Fosbury-Revolution - Als der Flop zum Hit wurde
Ein Olympiasieger, der nur kurz Sportkarriere machte, hat 1968 den Hochsprung grundlegend verändert. Dick Fosbury sorgte mit seinem spektakulären neuen Stil bei den Olympischen Spielen in Mexiko City für eine technische Revolution in der Leichtathletik. Am Dienstag wird der Amerikaner 65 Jahre alt.
Nachdem Dick Fosbury 1968 als Olympiasieger von Mexiko City den Flop kreiert hatte, wurde Dwight Stones (USA) 1973 im München mit 2,30 Metern zum ersten Weltrekordler im revolutionären neuen Sprungstil.Der Flop, bei dem der Springer mit dem Kopf voran rücklings die Latte überquert, ist sehr viel einfacher zu erlernen als der technisch schwierigere Straddle, bei dem der Athlet die Barriere bäuchlings meistert.
Der neue Stil brachte eine enorme Leistungsentwicklung, vor allem bei der Jugend. Nur seiner Erfindung ist es zu verdanken, dass Ulrike Meyfarth (LG Rhein-Ville) 1972 in München als 16-Jährige mit der Weltrekordhöhe von 1,92 Metern Olympiasiegerin werden konnte.
Trainer hielt es für Zirkusnummer
Wäre es nach Bernie Wagner gegangen, dann hätte die größte technische Revolution der Leichtathletik-Geschichte gar nicht stattgefunden. Der Trainer wähnte nämlich seinen experimentierfreudigen Hochspringer Richard Fosbury vollends auf dem Holzweg, als dieser sich anschickte, die Latte rücklings und mit dem Kopf voran zu überqueren: "So wird nichts aus dir. Besser wäre es, wenn du zum Zirkus gehen würdest", riet Bernie Wagner seinem Athleten.
Doch die Bühne, auf der Richard Douglas Fosbury für Furore sorgte, war nicht die Manege der Artisten, es war Olympia. Im Finale der Sommerspiele 1968 in Mexiko-Stadt meisterte nur der Amerikaner 2,24 Meter - in dem spektakulären neuen Stil, der noch eine Stunde zuvor mitleidig belächelt worden war. Der 1,93 Meter lange Dick Fosbury war beim Olympiasieg 21 Jahre alt, jetzt wird der Vorreiter nach überstandener Krebserkrankung 65 Jahre alt.
Gold bringt das Ende der Laufbahn
Für den amerikanischen Revolutionär markierte das Gold von Mexiko bereits das Ende der Laufbahn. Im folgenden Jahr überließ er den anderen das Feld, um sich an der Oregon State University in Portland dem Ingenieurstudium zu widmen.
Für seine Konkurrenz begann das große Umlernen, dem sich nur wenige erfolgreiche Straddle-Springer entzogen. So der Jenaer Rolf Beilschmidt, der im alten Stil 1977 Weltcupsieger und 1978 EM-Dritter wurde.
Auch Dietmar Mögenburg (50), Olympiasieger 1984 in Los Angeles (USA), hatte erst den Straddle gelernt, stellte sich mit zehn Jahren aber um auf den Flop. "Da sprang ich dann schnell deutlich höher. Aber ich wäre auch ohne den neuen Stil ein erfolgreicher Leichtathlet geworden", glaubt der heute in Oslo lebende Ex-Leverkusener.
Leben von Carlo Thränhardt verändert
Dietmar Mögenburg hatte als Kind stets Dwight Stones für den Erfinder des Flops gehalten. Der US-Amerikaner hatte 1973 in München als Erster 2,30 Meter übersprungen und war zugleich der erste Flop-Weltrekordler.
Carlo Thränhardt, einziger deutscher 2,40-Meter-Springer, sagt: "Fosbury hat mein Leben verändert. Ohne ihn wäre ich nie zum Hochsprung gekommen." Der 54-Jährige, noch heute mit 2,42 Metern Hallen-Europarekordler: "Mich hat die Ästhetik des Rückwärtsspringens fasziniert."
Krebserkrankung überstanden
Dick Fosbury, der im neuen Stil schnell zehn Zentimeter mehr schaffte als im Straddle, war 1967 mit 2,10 Metern noch ein unbedeutender Hochspringer. Im Winter 1968 wurde er überraschend US-Studentenmeister, gewann mit 2,18 Metern die erste Mexiko-Ausscheidung der Amerikaner und reiste mit einer Bestleistung von 2,21 Metern zu den Spielen. Dort schaffte er als Einziger alle Höhen bis 2,22 Meter ohne Fehlversuch und verwandelte das Gelächter über den neuen Stil damit in bewunderndes Staunen.
"Ich wollte nicht länger aus dem Koffer leben", erklärte er 1969 seinen Abschied und verzichtete kurzerhand auf Werbeverträge und Profikarriere. Neben seinem Beruf engagierte sich Dick Fosbury lange für die "Special Olympics" der geistig Behinderten.
1995 folgte die Trennung von Ehefrau Karen. 2008 bedrohte Lymphdrüsenkrebs im Wirbelsäulenbereich sein Leben. Nach Chemotherapie und Operation meldete er sich im Frühjahr 2009 als gesund zurück. Er ist heute für eine Marketing- und PR-Agentur tätig und bildet zusammen mit 54 anderen ehemaligen Elite-Athleten die Vereinigung "Champions für den Frieden."
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Quelle (Text): Sport-Informations-Dienst (sid)