Fred Eberle - Das pädagogische Gewissen
„Fred Eberle hat mich von der Kreisliga in die Weltspitze geführt.“ Der ehemalige Weltklasse-Zehnkämpfer Siggi Wentz lässt keinen Zweifel daran, wem er den Aufstieg in die Weltspitze zu verdanken hat. Für seine besonderen Leistungen und außerordentlichen Verdienste in der Führung der deutschen Leichtathletik wurde Fred Eberle 2008 mit dem Hanns-Braun-Wanderpreis ausgezeichnet.
Mit 16 Jahren war Siggi Wentz nach Schwäbisch Gmünd zur LG Staufen und zu Fred Eberle gekommen. Drei Jahre später wurde er unter dessen Fittichen Junioren-Europameister, später holte er vier Medaillen bei internationalen Großereignissen wie WM, EM und Olympia. „Fred Eberle ist menschlich top, er ist für mich Trainer und Freund zugleich geworden“, sagt der heutige Chefarzt an einer Reha-Klinik im Schwarzwald.Menschlich integer, fachlich kompetent und überaus engagiert – Fred Eberles Prädikate sind bemerkenswert. Der ehemalige Leichtathlet und Fußballer machte früh als Mehrkampf-Trainer bei der LG Staufen auf sich aufmerksam. Als Lehrwart im Württembergischen Leichtathletik-Verband (WLV) gibt er seine Erfahrungen bis heute vornehmlich an junge Übungsleiter und Trainer weiter.
Rückbindung von Spitzenathleten
So hat er in diesem Jahr auch Speerwerfer Peter Esenwein in seinen Lehrstab geholt, um eine Rückbindung von Spitzenathleten mit der Basis zu erreichen. Seit 1994 ist Fred Eberle Vizepräsident des WLV und kämpft auf seine Art gegen den nachlassenden Stellenwert der olympischen Kernsportart Leichtathletik in Schule und Verein.
„Die große Leichtathletik fängt bei den Kleinen an“, lautet eine seiner programmatischen Aussagen. Seit 1997 ist Fred Eberle als Kinderbeauftragter (heute nennt er sich Präsidiumsbeauftragter für Zukunftsfragen) im Präsidium des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV).
Als Folge des Mainzer Kongresses („Kinder in der Leichtathletik“) setzte Fred Eberle entscheidende Impulse für die Entwicklung einer kindgemäßen Leichtathletik, zu deren Grundgedanken die altersgemäße, herausfordernde Leichtathletik unter Berücksichtigung des Teamgedankens zählen. Er entwickelte mit schwäbischen Mitstreitern einen Lehrplan („Leichtathletik in der Schule“), der später bundesweit vermarktet zu einem Verkaufsschlager wurde.
Ein väterlicher Freund
„Ich habe in ihm einen väterlichen Freund gewonnen“, zeigt David Deister, Projektleiter der DLV-BewegungsCamps und von „Leichtathletik in Aktion“ im DLV größten Respekt vor dem geistigen Vater einer neuen Leichtathletik-Orientierung. „Fred arbeitet dabei mit viel Herzblut und hat ein Gespür für Stimmungen“, sagt der jüngere David Deister über seinen Mentor.
2001 stellten die beiden in Jena die neuen Ansätze in einem Modellprojekt unter den Augen des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder vor. Eine ähnliche hohe Wertschätzung seiner Arbeit für die Leichtathletik durfte Fred Eberle im selben Jahr erfahren, als der damalige Bundespräsident Johannes Rau zu einer Stabhochsprung-Präsentation in Fred Eberles Heimatstadt Schwäbisch Gmünd kam.
Zukunft liegt bei den Kindern
Mitte September des vergangenen Jahres stand Fred Eberle auf dem Berliner Alexanderplatz mit 1.100 Kindern beim Finale der DLV-BewegungsCamps und strahlt mit der Sonne um die Wette. „Das war tolle Leichtathletik mit tollen, motivierten Kindern“, sagte er und macht auch an dieser Stelle deutlich, wofür sein Herz in der Leichtathletik schlägt. „Die Zukunft der deutschen Leichtathletik liegt bei den Kindern“, ist Fred Eberle überzeugt.
Für ihn ist es fast zur Lebensaufgabe geworden, Kinder für die Leichtathletik zu begeistern und deren Talente zu fördern. Dabei hat der Mann von der Ostalb außerhalb des Sports selbst beachtliche Talente aufzuweisen. Er ist seit 37 Jahren in der Jazzband „Swany Feet Warmers“ als Saxophonist, Klarinettist und Sänger aktiv. Mit einer Prise Louis Armstrong, eine Messerspitze Silcher macht er hier „a bissle schwäbisch g’färbta uriga Dschäss“ (für Nichtschwaben: ein bisschen schwäbisch eingefärbten urigen Jazz).
Dem musikalischen Talent nicht genug wurde im Gmünder Männerchorensemble „Cantate Domino“ aus dem früheren Chorknaben Fred der Dirigent Fred Eberle. Zuletzt sang er mit seinen Männern auf einer Konzertreise in Prag gregorianische Choralmelodien. Weil der inzwischen pensionierte Dozent an der Pädagogischen Hochschule in Gmünd weitere Freiräume verspürt, saß er in der vergangenen Saison beim Regionalligisten VfR Aalen neben “Euro„-Eddy Schmitt als Schnelligkeitstrainer auf der Trainerbank.
Von ethischen Ansprüchen geprägt
Die größte Anerkennung erfährt der 66-Jährige dennoch bei den Leichtathleten. „Fred Eberle ist der kompetenteste Vertreter der Kinder- und Jugend-Leichtathletik“, würdigt DLV-Ehrenpräsident Theo Rous seinen langjährigen Weggefährten. „Seine Arbeit ist geprägt von ethischen Ansprüchen und kritischer Solidarität“, sagt er weiter.
„Fred ist ein Urgestein der württembergischen Leichtathletik, das unzertrennbar mit der Lehre, Pädagogik und Menschlichkeit verbunden ist“, weiß auch WLV-Präsident Jürgen Scholz seinen „Vize“ zu schätzen. Gerade haben beide eine der schmerzlichsten Niederlagen erlitten. Der Kampf um den Erhalt der Stuttgarter Leichtathletik-Bahn in der Aktion „Ja zur Bahn“ ging verloren. Da musste Fred Eberle am Ende des Weltfinales in der Mercedes-Benz-Arena sogar die breite Schulter für die Tränen des Präsidenten hinhalten.
Der Text ist dem Jahrbuch 2008 des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) entnommen. Das gesamte Buch mit weiteren interessanten Portraits und Rückblicken können Sie im leichtathletik.de-Shop bestellen.