Gert-Jan Liefers, der fliegende Holländer
Der Bursche ist gut drauf. Die Formkurve verrät steigende Tendenz. Das EM-Ticket ist ihm sicher. Gert-Jan Liefers, der 1500-Meter-Mann aus dem Land der Tulpen, steht auf der sicheren Seite. Locker und flockig tönte er: "München kann kommen!" Seit dem Meeting in Sevilla, der Hauptstadt Andalusiens, wo Liefers die von Verbandsseite geforderte Norm (3:38,00 min) um 23 Hundertstel unterbot, hat er die "Quali" bereits zu einem frühen Zeitpunkt in der Tasche und damit Planungssicherheit.
Gert-Jan Liefers kann in München für eine Überraschung sorgen (Foto: Hörnemann)
Der fliegende Holländer, wie er gerufen wird, ist ein heißer Medaillenkandidat für die Europameisterschaften in der bayrischen Metropole. Als im vergangenen Herbst die Freiluftsaison beendet und gleich darauf Bilanz gezogen wurde, stand er über 1500 Meter, seiner Spezialstrecke, in der europäischen Top Ten. Seine Bestzeit erzielte Liefers in Brüssel, wo er sich auf 3:32,89 Minuten steigerte. "Das", hatte er damals bereits kund getan, "ist noch nicht mein letztes Wort." Weitere Verbesserungen sollen in diesem Sommer folgen.In den Niederlanden gilt er als vielversprechendes Talent. Logisch, denn Liefers deutete schon in der Vergangenheit an, was in ihm steckt: 1995 beispielsweise holte er Bronze bei der Junioren-EM, landete im Jahr darauf auf Rang vier bei der Junioren-WM, gewann 1997 gleich zwei Mal EM-Gold bei den Junioren, erst auf der Bahn, dann im Gelände, und stockte seine Medaillensammlung 1999 als Zweiter der U 23-EM weiter auf.
Gesund zu Husarenstreichen
Allerdings sparten ihn Rückschläge nicht aus. Immer neue Verletzungen pflasterten in schöner Regelmäßigkeit seinen Weg. Gott sei Dank ist er momentan beschwerdefrei. Und wenn Liefers gesund und fit ist, gelingen ihm so Husarenstreiche wie zuletzt bei den FBK-Games in Hengelo, wo er über 3000 Meter den Uralt-Rekord von Jos Hermens auslöschte. 1974 war es, also vor 28 Jahren, als Hermens, der heute sein Manager ist, in Oslo 7:44,4 Minuten erreichte. "Da war ich noch gar auf der Welt", erklärte Liefers nach seiner tollen Vorstellung, die er als Dritter in 7:42,95 Minuten hinter den beiden Kenianern Richard Limo und Philipp Mosima beendete, lachte sich eins und präsentierte geschwind des Rätsels Lösung: "Ich wurde erst 1978 geboren." Für den neuen Rekord bekam Liefers, dessen Vater übrigens ein guter Marathonläufer (Bestzeit: 2:26 h) ist, eine Extraprämie von immerhin 3000 Euro.
Gert-Jan Liefers, der in Arnheim wohnt und in Amsterdam Betriebswirtschaft studiert, ist jetzt über 1500 Meter (3:32,89 min), 2000 Meter (4:56,56 min) und 3000 Meter der schnellste Holländer. Honore Hoedt, der Bondscoach, der auch den 800-Meter-Läufer Bram Som (Bestzeit 2001: 1:43,98 min) betreut, hält sich mit einer genauen Prognose zurück, doch meinte er ganz vieldeutig: "Gert-Jan kann in München für eine Überraschung sorgen."
Wo das sein Wird, ist sonnenklar: über 1500 Meter. "Das ist meine Distanz", betonte Liefers, "da seh ich meine größten Chancen." Willem Slijkhuis, Spitzname: Wim, 1948 zwei Mal Olympia-Dritter über 1500 Meter und 5000 Meter, schnappte sich 1950 ebenfalls Gold über 1500 Meter in 3:47,2 Minuten. Mit 23 Jahren könnte Gert-Jan Liefers sein Nachfolger werden. Das Zeug dazu hat er allemal.