Gänsefurth - Kleiner Verein mit Zugpferd
In einem Stadtteil von Hecklingen, knapp 50 Kilometer von Magdeburg, entstand aus der Idee, eigene Sportveranstaltungen zu organisieren, die Gänsefurther Sportbewegung. War man in der deutschen Leichtathletik-Szene zunächst einmal verdutzt, so hat man sich inzwischen nicht zuletzt wegen der Marathonläuferin Claudia Dreher an diesen Namen gewöhnt.

Claudia Dreher läuft für die Gänsefurther Sportbewegung (Foto: Chai)
Die 34-Jährige repräsentiert mit der nächsten Saison schon vier Jahre in Folge den kleinen Verein in Sachsen-Anhalt, der vom Gänsefurther Mineralwasser-Konzern ins Leben gerufen wurde. Unter den weniger als 20 Mitgliedern der Gänsefurther Sportbewegung ist Claudia Dreher die einzige Leistungssportlerin und damit natürlich auch das Zugpferd des Vereins. "Wir haben hier kein Stadion und schon gar keine Halle, wo Leichtathleten trainieren könnten, dafür gibt's jede Menge Wald und viele Straßen."
Abhärtung für die großen Ziele
Für Springer, Sprinter und Werfer unvorstellbar, für die Langstreckenläuferin könnte es keine besseren Bedingungen geben. "Direkt vor meiner Haustür beginnt das Training. Gerade im Winter ist das zwar nicht immer angenehm, aber es härtet unheimlich ab."
Claudia Dreher braucht die Härte jetzt auch. Denn ihre sportliche Vergangenheit ist geprägt von ständigen Rückschlägen. Dennoch konnte sie bei diversen lukrativen Stadt-Marathonläufen wie zum Beispiel in Houston (1997), Lissabon (1997, 2001) und Köln (2002, 2004, 2005) in den zurückliegenden Jahren Siege verbuchen und zumindest mit ihren jüngsten Erfolgen auch Gänsefurth ein Stück weit in die Öffentlichkeit rücken.
Krankheiten und Verletzungen verwehrten der ehrgeizigen Läuferin des Öfteren große Einsätze. Zuletzt geschehen im vergangenen Sommer mit der Weltmeisterschaft in Helsinki, die sie nach zwei überstandenen Achillessehnen-Operationen noch vorbeugend für längerfristige Ziele ausließ. Die neue Saison soll für Claudia Dreher endlich wieder zum großen Erfolg führen. Damit dies gelingt, hat sie sich in Gänsefurth ein sportliches Umfeld aufgebaut und arbeitet konsequent an ihren Leistungen.
"Ich fühle mich einfach wohl hier"
Unterstützung bekommt sie dabei in erster Linie von Trainer und Lebensgefährten Bodo Unger, der Verein selbst kann nur wenig tun. "Nur dank meiner persönlichen Sponsoren kann ich die nötigen Mittel für Trainingslager und Wettkampfreisen aufbringen. Der Verein kann eine solche Förderung nicht leisten", erzählt die Marathonspezialistin.
Auf den ersten Blick scheinen zwar die Rahmenbedingungen nicht optimal für Claudia Dreher, doch ihre freudige Stimme verrät, dass es ihr im kleinen Gänsefurther Verein an nichts fehlt. So hegte sie auch in den vergangenen Jahren nie ernsthafte Ambitionen nach einem Vereinswechsel. "Ich bin in dieser Region aufgewachsen und habe hier mit meiner Familie und meinen Freunden alles, was ich brauche. Ich fühle mich einfach nur wohl hier."
Gerade das Persönliche ist es, was die Marketing-Kommunikations-Studentin in ihrem leistungssportlichen Umfeld so schätzt. Die meisten Leichtathleten müssen allerdings auf einen solch familiären Trainingsalltag verzichten. Gerade im Sprint- und Sprungbereich sind gute Trainingsbedingungen und vor allem Trainingspartner unerlässlich, was immer eher für einen Großverein spricht.
Minimum
Knapp 12.000 Mitglieder und 14 Abteilungen zählt der 1904 gegründete "Turn- und Sportverein Bayer 04 Leverkusen", gerade mal jene 20 Mitglieder sind es bei der Gänsefurther Sportbewegung. Der Unterschied könnte größer nicht sein. Die Bedingungen, um erfolgreichen Leistungssport zu betreiben, beschreiben in Gänsefurth das Minimum. Trotzdem hat man auch dort mit Claudia Dreher den Anspruch national und auch international ganz vorn mit dabei zu sein.
Damit die B-Kader-Athletin in der nächsten Sommersaison auch beim Wettkampfhöhepunkt, der Europameisterschaft in Göteborg, eben dort vorne mitläuft, heißt es aber auch immer wieder Abschied nehmen von der Heimat.
Vor-Weihnachtsausflug nach Japan
Erst kurz vor dem Weihnachtsfest ließ Claudia Dreher das Jahr bei winterlichen Bedingungen mit einem Halbmarathon in Okayama ausklingen. Eine Gänsefurtherin in Japan! Mit einem achten Platz und einer Zeit von 1:13:57 Stunden hatte sich die gebürtige Magdeburgerin ihren Festtagsschmaus redlich verdient und ließ sich den, wie könnte es anders sein, erst zu Hause schmecken.
Zu Wettkämpfen und Trainingslagern zieht es die Marathonläuferin zwar des Öfteren in ferne und große Länder, doch fest steht, am wohlsten fühlt sich Claudia Dreher immer noch bei ihrer "kleinen Familie" in der Gänsefurther Sportbewegung.