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Georg Fleischhauer sucht sein Glück in Frankfurt

Er ist der schnellste deutsche 400-Meter-Hürden-Läufer des Jahrtausends. Doch in den vergangenen beiden Jahren musste er die internationalen Höhepunkte vor dem Fernseher verfolgen: die Form stimmte nicht. Für die Weltmeisterschaften 2015 in Peking (China) und die Olympischen Spiele 2016 in Rio (Brasilien) nimmt Georg Fleischhauer jetzt noch einmal neu Anlauf. Und hat dafür Trainer, Wohnort, Trainingsgruppe und schließlich auch den Verein gewechselt.
Silke Morrissey

Georg Fleischhauer lehnt sich entspannt in seinem Sessel auf der Veranda des Protea Hotels zurück. Hinter ihm fallen sanft die Hügel der südafrikanischen Weinberge ab, bevor sich in der Ferne ein Bergmassiv auftürmt. Der Himmel ist strahlend blau, die Sonne scheint. Georg Fleischhauer ist mit dem DLV TopTeam im Trainingslager in Stellenbosch, er ist mittendrin im Kreise der besten deutschen Leichtathleten und er blickt optimistisch voraus auf die nächsten Herausforderungen.

Das war zuletzt nicht immer so. Denn so rasant sein Aufstieg in die deutsche Spitze verlief, so kontinuierlich ging es seit 2012 auch wieder bergab. 2011 war das Jahr von Georg Fleischhauer. Da trommelte er im Vorlauf der Weltmeisterschaften in Daegu (Südkorea) in 48,72 Sekunden die schnellste Zeit eines Deutschen seit der Jahrtausend-Wende auf die Bahn. Die beste internationale Platzierung gelang ihm 2012 mit Rang sechs bei der EM in Helsinki (Finnland).

Gerade einmal 23 Jahre alt war Georg Fleischhauer da, gerade erst am Anfang seiner Karriere und nur drei Jahre nach dem Umstieg von den Kurz- auf die Langhürden ganz vorne mit dabei. Doch während die nationale Konkurrenz sich stetig verbesserte, konnte er in den darauf folgenden Jahren nicht mehr an die Zeiten von 2011 und 2012 anknüpfen.

Zwei Jahre ohne Starts im Nationaltrikot

„Dafür gibt es sicherlich viele Gründe“, sagt Fleischhauer. Die Achillessehne ist einer davon. 2012 begannen die Schmerzen, die einen Olympia-Start zunichtemachten. Anpassungen im Training wurden notwendig und sollten neue Impulse bringen – gingen aber auf Kosten der Schnelligkeit. Was sonst eine der Stärken des Dresdners war, fehlte ihm 2013 im Kampf um die WM-Startplätze.

Ende des Jahres folgte ein dreimonatiges Praktikum in Düsseldorf, das den Student des Wirtschaftsingenieurwesens viel Kraft und Zeit kostete. „Häufig 1.200 Kilometer von Düsseldorf nach Dresden, hin und her, das war viel zu viel. Ich hatte null Regeneration.“ So fehlten 2014 die Grundlagen, um eine 49er Zeit und damit die EM-Norm für Zürich (Schweiz) anzugreifen.

Abschied und Neuanfang

Das alles will Fleischhauer nun hinter sich lassen. Der größte Schritt fiel dabei am schwersten: die Trennung von seiner Trainerin Erika Falz. Sie war seit 2005 an seiner Seite, hat ihn in die Spitze gebracht und ihm bestätigt, dass sie weiterhin Entwicklungs- und Verbesserungspotenzial sieht. Doch die Überlegung neue Wege einzuschlagen reifte schon seit Jahresbeginn.

Das enttäuschende Abschneiden bei den Deutschen Meisterschaften in Ulm mit Rang vier in 50,67 Sekunden gab den Ausschlag, noch vor den Europameisterschaften das Gespräch mit Bundestrainer Volker Beck zu suchen. „Ich habe ihm gesagt, dass ich bereit bin etwas zu verändern. Und am Ende war eigentlich klar, dass der einzig logische Schritt der Wechsel ist.“

Vertrag in Frankfurt unterschrieben

Seit Anfang Oktober wohnt Georg Fleischhauer nun in Frankfurt, wo er aus der Ferne sein Studium mit der Master-Arbeit beenden kann. Seit Ende November steht außerdem fest, dass er vom Dresdner SC 1898 zur LG Eintracht Frankfurt wechseln wird. In der Mainmetropole hat sich Fleischhauer der Trainingsgruppe von Volker Beck angeschlossen, der auch der EM-Sechste über 400 Meter Kamghe Gaba (LG Stadtwerke München) angehört. „Das passt super zusammen“, sagt Volker Beck über seine beiden Topathleten und gibt bildlich auf den Punkt gebracht die Devise für seinen neuen Schützling aus: „Das muss wieder mehr Flummi werden und weniger Kaugummi!“

Das Trainingslager in Stellenbosch bietet für alle Beteiligten die beste Gelegenheit, sich besser kennenzulernen. Hier teilen sich Fleischhauer und Gaba ein Zimmer, hier spulen sie gemeinsam ein ähnliches Programm ab. Die Chemie stimmt, es wird viel gescherzt und gelacht. „Ich fühle mich gut“, sagt Fleischhauer.

Planung bis Berlin 2018

Ein weiterer Vorteil des Trainingslagers: Georg Fleischhauer hat hier die stärkste nationale Konkurrenz direkt vor der Nase. Denn mit Silvio Schirrmeister (LAC Erdgas Chemnitz) sowie den beiden EM-Finalisten Felix Franz (LG Neckar-Enz) und Varg Königsmark (SC Magdeburg) sind auch die Athleten mit dabei, die ihm in den vergangenen zwei Jahren den Rang abgelaufen haben.

Von Spannung oder Missgunst ist im Team aber nichts zu spüren. „Wir haben ein sehr kameradschaftliches Verhältnis“, erklärt Fleischhauer, liefert aber gleich eine Kampfansage mit: „Mein Ziel ist, wieder dabei zu sein!“ Der 26-Jährige plant bis 2018 und damit bis zur Heim-WM in Berlin. Genug Zeit, um noch den ein oder anderen Start im Nationaltrikot ins Visier zu nehmen – mit dem Höhepunkt Olympische Spiele 2016 in Rio. „Der Zeitpunkt für Veränderungen war der richtige“, ist sich Georg Fleischhauer sicher. „Nun bin ich gespannt, wie es nächstes Jahr auf der Bahn klappt!“

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