Frauengehen verliert gleich zwei Talente
Das deutsche Frauengehen hat gleich zwei Talente auf einen Schlag verloren. Die Deutsche Jugendmeisterin Charlyne Czychy stellte mit erst 19 Jahren ebenso die Schuhe in die Ecke wie die 22-jährige Christin Elß (SC Potsdam), die 2010 noch fünf deutsche Titel geholt hatte.

„Mein Abschied aus dem Gehsport kam für sehr viele sehr plötzlich“, hat Charlyne Czychy beobachtet. Überraschend kam diese Entscheidung vor allem auch deshalb, weil die junge Athletin im letzten Sommer bei der U20-EM in Tallinn (Estland) noch ihr großes Talent eindrucksvoll unter Beweis stellen konnte - mit einer tragischen Fußnote. Den deutschen Jugendrekord und sogar eine Bronzemedaille vor Augen wurde Charlyne Czychy disqualifiziert.
Nicht mehr hundert Prozent
Trotz guter Aussichten, den Anschluss zu den Frauen zu schaffen, verabschiedete sich Charlyne Czychy vom Gehen als Leistungssport. Es war kein Entschluss, den sie plötzlich getroffen hat, sondern einer, der gereift war.
„Wenn man eine Sportart betreibt und Erfolg haben will, vor allem in zeitaufwändigen Sportarten wie dem Gehen, muss man mit hundert Prozent und mehr dahinter stehen, das konnte ich so nicht mehr bieten“, stellt Charlyne Czychy für sich fest.
Sie hat sich jetzt dem Basketball und damit einem Teamsport zugewandt, dem sie mehr abgewinnen kann. „Im Moment genieße ich es mal ein ganz normales Mädchen zu sein. Schon seitdem ich mit zwölf Jahren auf die Sportschule in Potsdam gekommen bin, bestand mein Leben aus Sport und zur Abwechslung Sport, immer mit dem Gedanken Leistung zu bringen. Jetzt habe ich seit langem die Möglichkeit etwas anderes aus meinem Leben zu machen“, gibt die Teenagerin, die ihrer Trainerin Manja Berger für die Arbeit in den letzten Jahren einen großen Dank ausspricht, Einblick in ihre Entscheidung.
Den Sport geliebt
Während bei Charlyne Czychy der zeitaufwändige Einzelsport Gehen an Attraktivität und Reiz verloren hatte, ist der Fall bei Christin Elß anders gelagert. „Ich habe für die Leichtathletik gelebt und den Sport geliebt“, sagt sie. Die 22-Jährige warf am Ende vor allem wegen der für sie nicht stimmigen Rahmenbedingungen die Flinte ins Korn.
„Ich musste viel alleine trainieren. Mein Hauptproblem war immer die Technik, wenn aber keiner dabei ist, wird die Technik auch nicht besser“, erzählt Christin Elß, die nach der Jugendzeit bei Manja Berger zunächst von Michael Klabuhn und dann von Bundestrainer Ronald Weigel betreut wurde.
Zu wenig Unterstützung
Neben einer Verbesserung der für sie unbefriedigenden Trainingssituation hätte sich Christin Elß vor allem auch mehr Unterstützung und Rückhalt durch den Verein, den SC Potsdam, gewünscht. Der Sprung in die Sportfördergruppe war ihr obendrein verwehrt geblieben. Die finanziellen Belastungen für nötige Trainingslager hätte sie unter diesen Vorzeichen trotz Zuschüssen vom Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) und mehrerer Studenten- und Aushilfsjobs, denen sie auch am Wochenende nachging, jetzt nicht mehr stemmen können.
Am Ende entschied sie sich auch nach Gesprächen mit ihren Eltern zum Abschied vom Leistungssport. Leicht ist ihr dieser Entschluss nicht gefallen. Immerhin hatte Christin Elß den Traum von Olympia. Deshalb weiß sie auch schon jetzt: „Wenn ich die Spiele im Fernsehen sehe, wird’s nicht einfach für mich.“