Weltrekord von Brahim Boulami krönt Zürich-Party
Zürich feierte auch im EM-Jahr 2002 wieder ein einzigartiges Leichtathletik-Fest im legendären Letzigrund. Diesmal war es dem Marokkaner Brahim Boulami vorbehalten, mit einem neuem Hindernis-Weltrekord von 7:53,17 Minuten und einer Gala-Vorstellung das absolute Glanzlicht zu setzen (siehe gesonderte Meldung). Daneben gab es noch sechs Weltjahresbestleistungen, aus denen besonders die 49,16 Sekunden von Ana Guevara über 400 Meter und die 3:26,89 Minuten von Hicham El Guerrouj auf den 1.500 Metern herausragten. Für einen deutschen Doppelsieg sorgten die Stabhochspringer Lars Börgeling und Tim Lobinger mit übersprungenen 5,80 Metern.

Brahim Boulami war in Zürich nicht zu bremsen
Dass der Letzigrund bereits für die B-Läufe ein glänzendes Pflaster ist, hat sich in diesem Jahr wieder gezeigt. Der Kenianer Wilfred Bungei setzte die später startende 800-Meter-Elite mit einer Weltjahresbestzeit von 1:43,64 Minuten bereits zu Beginn des Meetings unter Druck. Der Pirnaer René Herms kam in dem Lauf auf einem achten Rang in 1:46,43 Minuten ins Ziel.Die Athleten des A-Laufes liessen sich allerdings in die Pflicht nehmen und dem Kenainer Joseph Mwengi Mutua war es vorbehalten, in 1:43,33 Minuten seinem Landsmann die Weltjahresbestmarke nach rund zweieinhalb Stunden schon wieder zu entreissen. Der dänische Europameister Wilson Kipketer (1:43,59 min) wurde Zweiter und auch der Schweizer WM-Held André Bucher, der hinter dem Südafrikaner Mbulaeni Mulaudzi (1:43,81 min) die Ziellinie überquerte, zeigte sich als Vierter in 1:44,30 Minuten zur Freude seiner Landsleute wieder mit aufsteigender Tendenz.
Das 800-Meter-Duell der Frauen zwischen Weltmeisterin Maria Mutola und Europameisterin Jolanda Ceplak ging an die schnelle Afrikanerin, die für die zwei Stadionrunden 1:57,24 Minuten benötigte und damit um 54 Hundertstel schneller war als die müde Slowenin, der nach eigener Aussage auf der Zielgerade der letzte Kick fehlte. "Hier zum zehnten Mal zu gewinnen ist grossartig, unglaublich", jubelte dagegen die Siegerin aus Mozambique. Ivonne Teichmann (Magdeburg) lief als Sechste in 1:59,06 Minuten eine neue deutsche Jahresbestzeit, während die EM-Fünfte Claudia Gesell (Leverkusen) auf Rang neun in 2:01,16 Minuten das Ziel erreichte.
Gabriela Szabo holt sich Jahresspitze
Eine Hundertstel-Angelegenheit war das 1500-Meter-Rennen der Frauen. Zumindest, was die schnellste Zeit dieses Jahres anbelangt, denn Vize-Europameisterin Gabriela Szabo aus Rumänien jagte, obwohl sie auf der letzten Runde in Rempeleien verwickelt war, diese Marke nur fünf Tage nach dem EM-Finale in München der Türkin Süreyya Ayhan um genau diese kleinste Maßeinheit in 3:58,78 Minuten ab. Hinter ihr blieben die zwischenzeitlich Führende Suzy Favor Hamilton (USA; 3:59,10 min), Alesia Turova (Weißrussland; 3:59,89 min) und Yelena Zadorozhnaja (Russland; 3:59,94 min) ebenfalls unter der Vier-Minuten-Grenze.
Seine eigene Jahresbestzeit drückte über 1500 Meter der Männer der Weltmeister Hicham El Guerrouj (Marokko) in 3:26,89 Minuten noch einmal ein Stückchen nach unten und in Richtung seines eigenes Weltrekordes (3:26,00 min). Mit Abstand folgte als Zweiter der Kenianer Cornelius Chirchir (3:30,88 min).
Ebenfalls nur wenige Tage führte Europameister Stephane Diagana (Frankreich) die Weltjahresbestenliste über 400 Meter Hürden an. In Zürich holte sich Felix Sanchez von der Dominikanischen Republik mit bravourösen 47,35 Sekunden die Pole Position zurück, während der Franzose in 48,21 Sekunden hinter James Carter (USA; 47,57 sec) und Hadi Al-Somaily (Saudi-Arabien; 48,11 sec) als Vierter einlief.
Montgomery und Chambers bereits im Vorlauf rasend schnell
Zwei grundverschiedene Vorläufe über 100 Meter bekamen die Schweizer Leichtathletik-Fans zu sehen. Während es im ersten Rennen Frankie Fredericks (Namibia; 10,06 sec) mit Maurice Greene (USA; 10,08 sec) als Drittem noch ganz gemütlich angehen liess, trumpften im zweiten Vorlauf Vize-Weltmeister Tim Montgomery (USA) und Europameister Dwain Chambers (Großbritannien) mit ihren 9,93 bzw. 9,94 Sekunden schon richtig auf.
