Gelingt Kenenisa Bekele der vierte Doppelsieg?
Die Cross-Weltmeisterschaft verspricht an diesem Wochenende eine ganze Menge Spannung. Die einst dominanten Kenianer kämpften in den letzten drei Jahren vergeblich gegen den Äthiopier Kenenisa Bekele an, der sich keinen der letzten sechs Titel nehmen ließ. Im vergangenen Jahr gab es für Kenia keine einzige Einzelmedaille bei den Männern. Äthiopien räumte alles ab. Setzt sich diese Serie auch in Saint Galmier fort? Oder gelingt in Frankreich endlich die Revanche?
Kenenisa Bekele hat sich zur doppelten Titelverteidigung angesagt (Foto: Kleinmann)
Fest steht, dass Kenia einmal mehr vor einer schwierigen Aufgabe steht. Ezekiel Kemboi, Olympiasieger über 3.000 Meter Hindernis, machte das jüngst auch daran fest, dass die zu Nationen wie Katar oder Bahrain übergelaufenen Athleten, allen voran Hindernis-Weltmeister Saif Saeed Shaheen, den Kenianern das Leben zusätzlich dadurch schwer machen könnten, dass diese die taktische Ausrichtung kennen und ihr Rennen darauf ausrichten würden.Trotzdem ruhen die Hoffnungen vor allem auf 5.000-Meter-Weltmeister Eliud Kipchoge, dem man zutraut, den dreimaligen Doppel-Cross-Weltmeister Kenenisa Bekele diesmal auf der Langstrecke mit einer ausgeklügelten Taktik hinter sich zu lassen. Dabei hofft man vor allem auch darauf, dass der Dominator der letzten Jahre nicht in Bestform antritt, nachdem er in der Hallensaison Niederlagen einstecken und den Verlust seiner verstorbenen Verlobten verkraften musste.
Chancenreicher Außenseiter
Äthiopien schickt bei dem Männern auf der Langstrecke mit dem 21-jährigen Abebe Dinkesa einen chancenreichen Außenseiter ins Rennen, der in der zurückliegenden Cross-Saison einen guten Eindruck hinterließ und in die Bresche springen könnte. "Er hat uns im Training beeindruckt und er kann gegen die Besten bestehen", schildert der äthiopische Assistenztrainer Hussein Shebo seine Eindrücke.
Abebe Dinkesa, der es im Vorfeld der Olympischen Spiele in Athen zumindest in den erweiterten Kader seines Landes geschafft hatte, rechnet sich selbst auch alle Chancen auf eine Medaille aus: "Ich kann es kaum mehr erwarten." Außerdem ist im äthiopischen Team Gebre-egziabher Gebremariam, der im letzen Jahr zweimal Silber gewann, wieder mit dabei.
Nicht-afrikanische Konkurrenz
Hoffnungen, in die Phalanx der Afrikaner einbrechen zu können, wurden aus den USA bekundet. Dort ruhen die Hoffnungen auf Dathan Ritzenhein, der im Januar als Sieger des internationalen Crosslaufs in Belfast (Irland) überraschte und sich dann auch den US-Titel im Gelände holte. Der Australier Craig Mottram ist ähnlich einzuordnen. Beide laufen nur die Langstrecke.
Vorne mitlaufen will dort auch Boniface Kiprop (Uganda). Der Olympia-Vierte über 10.000 Meter trat die Reise nach Frankreich gelassen an. "Ich habe gut und konzentriert trainiert. Es ist etwas drin, aber ich will nicht die Erwartungen in die Höhe schrauben", sagte er. Uganda tritt in St. Galmier bei den Männern und Junioren mit einer Mannschaft an und hofft auf Platzierungen, die ein Preisgeld einbringen.
Die Fraktion der europäischen Athleten wird vom Cross-Europameister Sergej Lebed angeführt. Der Ukrainer möchte auch auf der Langstrecke sein Glück versuchen.
Tirunesh Dibaba will beide Titel
Bei den Frauen wird der Titel auf der Kurzstrecke in jedem Fall neu vergeben, denn die Vorjahressiegerin Edith Masai (Kenia) fehlt, während die Titelverteidigerin auf der Langstrecke, Benita Johnson (Australien), selbstbewusst nach Frankreich reiste.
Eine Ansage kam im Vorfeld allerdings von der Äthiopierin Tirunesh Dibaba. Die erste 19-Jährige, der eine große Zukunft vorausgesagt wird, will ihrem Landsmann Kenenisa Bekele nacheifern und beide Strecken für sich entscheiden. "Ich bin in der Form meines Lebens", sagte sie, "ich habe momentan vor niemandem Angst."
Ein ähnliches Statement war aber auch aus Kenia zu vernehmen. Die noch recht unbeschriebene Priscila Jepleting tankte zuletzt mächtig Selbstvertrauen. "Ich fürchte niemanden, das könnte mein Jahr werden", erklärte die 24-Jährige, die vor zwei Jahren auf der Kurzstrecke Elfte wurde und auf den ein oder anderen Start in der Golden League verweisen kann. Das kenianische Frauenteam hat im Aufeinandertreffen mit den Äthiopierinnen den Ausfall von Edith Masai aber erst einmal zu kompensieren. Priscila Jepleting muss sich dieser Aufgabe stellen.
Hayley Yelling möchte in Top Ten
Angesichts dieser Konkurrenz wird es die auf beiden Strecken gemeldete Cross-Europameisterin Hayley Yelling schwer haben. Zwar lief sich die Britin am letzten Wochenende mit einem Sieg bei den "UK Inter-Counties Championships" auf heimischem Terrain erfolgreich ein, ihr Ziel für die Cross-WM setzt sie sich mit einen Platz unter den ersten Zehn recht hoch: "Ein Vorhersage fällt schwer, weil ich zuletzt keine internationalen Wettkämpfe hatte. Das wird mit den ganzen Kenianerinnen und Äthiopierinnen ein hartes Rennen." Hoffnungen haben die Britinnen auch auf eine Mannschaftsmedaille, die sie im Vorjahr erlaufen konnten.
Für das Gastgeberland Frankreich steht ein gutes Abschneiden im Vordergrund. Dabei möchte man sich im europäischen Vergleich gut aus der Affäre ziehen, wie der Technische Direktor Robert Poirier verdeutlicht: "Die Zuschauer haben natürlich hohe Erwartungen an unsere Athleten, das ist eine zusätzliche Motivation. Unsere Athleten wollen sich vor allem in der europäischen Spitze behaupten. In den Teamwertungen ist es außerdem das Ziel, auch darüber hinaus vorne mitzumischen."
Zahltag
Die Cross-WM ist aber auch ein großer Zahltag. Den Siegern winken 30.000 US-Dollar Preisgeld, für Rang sechs gibt es immerhin noch 3.000 US-Dollar. Ein Mannschaftserfolg wird mit 20.000 US-Dollar belohnt.
Der äthiopische Cross-Star Kenenisa Bekele hat sich so in den letzten vier Jahren insgesamt fast 195.000 US-Dollar allein bei den Cross-Weltmeisterschaften erlaufen. Hinzu kamen dann noch sein Anteil an den Teamgeldern. Sollte er nun in Saint Galmier wieder wie geplant den Doppelstart wagen und erneut erfolgreich sein, würde seine Gesamtbörse im Gelände auf mehr als 250.000 US-Dollar schnellen.