Frauensprint - Würfel werden neu gemischt
Es sind nur zwei Wechsel, aber die haben große Auswirkungen. Deutschlands schnellste 100 Meter-Sprinterinnen des Jahres wechseln den Verein und stellen somit die Hackordnung im deutschen Frauensprint auf den Kopf. Cathleen Tschirch verändert sich von der LG Weserbergland zum TSV Bayer 04 Leverkusen, Verena Sailer verlässt das LAC Quelle Fürth/München und wird ab dem 1. Januar für die MTG Mannheim an den Start gehen.
Am 5. Juli jubelten die 4x100 Meter-Sprinterinnen der LG Weserbergland. Nina Giebel, Cathleen Tschirch, Jala Gangnus und Nicole Marahrens verwiesen in 44,28 Sekunden die Staffeln aus Wattenscheid und Fürth/München auf die Plätze und sicherten sich im Nürnberger easyCredit-Stadion den Deutschen Meistertitel, zum dritten Mal in Folge! Hinter der Verlängerung dieses Titelabonnements im nächsten Jahr in Ulm steht jedoch ein dickes Fragezeichen, die Vormachtstellung droht jetzt verloren zu gehen.Mit Cathleen Tschirch verlässt Weserberglands beste Sprinterin den Verein und schließt sich fortan aus privaten Gründen dem TSV Bayer 04 Leverkusen an. Die LG Weserbergland verliert damit nicht nur seine einzige Olympiastarterin, sondern auch den Garant für die Staffelerfolge in den letzten Jahren.
DLV-Disziplintrainer Rüdiger Harksen schreibt aber gerade den Titelverteidiger trotz des Weggangs von Cathleen Tschirch nicht ab: „Werner Scharf leistet dort hervorragende Arbeit. Man muss Weserbergland immer auf der Rechnung haben.“
Leverkusen profitiert
Während bei der LGW der Verlust seines Zugpferdes Spuren hinterlässt, herrscht beim TSV Bayer 04 Leverkusen nach dem Zugang von Cathleen Tschirch eitler Sonnenschein. Zusammen mit den beiden Nachwuchssprinterinnen Mareike Peters und Anne-Kathrin Elbe gehört die 4x100 Meter-Staffel schon jetzt zu den Favoriten auf den Deutschen Meistertitel im kommenden Jahr.
Die härteste Konkurrenz droht dem Werks-Verein aus Baden. Mit Verena Sailer bekommt die MTG Mannheim Verstärkung von der Deutschen 100 Meter-Meisterin, die vom LAC Quelle Fürth/München in die Metropolregion Rhein-Neckar wechselt und dort weiter unter Valerij Bauer trainieren wird. Damit und dem weiteren Zugang der Nachwuchshoffnung Julia Sutschet (LG Kreis Ahrweiler) avanciert Mannheim im Kampf um die Sprintkrone zum Titelanwärter Nummer eins.
„Das wird im nächsten Jahr ein sehr interessantes Rennen um den Meistertitel“, sagt Rüdiger Harksen, nicht nur der verantwortliche Disziplintrainer, sondern jetzt auch der neue Cheftrainer Track des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV).
Gut für die National-Staffel
Mit Anne Möllinger, Johanna Kedzierski und Verena Sailer verfügt das Mannheimer Staffelquartett auch über drei potenzielle Anwärterinnen auf einen Platz im deutschen Staffel-Nationalteam bei der Weltmeisterschaft im nächsten Jahr in Berlin.
„Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung, dass sich starke Sprinterinnen schon in den Vereinen bündeln. Davon profitiert natürlich auch die Nationalmannschaft“, prophezeit Rüdiger Harksen, der als Disziplintrainer immer auch die DLV-Staffel im Auge hat. „Bisher war es immer so, dass wenn wir starke Vereinsstaffeln hatten, auch eine erfolgreiche National-Staffel aufstellen konnten.“
Wattenscheid hofft auf Sina Schielke
Wenn es um die Startplätze in der DLV-Staffel und die nächste nationale Titelvergabe geht, will auch der TV Wattenscheid 01 wieder ein Wörtchen mitreden. „Wir möchten auf jeden Fall um den Titel mitlaufen“, sagt Roland Stein, der Sprinttrainer der Blauhemden. In der vergangenen Saison belegte das Quartett aus dem Ruhrpott bei den Deutschen Meisterschaften den zweiten Rang und das obwohl es mit Sina Schielke auf seine erfolgreichste Sprinterin verzichten musste.
Die 27-Jährige legte eine Babypause ein, hat aber nach der Geburt ihres Sohnes Jaime Ende Juli wieder mit dem Training begonnen und will im nächsten Jahr neu angreifen. „Sina ist seit Mitte Oktober wieder voll im Training. Es sieht alles gut aus“, gibt sich Roland Stein zuversichtlich.
Maike Dix will es noch einmal wissen
Neben der Rückkehrerin erhält Wattenscheid zusätzlich Verstärkung vom Nachbarn aus Dortmund. Maike Dix kommt von der LG Olympia und sorgt dafür, dass der Verein in diesem Bereich sowohl in der Breite als auch in der Qualität mit Katja Wakan, Sina Schielke, Maike Dix, Karoline Köhler sowie Nachwuchskräften wie Yasmin Kwadwo oder Sosthene Moguenara hervorragend aufgestellt ist.
„Von Maike erwarte ich mir einen großen Leistungssprung. Sie hat die letzten drei Jahre ihrem Studium gewidmet, will jetzt aber wieder alle Energie in den Leistungssport stecken“, sagt Ronald Stein, der in Deutschland einen Dreikampf zwischen Leverkusen, Mannheim und seinen Wattenscheiderinnen sieht: „Leverkusen und Mannheim waren in der letzten Saison schon stark. Mit den beiden Neuzugängen werden sie sicher nicht schwächer werden. Für die LG Weserbergland wird es hingegen ohne Cathleen Tschirch schwer, in diesen Dreikampf einzugreifen.“
Für Rüdiger Harksen liegt mit dem VfB Stuttgart, der sich mit der Hürdensprinterin Stephanie Lichtl (LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg) und Anja Wackershauser (VfL Kirchheim) verstärkt hat und eine junge talentierte Staffel stellen wird, bereits ein weiteres Team in Lauerstellung. „Auf die muss man sicherlich aufpassen“, warnt er. Mindestens fünf Frauen-Sprintstaffeln hegen also für die nächsten Meisterschaften Medaillenhoffnungen. Fehler werden bei dieser Dichte gnadenlos bestraft werden. Soviel ist jetzt schon sicher.