Fehlstart von Usain Bolt wirft Fragen auf
Usain Bolt hat sein Schweigen gebrochen, aber nichts gesagt. Der Lautsprecher der Sprintwelt, der beim 100-Meter-Finale nur die Starterpistole geschlagen hatte, suchte eine Nacht lang nach Worten, um sein klägliches Scheitern bei der WM in Daegu (Sürkorea) zu erklären.

Frage nach dem Warum
Das Warum bleibt unbeantwortet. Warum riskiert der mit Abstand schnellste Mann auf dem Planeten in einem WM-Finale also leichtfertig einen Fehlstart?
War Usain Bolt nervös? Wohl kaum, angesichts seiner üblichen Mätzchen unmittelbar vor dem Start mit der Verhöhnung der Gegner und der Darstellung eigener Stärke.
Hatte Usain Bolt Angst zu verlieren? Sicher, der spätere Sieger Yohan Blake machte in Vorlauf und Halbfinale einen guten Eindruck. Aber Usain Bolt spielte in den beiden Läufen nur ein bisschen mit der Konkurrenz und wirkte bärenstark.
Wollte Usain Bolt den besonderen Knalleffekt? Verursachte er absichtlich einen Fehlstart? War das alles nur eine große PR-Aktion? Nicht wenige Kenner der Szene stellten bereits in der südkoreanischen Nacht diese These auf. Auch Frank Busemann, der Olympia-Zweite im Zehnkampf von 1996, kam in seinem Blog auf sportschau.de auf diesen Gedanken: "Vielleicht hat er aber auch einen total gewieften PR-Berater. 'Mensch, der Pistorius schnappt uns die ganze Publicity weg, mach mal was Unkonventionelles.'"
Eine Frage der Story?
In den Tagen von Daegu dreht sich alles um Usain Bolt und Blade Runner Oscar Pistorius, den Prothesen-Läufer aus Südafrika, der mit seinem Start bei den Titelkämpfe Geschichte schreibt. Zwar wird der sympathische Blondschopf keine Medaille gewinnen, aber seine Geschichte verkauft sich gut.
Ein weiterer WM-Sieg von Usain Bolt, wahrscheinlich ohne Weltrekord, wäre kaum mehr als eine Randnotiz gewesen. Aber der Knalleffekt nach dem Fehlstart ist unbezahlbar. Nachzufragen bei den drei Medaillengewinnern von Daegu. Was war mit Usain Bolt? Das mussten Yohan Blake, Walter Dix (USA) und Kim Collins (St. Kitts & Nevis) immer wieder beantworten, sichtlich genervt davon, wie wenig die eigene sportliche Leistung in diesem Moment wert war.
Show noch nicht vorbei
Und weil der Superstar außer Schimpfworten und dem Halbsatz "Suchen sie nach Tränen? Das wird nicht passieren" nichts zu sagen hatte, sah sich der Weltverband IAAF genötigt, eine Pressemeldung aufzusetzen: "Obwohl die IAAF natürlich über den Fehlstart enttäuscht ist, ist es wichtig daran zu erinnern, dass die sportliche Glaubwürdigkeit an den Regeln hängt und sie bei allen Athleten angewendet werden müssen." Die Regeländerung war im Sinne des Sports und des Geschäfts.
Ein Geschäft, von dem Usain Bolt gut leben kann, das ihn und andere zu Millionären gemacht hat. Und ein Geschäft, das immer weitergeht. Auch in Daegu. Denn die große Bolt-Show ist nicht vorbei, nur weil der erste Akt ins Wasser gefallen ist. Am Freitag stehen die Vorläufe über 200 Meter an. Mit Usain Bolt. Und mit der halben Welt am Bildschirm, die wissen will, was nun folgt.
Usain Bolt hat gesagt, dass er eine Legende werden will. Legenden leben von guten Geschichten. Mit Olympiasiegen, WM-Titeln und Weltrekorden hatte Usain Bolt schon ein paar passende Kapitel für seine Story gesammelt. Mit dem Fehlstart von Daegu hat er nun ein ganz Besonderes hinzugefügt, über das noch lange gesprochen wird. Auch wenn Usain Bolt schweigt.
Quelle: Sport-Informations-Dienst (sid)
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