Gerd Osenberg - Ein Trainerstar wird 75
Er führte Heide Rosendahl, Ulrike Meyfarth und Heike Henkel zu Olympiasieg und Weltrekord. Für sein Lebenswerk erhielt Gerd Osenberg schon 1984 das Bundesverdienstkreuz. An diesem Mittwoch wird der Leverkusener, einer der großen Trainerstars des deutschen Sports, 75 Jahre alt.
Seine Athletinnen machte er zu Weltstars, er selbst blieb stets bescheiden im Hintergrund. Darum überrascht es nicht wirklich, dass Gerd Osenberg auch zum 75. Geburtstag am 11. April keine Feier plant. "Ein Tag wie jeder andere. Ich arbeite wie immer mit meinen Athleten und kümmere mich derzeit auch um Stabhochspringerin Silke Spiegelburg, weil mein für sie zuständiger Kollege Leszek Klima wegen einer Operation nicht kann", sagt der Trainer aus Leidenschaft.Doch Gerd Osenberg wird sich auch diesmal nicht wundern, wenn ihm seine Stars von damals auf die Bude rücken: Heide Ecker-Rosendahl, die Leichtathletik-Queen von Olympia 1972 in München, die damals und dank der Fähigkeiten des Trainers 1984 erneut zum Hochsprung-Gold geflopte Ulrike Meyfarth sowie deren Disziplinkollegin Heike Henkel, die 1992 das Gold-Trio von Gerd Osenberg komplettierte.
Noch mittendrin
"Ich fühle mich noch mittendrin, und so lange ich Erfolg habe, mache ich als Trainer weiter", sagt Gerd Osenberg auch zehn Jahre nach dem Ausscheiden als Cheftrainer beim TSV Bayer 04 Leverkusen. Zu seinen aktuellen Schützligen zählen Dreispringer Randy Lewis (Grenada; 17,49 m) und 1,95-Meter-Hochspringerin Deirdre Ryan (Irland). Daneben gibt Gerd Osenberg sein Wissen ("früher habe ich es eher für mich behalten") gerne an andere Trainer und Athleten weiter.
"Er ist wohl der letzte Trainer, der alle Disziplinen beherrschte. Er feierte Erfolge in Wurf, Langlauf, Sprint und Sprung und war stets drauf bedacht, dass die Sportler nie abhängig waren, sondern selbstständig wurden", sagt Heide Ecker-Rosendahl, die wie Gerd Osenberg aus Radevormwald im Bergischen Land stammt und in Leverkusen in der gleichen Straße wohnt.
Ruhig und besonnen
Nah geblieben sind ihm auch die im Raum Köln-Leverkusen lebenden Hochsprung-Stars. "Der Osi ist nie laut geworden. Er war ruhig und besonnen", beschreibt Heike Henkel den mit viel Überzeugungskraft ausgestatteten Erfolgscoach. Vorgängerin Ulrike Nasse-Meyfarth erinnert sich an ihren Wechsel zum Leverkusener Goldschmied, der sie mit seinen außergewöhnlichen pädagogischen Fähigkeiten wieder zu neuen Höhen führte: "Ich dachte mir, der kam mit so vielen Weibern zurecht - warum nicht mit mir?"
Während ihn alle Welt immer für "den Frauentyp" hielt, räumt Gerd Osenberg mit einer Fehleinschätzung auf. "Ich habe beim Wechsel nach Leverkusen nur deshalb die Frauen übernommen, weil Bertl Sumser damals Männertrainer war. Aber ich habe darum nicht das bessere Händchen für Frauen", sagt der frühere Stabhochspringer und räumt ein: "Mit ihnen konnte ich auch deshalb so erfolgreich sein, weil zu Zeiten von Heide Rosendahl der Frauensport noch nicht so ausgereizt war. Er hat dann mit den Erfolgen meiner Athletinnen sicherlich an Ansehen gewonnen."
Eigene Kreativität entwickelt
Die frühere Diskus-Weltrekordlerin Liesel Westermann war der erste sogenannte Star in der Frauentruppe von Gerd Osenberg. Als er sie übernahm, hatte er keine Ahnung von ihrer Disziplin. Doch den diplomierten Naturwissenschaftler (Mathematik, Physik) reizte es, selbst auszutüfteln, wie Kraft am besten in hohe Geschwindigkeit umgesetzt werden kann. Ähnlich entwickelte er sich dann erst durch Ulrike Meyfarth zum Hochsprung-Experten.
"Ich habe wenig Fachbücher von anderen gelesen, es ging mir letztlich um meine eigene Kreativität. Ich habe auch Doping abgelehnt, denn ich wäre mir vorgekommen, wie ein Maler, dem einer ins Bild kleckst. Ich wollte sicher sein, dass ich das mit eigener Arbeit geschafft habe", sagt der 1984 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnete Vater dreier Söhne und achtfache Großvater.
Quelle: Sport-Informations-Dienst (sid)