| Interview der Woche

Friedelinde Petershofen: „Habe noch beträchtliche Reserven“

Friedelinde Petershofen vom SC Potsdam hat am Sonntag das „Season Opening“ der deutschen Stabhochspringerinnen in Leverkusen gewonnen und ihre Hallen-Bestleistung auf 4,40 Meter gesteigert. Damit knüpfte die gebürtige Oldenburgerin an ihre starken Leistungen im letzten Sommer an. Bei der DM in Erfurt hatte sie sich um stattliche 25 Zentimeter auf 4,55 Meter gesteigert und das WM-Ticket für London gelöst. Jetzt plant die 22-Jährige mit der Heim-EM in Berlin (6. bis 12. August). Im Interview spricht die Athletin über ihre sportlichen Wurzeln, die Team-Tage der DLV-Stabhochsprung-Kader und ihr Trainingslager vor Weihnachten in Südafrika.
Harald Koken

Friedelinde Petershofen, wie bewerten Sie Ihren ersten Wettkampf im neuen Jahr?

Friedelinde Petershofen:

Der Wettkampf war unerwartet gut. Ich wollte eigentlich nur locker mitspringen, ohne Druck einfach mal gucken. Dass daraus ein Sieg wurde mit einer Höhe, mit der ich nicht gerechnet hatte, ist eine Überraschung. Zumal es für mich eine persönliche Bestleistung in der Halle war. Ich hatte schon im Gefühl, dass ich relativ viel drauf habe. Aber eigentlich fehlt noch die Routine. Ich brauche immer drei oder vier Wettkämpfe, bis ich reinkomme. Aber das war schon cool, hat echt Bock gemacht.

Es sieht so aus, als würden Sie da anknüpfen, wo Sie im Sommer aufgehört haben.

Friedelinde Petershofen:

Irgendwie schon. Ich mache einfach. Ich denke momentan nicht viel darüber nach. Ich habe schlichtweg das Gefühl, dass mein Körper will. Das Training läuft gut. Irgendwie schwebe ich auf einer kleinen Welle, die weitergeht. Ich habe Freude daran. In Leverkusen mag ich die Halle und die ganze Anlage echt gerne. Ich freue mich auch immer, wenn wir Team-Tage hier haben.

Wobei Potsdam für Stabhochspringer auch nicht schlecht ausgestattet ist.

Friedelinde Petershofen:

Überhaupt nicht. Wir haben Top-Anlagen, Krafträume, Turnhalle. Ich bin dort auch unglaublich glücklich. Ich glaube, dass wir auch etwas daraus machen. Das sieht man auch an Leni Freya Wildgrube, die beim Season Opening ebenfalls mit einer guten Leistung gewonnen hat. Wenngleich wir bei verschiedenen Trainern trainieren, kreuzen sich unsere Wege doch häufig. Wir wärmen uns zusammen auf oder quatschen miteinander. Da kann jeder von jedem lernen.

Die Team-Tage, also der gemeinsame Lehrgang der DLV-Stabhochsprung-Kader, waren dem „Season Opening“ vorgeschaltet. Haben Sie also den Wettkampf aus dem vollen Training bestritten?

Friedelinde Petershofen:

Wir haben echt gut und intensiv gearbeitet. Ich bin hier am Donnerstag schon einmal gesprungen auf der Stabhochsprung-Messanlage. Da waren meine Sprünge noch überhaupt nicht gut. Ich bin gar nicht reingekommen. Aber ich behalte die dort festgestellten Defizite im Hinterkopf, das hilft mir ungemein. Von daher habe ich gedacht, dass ich im Wettkampf nichts zu verlieren habe. Wir haben viel mit dem Jugend-Kader gemacht, wir haben Fortbildungen, Workshops gehabt. Da haben wir alle sehr viel mitgenommen. Das hilft sicher weiter.

Sie waren im Dezember bereits zum Training in Südafrika. Wie lautet Ihr Fazit diesbezüglich?

Friedelinde Petershofen:

Da ist definitiv etwas hängen geblieben. In der Wärme, da kann man lange Anläufe springen, ich kann mich ein Stückchen gezielter auf die Wettkämpfe vorbereiten. Ich fühle mich einfach fitter, wenn ich in der Wärme war und draußen trainieren konnte. Allerdings gibt es noch viel zu tun. Ich würde behaupten, dass ich von der Technik her im Training deutlich fertiger springe, aber dazu brauche ich wie gesagt noch einige Wettkämpfe. Ich glaube, dass ich konditionell stärker geworden bin. Ich habe meine Kraftwerte gesteigert. Das sind Grundlagen, auf denen sich aufbauen lässt.

