Frauen-Stabhochsprung im Aufschwung
Im deutschen Frauen-Stabhochsprung geht es derzeit heiß her. Während in vielen anderen Disziplinen die Athleten Probleme haben, die Norm-Vorgaben des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) für die Europameisterschaften in Göteborg (Schweden, 7. bis 13. August) zu erfüllen, sind bereits sieben Stabhochspringerinnen über die von ihnen geforderten 4,40 Meter gesprungen.
Herbert Czingon bekommt wieder richtige Höhenflüge zu sehen (Foto: Chai)
Letztmals waren die deutschen Springerinnen in der Breite 2002 so stark.Der Grund für diese Leistungsdichte liegt für DLV-Disziplintrainer Herbert Czingon auf der Hand. "Wir hatten in den letzten beiden Jahren viele Athletinnen mit Verletzungssorgen. Diese sind jetzt wieder gesund oder zumindest auf dem Weg dorthin." Die Sprache ist von Yvonne Buschbaum, Nastja Ryshich (beide ABC Ludwigshafen) oder auch Martina Strutz (SG Dynamo Schweriner).
Junge Springerinnen schließen auf
"Hinzu kommen junge Springerinnen wie Julia Hütter, die jetzt die Lücke zu den Arrivierten schließen", erklärt er weiter. "Dadurch kommt es dann zu dieser großen Leistungsdichte, obwohl auch Annika Becker noch immer fehlt und wir sie schmerzlich vermissen."
Und durchaus könnte der Kreis der Kandidatinnen für ein EM-Ticket bis zu den Deutschen Meisterschaften in Ulm (15./16. Juli) noch größer werden, Herbert Czingon hat auch Athletinnen wie die Zweibrückerin Kristina Gadschiew oder Anna Schultze (LG Filstal) noch auf der Rechnung. "Das ist schon eine aufregende Situation zur Zeit", freut er sich.
Zusätzliche Energie durch niedrige' Norm
Deutlich lässt sich auf jeden Fall ein Aufschwung erkennen. "In der Halle sah das ja noch ganz anders aus. Bei den Deutschen Hallen-Meisterschaften ist der dritte Platz mit 4,05 Metern weggegangen", erinnert sich Herbert Czingon, "aber ich war die ganze Zeit überzeugt, dass sich das wieder ändert."
Gleichzeitig weist er auch die Bedenken zurück, dass die Norm zu niedrig angesetzt sein könnte. "Ich bin immer dafür, möglichst viele einzubinden und genau das haben wir mit einer etwas niedrigeren Norm erreicht." Springerinnen aus der zweiten Reihe' sehen sich durch die Norm motiviert.
"Da muss keiner von Anfang an denken, das kann ich sowieso nicht schaffen." Und die stärkeren Springerinnen müssen sich durch gute Leistungen beweisen. Solch eine gute Konkurrenz kann auch nach Meinung des Disziplintrainers noch einmal zusätzliche Energien freisetzen. "Keine kann sich schon zu Beginn der Saison sicher ausrechnen, dass sie dann zum Höhepunkt sicher mit dabei ist." Und auch 4,40 Meter müssen erst einmal übersprungen werden!
International noch nicht top
Doch trotz aller Freude meldet Herbert Czingon auch Bedenken an. "4,50 Meter sind heute natürlich auch nicht mehr so viel wert wie vor ein paar Jahren, das Niveau ist international gestiegen. Wir müssen durchweg noch mindestens zehn Zentimeter draufpacken." Und auch für die nächsten Olympischen Spiele 2008 in Peking (China) hat er schon jetzt einen Tipp: "Die Medaillen werden dort wohl kaum unter 4,80 Meter weggehen."
Die Ziele bei den anstehenden Europameisterschaften schätzt er realistisch ein. "Wenn wir mit drei Springerinnen ins Finale kommen, wäre das super. Und wenn dann noch eine in die Nähe einer Medaille kommt, wäre das optimal."
Showdown in Ulm
Die Entscheidung, wer mit zur EM fährt, fällt letztendlich bei den Deutschen Meisterschaften. "Wir können schon jetzt sicher sein, dass mindestens eine Athletin, die schon 4,50 Meter in dieser Saison gesprungen ist, daheim bleiben muss. Das ist einerseits natürlich tragisch aber auch wichtig, wenn es voran gehen soll", beschreibt er die Situation. In gut zwei Wochen können dann die Nerven, Tagesform oder andere Faktoren über die Vergabe der Tickets entscheiden.
"Alle werden sehr gut vorbereitet in den Wettkampf gehen. Ich kann ihnen nur raten, sich auf den Wettkampf zu konzentrieren, Spaß zu haben und nicht an die Konsequenzen zu denken", gibt Herbert Czingon den Stabartistinnen mit auf den Weg. "Dann ist alles offen. Silke Spiegelburg und Nastja Ryshich haben sich bisher sicherlich am stabilsten präsentiert, aber ich könnte jetzt für jede andere Springerin Gründe aufzählen, wieso es gerade bei ihr auch klappen könnte." Der Frauen-Stabhochsprung wird also sicherlich eines der Highlights von Ulm.