Frank Thaleiser - „Feiern unterm Zuckerhut“
Hamburg macht Pläne, langfristige Pläne. Frank Thaleiser, seit Februar letzten Jahres Geschäftsführer des Landesverbandes an der Elbe, steht für eine Vision 2016. Dann will er bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro (Brasilien) mit eigenen Athleten aus der Hansestadt auf Medaillenjagd gehen können. Mehr über das Vorhaben und Situation der Hamburger Leichtathletik erfahren Sie im Interview.
Frank Thaleiser, die Vision der Hamburger Leichtathletik blickt ins Jahr 2016. Welche Schlagzeile würden Sie dann gerne in der Zeitung lesen?Frank Thaleiser: Nachdem die Olympischen Spiele jetzt nach Rio vergeben sind: „Hamburg feiert unterm Zuckerhut“. Ansonsten würde ich gerne ein Interview lesen mit drei Hamburger Olympia-Teilnehmern, die dabei sind und erklären wieso. Mit der Headline: „Wir haben es geschafft.“1912 hat der erste Hamburger Leichtathlet ein Jahr nach der Gründung des Landesverbandes eine Olympiamedaille geholt. Wer könnte denn hundert Jahre später in die Bresche springen?Frank Thaleiser:
2012 kommt noch zu früh, wir haben uns eben 2016 auf die Fahnen geschrieben. Dann sollen echte Hamburger zumindest wieder dabei sein. Ob es zu einer Medaille reicht, muss man sehen. 2012 könnte aber schon ein Athlet teilnehmen, der für Hamburg startet. Die Rahmenbedingungen sind so gut, dass dieser dann auch eine Medaille machen kann.Eine Athletin scheidet dafür aus. Vor einem Jahr wechselte Claudia Tonn nach Hamburg. Jetzt hat die Weitspringerin ihrem Rücktritt erklärt. Wie sehr schmerzt dieser Verlust?Frank Thaleiser:
Diese Entscheidung tut mir sehr leid. Ich glaube aber, der Rücktritt schmerzt Claudia selbst am meisten. Von der Entwicklung her war es jetzt ihr stärkstes Jahr, außerdem zeigte sie sich in der Stadt und in den Medien als das Gesicht der Hamburger Leichtathletik. Letzten Endes war sie aber in ihrer Entscheidung sehr konsequent.Hamburg braucht damit neue Namen. Woher sollen die Aushängeschilder kommen?Frank Thaleiser:
Unsere Schwerpunkte sind der Sprint und die Kurzhürde sowie der Weitsprung und der Mehrkampf. Darauf konzentrieren wir im Spitzensport unsere Mittel. Es ist wichtig, dass Top-Athleten als Vorbilder für den Nachwuchs fungieren. Wir wollen sie als Leuchtturm einsetzen. Als Verband schaffen wir dafür zunächst die Rahmenbedingungen, ohne die eine Investition in Top-Athleten Quatsch wäre. Geholt werden müssen diese aber von den Vereinen. Dort ist man, glaube ich, in guten Gesprächen. Wir hatten aber schon in diesem Jahr sechs B-Kader-Athleten, von denen vier die WM-Norm geschafft haben und mit Hürdensprinter Helge Schwarzer und Diskuswerfer Markus Münch letztendlich zwei mit dabei waren. Um diese beiden Namen kann man auch etwas aufbauen.Was kann Hamburg den Athleten denn bieten?Frank Thaleiser:
Mit Joachim Witt und Uwe Florczak sind gute Trainer da. Wir haben eine supermoderne Leichtathletikhalle. Anfang November werden wir einen neuen Kraftraum und auch das sogenannte OptoJump-System haben. Wir können außerdem Ausbildungsplätze und Jobs besorgen, haben einen guten Draht zur Uni. Für den Nachwuchs haben wir auch eine Eliteschule des Sports, was vielen gar nicht bewusst ist. Dort wurde das Kontingent auf 25 Schüler erhöht, momentan sind zwölf Plätze vergeben, es ist aber noch kein Leichtathlet dabei.Wie wollen Sie denn in einer Fußballstadt wie Hamburg bei den Jugendlichen überhaupt Begeisterung für die Leichtathletik entfachen?Frank Thaleiser: Wir haben bis zur Altersklasse 14 unglaublich viele Talente. Dann aber kommt das große Loch. Das ist unser Problem. Wir hatten ein Sprintprojekt, das übervoll war. Ich bin überzeugt: Wenn man die Lehrer begeistert, kann man auch die Schüler begeistern. Dafür braucht man aber auch ein attraktives Umfeld, das in Hamburg in den letzten Jahren vernachlässigt worden ist. Es fehlte an Gruppengefühl und Gruppendynamik. Wir wollen jetzt wieder Talente in die Vereine bekommen. Wir machen ein Sichtungsprogramm mit im Moment sieben Trainern, die in die Schulen gehen. Wir versuchen, für eine Basis Vereine und Schulen zusammenzubekommen. Darüber hinaus bekommen wir auch einen hauptamtlichen Jugendtrainer.
Der Marathon war jahrelang ein Vorzeigeprojekt des Landesverbandes. Inzwischen ist er aber in den Händen einer Agentur. Welche Bedeutung hat die Veranstaltung noch für den HLV?Frank Thaleiser: Immer noch eine große. Wir bekommen durch den Marathon eine Lizenzsumme. Darüber finanzieren wir einen großen Teil unserer Aktivitäten. Für den Marathon haben wir jetzt gemeinsam mit der Agentur eine Idee entwickelt. Am 25. April des nächsten Jahres wollen wir zum 25. Jubiläum der Veranstaltung 25.000 Teilnehmer erreichen.Damit ist der Marathon ein Wirtschaftsfaktor. Mit welchem finanziellen Rahmen aber kann der HLV arbeiten?Frank Thaleiser: Zunächst einmal bekommen wir Vieles über den Sportbund und die Stiftung Leistungssport finanziert. Dort stoßen wir auf fruchtbaren Boden. Sie glauben an unser Konzept bis 2016, denn man kann nichts von heute auf morgen aus dem Boden stampfen. Ansonsten haben wir einen Etat von 450.000 Euro aus Eigenmitteln.Wo stößt man als kleiner Landesverband unter diesen Voraussetzungen an Grenzen?Frank Thaleiser:
Im Moment sehe ich keine Grenzen. Wenn man Erfolg hat, bekommt man eine gute Presse, daraus entsteht ein Standing in der Stadt. Wenn Athleten kommen, dann finden wir dafür auch Sponsoren. Wir werden allerdings nie in eine Größenordnung vorstoßen, wie sie in Leverkusen gegeben ist.