Wie geht es weiter?

Friedelinde Petershofen:

Am nächsten Wochenende habe ich Landesmeisterschaften bei uns in der Halle in Potsdam, danach springe ich beim internationalen Stabhochsprung-Meeting im Stern Center Potsdam. Dann schauen wir mal. Die Quali für die Hallen-DM habe ich, von daher können wir entspannt weiter machen. Aber zunächst werden es kleinere Wettkämpfe sein, um reinzukommen. Aber bei den Deutschen Hallen-Meisterschaften möchte ich auf jeden Fall höher springen. Ich würde gerne meine Freiluft-Bestleistung von 4,55 Metern bestätigen und in dem Bereich stabil springen. Wenn mir das gelingt, kann ich gut darauf für die Freiluft-Wettkämpfe aufbauen und dann dort noch einmal ein Stückchen höher springen.

Wie stark ist die Heim-EM im August in Berlin im Kopf verankert?

Friedelinde Petershofen:

Vor einem Jahr hätte ich nie im Leben daran gedacht, aber mittlerweile will ich da auf jeden Fall hin. Berlin liegt ja bei mir um die Ecke. Darauf arbeiten wir hin. Wir haben in Deutschland eine hohe Dichte im oberen Bereich. Von daher wird die Qualifikationshöhe von 4,45 Metern nicht reichen. Aber ich habe mir vorgenommen noch höher zu springen. Den Rest müssen wir abwarten.

Wo sehen Sie bei sich selbst noch Reserven?

Friedelinde Petershofen:

Grundlegend liegen bei mir in allen Bereichen noch beträchtliche Reserven, weil ich erst vor drei Jahren angefangen habe, akzentuiert und intensiv Stabhochsprung zu trainieren. Ich kann noch schneller laufen, mir fehlt noch viel Kraft. Dadurch kommt man immer nur Schritt für Schritt voran.

Sie haben früher geturnt. Ist das heute von Vorteil?

Friedelinde Petershofen:

Definitiv. Ich war Turnerin und auch relativ gut, irgendwann aber nicht mehr klein genug dafür. Ich habe mit elf Jahren aufgehört, weil ich am Barren mit den Füßen auf den Boden gekommen bin. Mir war klar, dass ich im Turnen nie irgendwo oben ankommen werde. Allerdings liebe ich Turnen immer noch und turne immer noch gerne. Turnen hilft im Stabhochsprung. Wir haben auch bei den Team-Tagen in Leverkusen neue Übungen zum Beispiel am Reck gelernt.

Sind Sie direkt vom Turnen zum Stabhochsprung gewechselt?

Friedelinde Petershofen:

Nein, der Weg war relativ lang. Ich habe zunächst turnerische Mehrkämpfe gemacht, also Leichtathletik und Turnen in Kombination, habe aber verhältnismäßig wenig trainiert, vielleicht dreimal die Woche. Dann habe ich komplett mit Turnen aufgehört und Mehrkämpfe in der Leichtathletik bestritten, mal Hürden, mal Hochsprung, war aber nicht glücklich damit. Durch Zufall bin ich an einen Trainer geraten, der in meiner Heimatstadt Oldenburg Stabhochsprung anbietet. Da bin ich hängengeblieben. Leider konnten wir nicht häufig trainieren, anfangs vielleicht einmal im Monat. Aber irgendwie fand ich das toll und wollte dabei bleiben. Nach dem Abi habe ich mich dann dafür entschieden.

Womit wir beim Umzug von Oldenburg nach Potsdam wären?

Friedelinde Petershofen:

Ich studiere Sport und Biologie auf Lehramt, wollte aber auch selbst Sport treiben, da ich schon immer mit dem Sport verbunden war. Die Entscheidung fiel spontan, auch vor dem Hintergrund, dass mein Trainer Stefan Ritter früher schon mein Jugend-Kadertrainer war. Wir haben uns immer schon gut verstanden, wir konnten gut miteinander trainieren. Dann habe ich mich vom einen auf den anderen Tag entschieden und bin unglaublich glücklich damit.

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