltung sorgte mit seiner Blech-Gitarre der blinde Werner Rathert (80), der 1984 beim Berlin-Marathon die klassische Distanz in 2:35:12 Stunden Minuten zurücklegte. Auch seine Fitness ist noch bewundernswert, denn er reiste als Nicht-Sehender alleine von Bleichenrode nach Dortmund an.

Organisiert hatten das Treffen Till Lufft und Peter Middel. Nun hoffen alle Oldies auf eine Fortsetzung. Für ein drittes Meeting soll das vorhandene Adressen-Material erweitert werden. Damit soll der Kreis immer mehr vergrößert werden. denn das Zusammengehörigkeitsgefühl unter Läufern ist bemerkenswert. Dies hat das Treffen in Dortmund gezeigt.

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