Ariane Friedrich – Alles außer Mainstream
"Ich versuche, mein eigenes Ding zu machen", sagt Ariane Friedrich. Die junge Hochspringerin, die sich im vergangenen Winter den deutschen Jugendhallentitel sicherte, schwebt in ihrem Sportlerleben nicht auf der Welle Mainstream, sondern pendelt zwischen Hip Hop und Hard Rock. Rein musikalisch. Versteht sich! Deshalb ist es auch schon einmal vorgekommen, dass die Klänge, die sie bei einem Spezial-Meeting mit Musik auflegen ließ, Bundestrainerin Brigitte Kurschilgen nicht gefielen und sie musikalisch umdisponieren musste.
Ariane Friedrich blickt auf eine gute Hallensaison zurück (Foto: Chai)
Es ist spürbar etwas in Bewegung. Nicht nur musikalisch. Versteht sich! Während die ebenfalls noch junge Melanie Skotnik in den letzten Monaten in der Frauenszene für Aufsehen sorgte, hatte Ariane Friedrich den Nachwuchsbereich im Griff. Bis Anfang März steigerte sie sich auf einen neuen Hausrekord von 1,87 Meter und stand damit nicht weniger für den neuen Schwung, der im deutschen Hochsprung Einzug hält: "Die Entwicklungen bei den Frauen sind ja enorm. Ich habe gestaunt. Das ist aber momentan noch eine andere Klasse."Wie dem auch sei. "Ich muss mit meinen Leistungen super zufrieden sein", sagt die 19-jährige zu ihren eigenen Auftritten in der jüngsten Vergangenheit. Im Dezember hatte sie noch eine Fußverletzung zurückgeworfen, vor dem ersten Wettkampf konnte sie gerade zweimal ein Techniktraining absolvieren. Dafür lief es bestens.
Mit den Füßen auf dem Boden bleiben
Mit dem Wegstecken von Rückschlägen hat Ariane Friedrich auch schon Erfahrungen gemacht. Im letzten Sommer verspielte sie das schon sicher geglaubte Ticket zur Junioren-Weltmeisterschaft nach Jamaika. "Das war ein wichtiger Punkt in meiner Karriere. Das hat mein weiteres Denken geprägt. Man muss sehen, das man mit beiden Füßen auf dem Boden bleibt." Was man bei einer Hochspringerin eher symbolisch nehmen sollte. Versteht sich!
Trost suchte sie damals bei der Familie und Freunden, denn "es hat immer weh getan, da hinzukucken." Etwas Positives hatte es aber trotzdem. Seither setzt sie sich intensiver mit dem Leistungsniveau der Konkurrenz auseinander. Und deshalb ist sie schon ein bisschen stolz, dass sie in der zurückliegenden Hallensaison die Weltbestenliste der Juniorinnen mit zwei anderen Springerinnen anführt.
Ab dem 1. Juli lautet die klangvolle Anschrift von Ariane Friedrich: Otto-Fleck-Schneise, Frankfurt. Dann wird sie dort am Sportinternat des Olympiastützpunktes wohnen und im Oktober anfangen, Sport und Biologie zu studieren.
Bessere Rahmenbedingungen in Frankfurt
Damit sollten die Rahmenbedingungen stimmen. Das weiß die junge Höhenjägerin auch: "Ich habe vor, möglichst lange in Frankfurt zu bleiben." Deshalb wechselte sie Ende des letzten Jahres vom TV Hessisch Lichtenau auch zur LG Eintracht Frankfurt und wird mittlerweile von Günther Eisinger, einem klangvollen Namen in der Szene, trainiert. Die Entscheidung fiel offenbar leicht: "Ich habe mir einen Verein gesucht, bei dem das Konzept stimmt. Ich kannte Günther schon persönlich, wir haben bereits Trainingslager gemeinsam absolviert. Ich wusste, dass er top ist." Das gab auch den entscheidenden Ausschlag für die hessische Metropole.
Es war und ist sicherlich ein entscheidender Schritt hin zu einem professionelleren Umgang mit dem Leistungssport. Dabei steht derzeit das "allerheilige Abitur" an oberster Stelle der Prioritätenliste. In zwei Wochen geht es in die Prüfungen, dafür büffelt Ariane Friedrich in diesen Tagen und deshalb müssen momentan ihre anderen Leidenschaften ein wenig zurückstehen.