Die Frage, ob sie dabei wichtiges Pulver verschossen haben, musste im Endlauf beantwortet werden. Tim Montgomery tat dies als Sieger in 9,98 Sekunden eindrucksvoll und freute sich über ein Plakat mit der Aufschrift 'Tim Montgomery, Du bist der Beste. Wir lieben Dich!' Coby Miller (USA) lief bei etwas Gegenwind als Zweiter in exakt 10,00 Sekunden vor Dwain Chambers (10,05 sec) und Commonwealth-Games-Gewinner Kim Collins (SKN; 10,06 sec) ein. Wo war Maurice Greene? Er konnte einmal mehr seinen großen Worten keine Taten folgen lassen und blieb als Fünfter in 10,10 Sekunden blass. "Es war ihr Tag", lautete sein Kommentar nach dem Rennen, "sie sind ein gutes Rennen gelaufen, ich ein schlechtes." So einfach kann Leichtathletik sein...
Marion Jones siegt - Gail Devers verliert
Die 100 Meter der Frauen gehörten erwartungsgemäß der Weltmeisterin Marion Jones (USA), die in 10,88 Sekunden nicht zu bezwingen war. Ihre Landsfrau Chryste Gaines (10,95 sec) wurde Zweite.
Nicht den erwarteten US-Sieg durch Gail Devers gab es über 100 Meter Hürden. Vielmehr kegelte die spanische Europameisterin Glory Alozie in guten 12,63 Sekunden die routinierte Läuferin aus den Staaten, die in 12,73 Sekunden einlief, aus dem Jackpot-Rennen. Als Zweite erreichte dazwischen die Jamaikanerin Brigitte Foster (12,71 sec) das Ziel.
Dagegen setzte die Mexikanerin Ana Guevara auf der Stadionrunde eindrucksvoll ihre Siegesserie über die 400 Meter mit der Bombenzeit von 49,16 Sekunden fort und ließ mit diesem neuen Landesrekord deutlich die Europameisterin Olesya Zykina (Russland; 50,44 sec) und US-Girl Michelle Collins (50,75 sec) hinter sich. Als Vierte lief die deutsche Vize-Europameisterin Grit Breuer in 50,91 Sekunden eine neue DLV-Jahresbestmarke.
Den Schlusspunkt unter einen tollen Leichtathletik-Abend in der Schweizer Metropole setzte schließlich der junge Sammy Kipketer, der in 12:56,99 Minuten die Uhr zum Stillstand brachte und einen kenianischen Vierfach-Triumph anführte. Der deutsche Vize-Europameister Dieter Baumann zog sich in 13:07,40 Minuten als Zehnter gut aus der Affäre.
Deutscher Doppelsieg im Stabhochsprung
Für einen deutschen Doppelsieg und die EM-Revanche an Alexander Averbukh (Israel) sorgten die deutschen Stabhochspringer Lars Börgeling und Tim Lobinger. Mit je einem Fehlversuch meisterten sie nach den 5,60 Metern die 5,80 Meter und hatten damit den Wettkampf für sich entschieden, da alle Konkurrenten an dieser Höhe scheiterten.
Den Sieg im Hochsprung holte sich mit glänzenden 2,35 Metern der Schwede Stefan Holm, der den Kanadier Mark Boswell (2,33 m) und den russischen Europameister Jaroslav Rybakov (2,31 m) in die Schranken wies. Auch im Dreisprung gelang dem Briten Jonathan Edwards mit 17,63 Metern die EM-Revanche am Schweden Christian Olsson (17,18 m), der sich auch noch dem Kubaner Alexander Martinez um einen winzigen Zentimeter beugen musste. Der Leverkusener Charles Friedek wurde mit 16,83 Metern Sechster.
Ihren besten Versuch hatte die deutsche Weitsprung-Olympiasiegerin Heike Drechsler bereits im ersten Durchgang. Die dort erzielten 6,48 Meter reichten am Ende zu Rang fünf. Die größte Weite erzielte die Brasilianerin Maurren Higa Maggi (6,84 m), die sich in Holland auf den Wettkampf in Zürich vorbereitet hatte, vor der Ungarin Tünde Vaszi (6,69 m).
Ebenfalls Fünfter wurde im Diskuswerfen der Wattenscheider Michael Möllenbeck mit seinen 64,60 Metern, während Europameister Robert Fazekas (Ungarn; 66,81 m) einen weiteren Sieg einfuhr. Als Dritte ging mit 61,55 Metern die Leverkusener Vize-Europameisterin Steffi Nerius aus ihrem Speerwurf-Wettkampf. Weiter warfen im Züricher Letzigrund die Russin Tatjana Schikolenko (64,72 m) und die Rumänin Felicia Tilea-Moldovan (63,89 m).
Ach ja! Der deutsche Mittelstreckler Franek Haschke konnte sich für sein Vorlauf-Aus bei der EM in München rehabilitieren. Mit einer neuen persönlichen Bestzeit von 3:36,99 Minuten über 1.500 Meter lief er in Zürich beim U23-Lauf, der im Vorprogramm stattfand, ein gutes Rennen und kam als Sechster ins Ziel. Überlegener Sieger war der Kenianer Alex Kipchirchir (3:32,95 min).
Und da waren's nur noch vier...
Mit Gail Devers hat sich in Zürich eine weitere Athletin aus dem spannenden Rennen um den Gold-Jackpot der Golden League verabschiedet. Ein Quartett geht also mit Hicham El Guerrouj, Marion Jones, Ana Guevara und Felix Sanchez in die letzten beiden Aufgaben in Brüssel (30.8.) und Berlin (6.9.), wo die 50 Kilo letztlich untereinander aufgeteilt werden.
Die kompletten Resultate finden Sie in der leichtathletik.de-Ergebnisrubrik...