Fall Pamela Chepchumba - EPO-Doping in Kenia?
Ein neuer Doping-Fall sorgt für Aufsehen. Pamela Chepchumba, eine 34-jährige Läuferin aus Kenia, spielt die Hauptrolle. In Avenches, Schauplatz der Cross-WM am letzten März-Wochenende, wurde sie von den Kontrolleuren zur Probe gebeten. Und siehe da: Chepchumba, Vizeweltmeisterin mit der Mannschaft auf der Langstrecke und Sechste in der Einzelwertung, hatte offensichtlich das verbotene Medikament Erythropoietin (EPO) zur Leistungssteigerung eingesetzt.
Pamela Chepchumba wurde bei der Cross-WM positiv getestet (Foto: Hörnemann)
Jetzt taucht natürlich die Frage auf: Hat die Läufer-Nation auch ein "schwarzes Schaf" in ihren Reihen? Der nationale Verband ist bereits in die Offensive gegangen und hat die Affäre, in die eine seiner Athletinnen verstrickt ist, publik gemacht. Wie Generalsekretär David Okeyo in einem Interview mit der Tageszeitung "Nation" mitteilte, wurde Pamela Chepchumba gemäß den Regeln der IAAF für internationale Wettkämpfe gesperrt. "Aber Chepchumba streitet ab, dass sie solche Mittel eingenommen hat", erklärte Okeyo, "sie verlangt eine B-Probe."
B-Probe am 6. Juni
Nick Davies, Pressechef der IAAF, bestätigte diese Meldung und verkündete, dass die Gegenprobe bei der IAAF in Monaco, unter Beisein ihres Managers und ihres Arztes, am 6. Juni vorgenommen werde.
In der Schweiz war sie in die Falle getappt. "Es handelte sich um eine unangemeldete Kontrolle am Vorabend des Rennens", berichtete Nick Davies, "und es war in dieser Woche der kenianische Verband, der die Nachricht als Erste verbreitet hat." Dass fünf Athleten, davon drei Männer und zwei Frauen, während der Cross-WM positiv getestet worden seien, hatte die IAAF schon Anfang Mai verlauten lassen, ohne zunächst Ross und Reiter zu nennen.
Nach dem Spanier Alberto Garcia, Europameister über 5000 Meter im Freien und über 3000 Meter unterm Hallendach, der in Avenches ebenfalls als Blutdoper auffällig wurde und sich vor elf Tagen selber geoutet hat, steht nunmehr Pamela Chepchumba unter dem dringenden Verdacht, betrogen zu haben.
Erstmals kenianischer Fall der Kategorie A
Wie Nick Davies erklärte, sei es das erste Mal, dass ein Leichtathlet aus Kenia in einem Dopingfall der Kategorie A (EPO und Steroide) verstrickt sei. Vor einigen Jahren war zwar John Ngugi, 1988 Olympiasieger über 5000 Meter, damals vor Dieter Baumann, und fünfmaliger Cross-Weltmeister, für zwei Jahre gesperrt worden.
Aber nicht, weil er sich des Doping-Missbrauchs schuldig gemacht hatte, sondern weil er eine zuvor nicht angekündigte Probe verweigert hatte. "Ich wusste nicht, dass es ein Kontrolleur war", hatte sich Ngugi später verteidigt, und viele glaubten ihm, "ich dachte, der Kerl wollte ein Autogramm haben oder ein Foto schießen." Darum hatte er dem unerwünschten Besuch die Türe vor der Nase zugeknallt und musste hinterher bitter büßen für sein unfreundliches Verhalten.
Das Rätsel, ob John Ngugi clean war oder nicht, wird nie mehr gelöst werden. Doch bei Pamela Chepchumba liegt eine eindeutig positive A-Probe vor. Dadurch steht sie mit dem Rücken zur Wand. David Okeyo sagte, dass sie im Moment sehr nervös und mitgenommen sei. Er warnte jedoch davor, die Athletin voreilig zu verdammen, denn das Ergebnis der B-Probe stehe noch aus.
Imageverlust für Kenia
Im Land der Läufer, hieß es bisher allüberall, gäbe es kein Doping. David Okeyo weiß natürlich, dass Kenia einen Imageverlust erleiden würde, sollten sich die Anschuldigungen gegen Pamela Chepchumba bewahrheiten. Federico Rosa, ihr Manager, war genauso überrascht von dieser unerfreulichen Kunde und verlangte ebenfalls eine Gegenprobe.
Er ist der Sohn von Gabriele Rosa, dem berühmten "Dottore" aus Italien, der in seinem Rennstall weit über hundert Kenianer betreut. Dazu zählen auch so prominente Namen wie Paul Tergat oder Charles Kamathi, der bei der WM 2001 in Edmonton die lange Erfolgsserie von Haile Gebrselasie über 10.000 Meter abrupt beendet hat.
Pamela Chepchumba selber hält die Vorwürfe für unberechtigt. Mit ihren Bestleistungen über 3000 Meter (8:42,24 min in Monaco 2001) und 5000 Meter (14:56,75 min in Hengelo 2001) ist sie nicht gerade die ganz große Nummer in den Stadien dieser Welt. Auf der Straße, insbesondere in deutschen Landen, hat Chepchumba auch so manchen Sieg errungen.
Zum "Auslaufmodell" geworden?
Ihre schnellsten Zeiten über 5000 Meter (15:21 min) erzielte sie in Darmstadt und über 10.000 Meter (31:27 min) in Paderborn. 34 ist die ausdauernde Kenianerin am 8. März geworden, ein Alter, in dem andere Läuferinnen ihre Leisetreter an den Nagel hängen. Sollte sie für zwei Jahre aus dem sportlichen Verkehr gezogen werden, danach sieht es momentan aus, ist ihre Karriere wohl unwiderruflich vorbei.
Ja, dann wäre sie ein "Auslaufmodell". Davon will David Okeyo allerdings nichts wissen. "So lange das Resultat der B-Probe noch nicht feststeht, müssen wir Pamela Chepchumba schützen", stellte er sich vor seine Athleten und bat um Geduld, "lasst uns warten." Doch die Wahrscheinlichkeit, dass Chepchumba ihre Karriere fortsetzen darf, sind nach Lage der Dinge sehr, sehr gering.
Ulrich Hörnemann