Franz Burghagen und das Kämpferherz
Viermal stand er schon bei einer Deutschen Meisterschaft auf dem Treppchen ganz oben, bei der U20-EM war er Vierter, in diesem Jahr bei der U20-WM dabei. Der Erfolg von Franz Burghagen schien programmiert. Doch plötzlich steht nach einem Trainingsunfall hinter der sportlichen Zukunft des 19 Jahre alte Speerwerfers zunächst einmal ein Fragezeichen.
Vor drei Wochen riss sich der Berliner das vordere Kreuzband seines rechten Knies, jetzt bangt er sogar um die erfolgreiche Fortsetzung seiner Karriere. „Wieder auf den Damm zu kommen, ist das oberste Ziel. Ich werde Anfang Dezember operiert und die vollständige Heilung dauert etwa 30 Wochen. Das ist ärgerlich, aber nicht unmöglich.“Deshalb hat er sich für das kommende Jahr trotzdem einiges vorgenommen: „Ich möchte trotz meiner Verletzung meine Bestweite aus diesem Jahr steigern und mit einer Weite um die 79 Meter den Anschluss an die deutsche Spitze schaffen.“
Kaunas (un)erreichbar?
„Außerdem würde ich gerne bei den U23-Europameisterschaften in Kaunas starten, auch wenn das momentan unerreichbar scheint“, meint der junge Berliner und wirkt dabei äußerst fokussiert.
Dass er das Zeug dazu hat, konnte er bereits beweisen: Franz Burghagen sorgte in diesem Jahr bei den Deutschen A-Jugend-Meisterschaften im Berliner Olympiastadion für Furore. Er verfehlte den deutschen U20-Rekord (78,67 m) mit seinen 77,18 Metern nur um etwa eine Speerlänge und gewann den Titel.
Sein Kampfgeist und Optimismus verwundern nicht, sind doch seine beruflichen Ziele eng mit seiner sportlichen Laufbahn verbunden. Noch besucht der Speerwerfer die Werner-Seelenbinder-Schule in Berlin, aber nach seinem Abitur im nächsten Jahr, strebt er einen Platz in der Sportfördergruppe der Bundespolizei an. „Um während der Ausbildung zum Bundespolizisten auch weiterhin meinen Sport betreiben zu können“, erklärt der 19-Jährige ganz pragmatisch.
Straffer Wochenplan
Die Liebe zum Speerwerfen verdankt Franz Burghagen seinen Eltern. Auf ihren Vorschlag hin begann er im Alter von zwölf Jahren mit der Leichtathletik. Da er den Schlagball erstaunlich weit werfen konnte, wurde Wolfgang Kurth auf ihn aufmerksam und nahm ihn in seine Trainingsgruppe auf.
Bis heute trägt er das Trikot der LG Nike Berlin und wird von seinem Entdecker trainiert. Er hat einen straffen Wochenplan, der im Wesentlichen aus einer regelmäßigen Abfolge von Schule, Training und Physiotherapie besteht. Zudem geht er für gewöhnlich einmal die Woche in die Sauna.
„Zurzeit komme ich im Laufe der Woche auf sechs bis sieben Trainingseinheiten.“ Da bleibt wenig Freiraum für Hobbies oder Freizeitbeschäftigungen mit Gleichaltrigen. „Denn das, was an Zeit übrig ist, wird durch Schule beansprucht. Aber nichts desto trotz habe ich viel Spaß am Go-Kart-Fahren, auch wenn sich dazu nur selten Gelegenheiten bieten.“
Stipendiat der Reise Bank Akademie
Soviel Einsatz wird belohnt. Zum einen mit dem Nationaltrikot: „Das ist ein schönes Gefühl, weil es mit einem gewissen Stolz verbunden ist“, erzählt der Nachwuchsathlet. Die Auftritte im deutschen Team bei den U20-Europameisterschaften 2007 in Hengelo (Niederlande) und bei den U20-Weltmeisterschaften in Peking (China) 2006 sowie dieses Jahr in Bydgoszcz (Polen), zählt er zu seinen wichtigsten Wettkämpfen. „Einer der schönsten Momente in meiner Karriere war sicherlich die imposante Eröffnungsfeier der U20-WM in Peking.“
Zum anderen ist der 19 Jahre alte Speerwerfer einer der acht aktuellen Stipendiaten der ReiseBank Akademie, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Nachwuchsathleten in wichtigen außersportlichen Disziplinen zu schulen.
"Hammer"
In einem Zeitraum von 18 Monaten nehmen die jungen Sportler an den unterschiedlichsten Workshops in Darmstadt teil. Das Programm reicht vom Koch- und Tanzkurs über Englisch für Leichtathleten bis hin zu Knigge und Typberatung.
„Wir werden durch die Workshops speziell gefördert. Man bringt uns alles bei, was für uns als Leistungssportler wichtig ist und zusätzlich lernen wir eine Menge fürs Leben. Diese Förderung hilft wirklich ungemein, da wir durch diese Workshops auch Einblicke in die Arbeit mit den Medien bekommen. Im letzten Modul hatten wir eine Typberatung mit einer Shoppingtour und anschließendem Fotoshooting, auf dessen Grundlage dann professionelle Autogrammkarten für uns gedruckt wurden. Das war der Hammer“, erzählt Franz Burghagen begeistert.
Weltmeisterschaft in Berlin
Besonders gespannt ist Franz Burghagen auf die Weltmeisterschaft im kommenden Jahr in seiner Heimatstadt Berlin. Er möchte als Volunteer an dem sportlichen Highlight teilhaben und den Speerwurf-Wettkampf natürlich live vor Ort mitverfolgen.
Sein Favorit auf den Titel ist der Olympiasieger Andreas Thorkildsen (Norwegen). Sein persönliches Vorbild ist jedoch ein anderer: „Sein Name ist Marcel Plautz. Er hat ebenfalls bei meinem Trainer Wolfgang Kurt trainiert und war der erste Speerwerfer, den ich sozusagen ‚live’ habe werfen sehen.“