Beats, die motivieren
In ihrer Freizeit surft sie gerne im Internet, geht mit Freunden weg, liest Comics. "Ich mache auch noch viel anderen Sport", sagt sie. Neben dem Leichtathletiktraining zählen Inlineskaten und Volleyball zu ihren Hauptaktivitäten. Und dann war da ja noch die Musik. Alles außer Mainstream. "Die Beats motivieren total, auch bei den Wettkämpfen", schwärmt die 1,78 Meter große Athletin über ihre Lieblingsmusik. Jung und wild, dieses Prädikat scheint für Ariane Friedrich erfunden worden zu sein.
Die Entscheidung pro Leistungssport hat sie für sich schon früh beantwortet. "Ich stellte schon in der Schulzeit fest, dass ich ohne Sport nicht leben werde." In ihrem Zeugnis aus der ersten Klasse stand auch bereits: "Ariane zeigte ihre leichtathletischen Fähigkeiten." Dann gewann sie einen Dreikampf und später landete sie beim Leichtathletik-Verein. So richtig angefangen zu trainieren hat sie allerdings erst vor drei Jahren.
"Irgendwann habe ich mich zusammengerissen", erinnert sie sich. Sie blieb an dem "Knackpunkt, den jeder durchmacht" dem Sport treu. Sie wollte ihr Potenzial nicht verschenken. Stattdessen ließ sie sich vom Zauber der Leichtathletik einfangen. Bei allen Widrigkeiten. Die nächste trainingstaugliche Halle liegt dreißig Kilometer entfernt, daheim in und um Helsa trainiert sie auf einem "huckligen Sportplatz" zwischen Wald und Wiesen, kein Kraftraum. Ihre Mutter bringt es etwas überspitzt auf den Punkt: "Ariane ist aus dem Urwald auferstanden. Sie hat aus widrigen Bedingungen immer das Beste herausgeholt."
Nur nicht hängen lassen
Doch die dortige Saat ging auf. Bei den Deutschen Meisterschaften 2000 wurde sie bereits Vierte in der weiblichen B-Jugend. Ein Jahr später stand sie als Zweite auf dem Treppchen. Diesen Platz wiederholte sie bei den Jugend-Hallen-Meisterschaften 2002, um dann im Sommer auf dem Weg zur Junioren-WM als Sechste abzustürzen. Dass ihr "Ich bin nicht der Typ, der sich so leicht hängen lässt" nicht so einfach dahin gesagt ist, bewies sie in diesem Winter mit ihrem Sprung zum Jugend-Hallentitel in Leverkusen. Es war wohl an der Zeit.
An der Zeit wäre es in der anstehenden Freiluftsaison auch, das Ticket zu einem großen internationalen Wettkampf zu lösen. Die Junioren-Europameisterschaft im finnischen Tampere ruft: "Das ist das erklärte Ziel." Dafür will Ariane Friedrich die zuletzt gezeigte Leistung bestätigen.
Bei dem blonden Hochsprung-Youngster zeichnet sich bereits ab, dass sie gute Voraussetzungen mitbringt, eines Tages ein bisschen Stoff für die Geschichten, die sich im Sport so zugetragen, zu liefern. Sie ist eine junge Frau, die etwas zu sagen hat, gerade weil sie nicht mit dem Strom schwimmt.
Eine Rose für Ingo
Für Spekulationen in den Boulevardblättern hatte sie gemeinsam mit Bianca Schmid, der Tochter des früheren Hürdenstars Harald Schmid, mehr oder weniger ungewollt als Zaungast der letztjährigen Europameisterschaft in München gesorgt. "Wir haben Ingo Schultz auf der Ehrenrunde die Rose zugeworfen, weil wir ihn toll fanden", erinnert sich Ariane Friedrich, "wir wollten unsere Bewunderung ausdrücken." Die Fersehkameras, Fotografen und Journalisten waren ahnungslos verzückt.
Der 400-Meter-Europameister weiß inzwischen auch, woher die Rose kam und er schmunzelt vielsagend, wenn man ihn darauf anspricht. Noch haben sich die Wege von Ariane Friedrich und Ingo Schultz in der Leichtathletikszene nicht gekreuzt, aber die Hochspringerin hat alle berechtigte Hoffnung, dass es in absehbarer Zeit soweit sein könnte: "Wir werden uns hoffentlich bei einem Wettkampf einmal über den Weg laufen." Vielleicht ja sogar irgendwann in der Nationalmannschaft.
Ariane Friedrich ist auf dem Sprung. Und wie hat sie von ihrem Coach Günther Eisinger schon gelernt: "Nur Fliegen ist schöner." Dem ist nichts hinzuzufügen.